Missbrauch wurde „nicht vertuscht“

Der Missbrauchsfall im Stift Klosterneuburg ist „unentschuldbar und inakzeptabel“, sagt Propst Bernhard Backovsky gegenüber noe.ORF.at. Den Vorwurf, dass man den Fall aus dem Jahr 1993 vertuscht habe, weist er entschieden zurück.

Man habe den verdächtigen Mann innerhalb von sechs Tagen suspendiert. Dass man keine Anzeige erstattet habe, sei der Wunsch der Mutter des missbrauchten Ministranten gewesen, „zu dem sie bis heute steht“, betonte Backovsky im Gespräch mit noe.ORF.at. Zu dem Missbrauch soll es 1993 gekommen sein. Öffentlich wurde dieser aber erst am vergangenen Wochenende nach einem Bericht des Magazins „Profil“ - mehr dazu in Missbrauch von 1993 wurde jetzt öffentlich (noe.ORF.at; 16.9.2017).

Entbindung von Gelübden erst 1994 gültig

Das Stift sei mit seinem Chorherrn bis 1994 in Kontakt gestanden, erst danach hatte seine Entbindung von den ewigen Gelübden Gültigkeit. „Bis dieser Entscheid vorgelegen ist, war das Stift nach Kirchenrecht und auch nach Ordensrecht verpflichtet, für den Lebensunterhalt des Mannes zu sorgen“, so Backovsky. Gäbe es heute einen derartigen Vorfall, würde er dem Wunsch, von einer Anzeige abzusehen, nicht mehr entsprechen, sagte der Propst: „Da gibt es keinen Pardon. Ich würde das zur Anzeige bringen - auch um dem Vorwurf, dass hier etwas vertuscht wird, entgegenzuwirken.“

Bernhard Backovsky Propst Stift Klosterneuburg

APA/Stift Klosterneuburg

Propst Bernhard Backovsky

Dass man den Verdächtigen, der letztlich in Rumänien zum Priester geweiht wurde und sich etwa 2002 in Deutschland an einem Buben vergangen haben soll, bei seiner weiteren Karriere unterstützt habe, weist Backovsky zurück. Einem kircheninternen Meldesystem stehe der Datenschutz entgegen, so der Probst: „Wie im zivilen Bereich darf im Fall der Auflösung eines Dienstverhältnisses nichts Negatives ins Dienstzeugnis geschrieben werden. So sind wir auch in diesem Fall vorgegangen.“ Vertuscht wurde aber nichts, so Backovsky.

Stift prüft rechtliche Schritte

Laut Backovsky habe sich keine der anderen Pfarren, in denen der Verdächtige später tätig war, erkundigt. In Klosterneuburg sei das bei Bewerbungen wiederum üblich. Im Stift prüft man nun, gegen die Vorwürfe der Vertuschung und weiteren Fürsprache für den Mann rechtlich vorzugehen.

Auf Anfrage des ORF Niederösterreich erklärte der Sprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, dass möglichen Opfern geraten werde, „Anzeige zu erstatten bzw. raten wir Tätern, Selbstanzeige zu erstatten.“ Eine Pflicht zur Anzeige gebe es nicht: „Wenn ein Opfer das nicht will, müssen wir diesem Wunsch nachkommen.“ Bestehe wiederum Gefahr in Verzug, „übermitteln wir eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft.“ Außerdem gebe es bei minderjährigen Opfern eine Meldepflicht nach Rom, erklärte Prüller.

Ombudsstellen und Präventionsbeauftragte

Seitens der Diözese St. Pölten hieß es, dass es genaue Richtlinien der Bischofskonferenz gebe. „Darin wird geregelt, wie im Fall des Falles bzw. präventiv vorzugehen ist“, sagte Sprecher Markus Riccabona. Wie in der Erzdiözese Wien gebe es außerdem eine Ombudsstelle und Mitarbeiter, die im Bereich der Prävention tätig sind.

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