Pflegeskandal: Pfleger haben weitergearbeitet

Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Pfleger in einem Heim in Kirchstetten (Bezirk St. Pölten) haben zumindest zwei von ihnen weiter in der Pflege gearbeitet. Das wirft die Frage nach einer möglichen Gesetzeslücke auf.

Die Wochenzeitung „Falter“ veröffentlichte am Dienstag Ermittlungsdokumente mit Zeugenaussagen von Mitarbeitern im Pflegeheim, die das Ausmaß des Falles, in dem wehrlose, teils demente Patientinnen und Patienten angeblich gequält wurden, verdeutlichen. Sie berichteten von Faustschlägen in den Brust-, Nieren und Genitalbereich. Beschuldigte Pflegerinnen und Pfleger sollen Genitalien mit schmerzendem Franzbranntwein eingerieben haben.

Einer Patientin soll laut Zeugenaussagen Haarspray in den Mund gesprüht worden sein. Als ein Pflegling erbrochen hatte, soll ihm Rasierwasser oder sein Deo als Nachspeise in den Mund geleert worden sein, so eine weitere Zeugenaussage.

In einer WhatsApp-Gruppe wurde zudem gescherzt „Wir pflegen alle zu Tode!“, „Blauensteiner, walte Deines Amtes“ und „Ich bin der Master of Death“. Im Zuge der Ermittlungen wurden auch Todesfälle in dem Heim in Kirchstetten analysiert, laut Staatsanwaltschaft gebe es jedoch keinen konkreten Hinweis auf Tötungsdelikte.

Ermittlungen nach Pflegeskandal

Der Hauptverdächtige im Pflegeheimskandal hat nach seiner Entlassung gleich wieder als Pfleger gearbeitet, berichtete die ZIB2.

Beratung über Gesetzesänderung

Nach Bekanntwerden der kaum fassbaren Vorwürfe vor einem Jahr wurden die Beschuldigten sofort entlassen. Doch laut „Falter“ stellte danach eine Wiener Pflegeeinrichtung den Hauptbeschuldigten wieder ein - ohne die Vorwürfe zu kennen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nämlich geheim und informiert Organisationen kaum, erklärte Leopold Bien, Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten, im Ö1-Interview: „Es gibt Verständigungspflichten gegen Beamte, gegen Jugendliche gegenüber dem Jugendwohlfahrtsträger, das ist hier aber nicht der Fall.“

Sozialorganisationen verlangen von Bewerbern zwar Strafregisterauszüge, sagte Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, aber „wenn ein Verfahren erst im Laufen ist, gibt es keinen Vermerk im Strafregisterauszug.“ Zudem sei eine direkte Kommunikation zwischen den Einrichtungen datenschutzrechtlich problematisch, so Hacker. Deshalb wird nächste Woche mit Pflegeorganisationen darüber beraten, ob man sich hier Gesetzesänderungen wünscht.

Für die Beschuldigten gilt indes die Unschuldsvermutung. Sie streiten alle Vorwürfe ab - mehr dazu in Pflegeskandal: Beschuldigte nicht geständig (noe.ORF.at; 26.9.2017).

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