NEOS-Spitzenkandidat Scherak im Gespräch

ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler interviewt aus Anlass der Nationalratswahl die die Niederösterreich-Spitzenkandidaten der fünf im Parlament vertretenen Parteien, die auch zur Wahl antreten. Den Anfang macht Nikolaus Scherak (NEOS).

Der 30-jährige Nikolaus Scherak aus Baden studierte Rechtswissenschaften. Seit dem Jahr 2009 ist er politisch für NEOS aktiv: zuerst bei den Jungen Liberalen NEOS, deren Bundesvorsitzender er vier Jahre lang war, seit 2013 als Abgeordneter im Nationalrat. Seine Spezialgebiete sind Bürger- und Menschenrechte. Schon bei der letzten Wahl war Scherak NEOS-Spitzenkandidat für Niederösterreich, er tritt heuer also zum zweiten Mal in dieser Position an.

Nationalratswahl 2017 Landesspitzenkandidat Nikolaus Scherak NEOS Gespräch Ziegler

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Robert Ziegler (l.) im Gespräch mit NEOS-Spitzenkandidat Nikolaus Scherak (r.)

noe.ORF.at: Herr Scherak, angesichts dessen, was sich im Wahlkampf gerade tut, vor allem, was die SPÖ betrifft, die Affäre rund um Tal Silberstein und die Facebook-Seiten gegen Sebastian Kurz - fürchten Sie nicht, dass da Kleinparteien wie die NEOS völlig untergehen im Wahlkampffinale?

Nikolaus Scherak: Ich glaube, dass diese Affäre uns in Wirklichkeit hilft, da die Leute diesen alten Stil sehen und wir hören, dass die Leute auch genug haben von diesem alten Stil. Und ich glaube, dass wir als NEOS uns da positiv hervortun können, weil wir immer gesagt haben, dass wir dieses Geschäft so nicht machen wollen. Dass „Dirty Campaigning“ für uns nicht in Frage kommt, dass das Geschäft mit der Angst für uns nicht in Frage kommt. Deshalb glaube ich, dass das positiv für uns ist und die Leute auch sehen, dass es uns um Lösungen geht und nicht darum, den politischen Mitbewerber anzuschütten.

noe.ORF.at: Aber Tal Silberstein hat im Gemeinderatswahlkampf 2015 in Wien auch für die NEOS gearbeitet - halten Sie das im Nachhinein für einen Fehler?

Scherak: Ich war in diese Entscheidung damals nicht involviert, das hat die Wiener Landesgruppe so entschieden, meines Wissens nach hat er da eine beratende Funktion gehabt und keine sehr operative.

noe.ORF.at: 2013 bei ihrem ersten Antreten sind die NEOS wirklich neu gewesen und waren eine bürgerliche Alternative zur ÖVP. Viele NEOS kommen ja aus der ÖVP, Sie nicht, Sie kommen ja von den „Jungen Liberalen“. Jetzt schaut das ganz anders aus, die ÖVP stellt sich ganz anders dar, als die „neue ÖVP“ und auch themenmäßig ist man sich sehr ähnlich, wenn es etwa um Steuersenkung oder Wirtschaft geht. Was bleiben denn da noch für Unterschiede zwischen NEOS und ÖVP?

Scherak: Ich glaube, da bleibt ein ganz wesentlicher Unterschied, und zwar, dass die ÖVP ja nicht wirklich neu ist. Diesen „Schmäh“, dass jetzt die neue ÖVP kommt, das haben wir ja schon mehrmals gesehen, das ist ja nicht zum ersten Mal. Und was aber auch wirklich war bei der ÖVP und worauf man sich wirklich verlassen konnte, war, dass sie ihre Wahlversprechen nicht eingehalten haben. Und es ist immer noch so, dass sowohl die SPÖ als auch die ÖVP in Wirklichkeit Klientelpolitik machen, versuchen, ihre eigenen Pfründe aufrecht zu erhalten, ihre eigenen Machtstrukturen, und damit ist das natürlich ein Etikettenschwindel, der da gemacht wird.

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noe.ORF.at: Es gibt ja auch ein Thema, in dem Sie sich schon jetzt im Wahlkampf von der ÖVP stark unterscheiden, das ist das Thema Pensionen. Und da sind Sie persönlich sehr deutlich. Sie haben die Pensionserhöhung, die jetzt beschlossen worden ist, scharf kritisiert. Was heißt das eigentlich? Dass, sollten die NEOS in die Regierung kommen, die Pensionen gekürzt werden - um wie viel?

Scherak: Nein, es geht uns gar nicht darum, dass bestehende Pensionen gekürzt werden. Was die Leute jetzt an Pension haben, das haben sie sich wohlverdient, sie haben auch jahrzehntelang eingezahlt. Es gibt eine ganz klare Ablehnung von uns, wenn es um Pensionskürzungen geht. Was uns wichtig ist, ist, dass das System neu aufzustellen ist. Und das ist das, was wir der Regierung vorwerfen. Wir wissen seit Jahrzehnten, dass sich das System so nicht ausgehen wird. Wir werden immer älter und das heißt auch, dass wir länger arbeiten werden müssen. Und da müssen wir ansetzen. Wir müssen schauen, dass das faktische Pensionsalter beim gesetzlichen ist. Und was uns auch wichtig ist, ist, dass wir bei den Luxuspensionen ansetzen müssen. Es gibt immer noch Luxuspensionen.

noe.ORF.at: Bei den bestehenden?

Scherak: Bei den bestehenden, ja.

noe.ORF.at: Also doch Eingriffe in bestehende Pensionen?

Scherak: Aber nur bei den großen Pensionen. Die kleinen, normalen Pensionen würden wir nicht angreifen. Ich halte es für ungerecht, wenn Leute mit 30.000 Euro Pension im Monat nach Hause gehen.

noe.ORF.at: Was ist eine normale Pension für Sie?

Scherak: Die ASVG-Höchstpension. Das ist das Maximum, was man im Moment bekommen kann im normalen System. Es gibt viele Menschen, die viel, viel weniger bekommen. Und dort gibt es keinen Grund, anzusetzen. Ich halte die Luxuspensionen für ungerecht, und wenn man die abschaffen würde, könnte man 15 bis 20 Milliarden Euro einsparen. Das ist ein Einmaleffekt, muss man dazu sagen. Aber es ist einfach ungerecht, vor allem den nächsten Generationen gegenüber.

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Nikolaus Scherak: „Ich halte es für ungerecht, wenn Leute mit 30.000 Euro Pension im Monat nach Hause gehen“

noe.ORF.at: Die NEOS sind ja oft sehr kritisch gegenüber den Ländern und dem Föderalismus. Jetzt weiß man aber, dass das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler in die Gemeindepolitik und in die Landespolitik viel höher ist als in die Bundespolitik. Das sieht doch danach aus, dass das sehr gut funktioniert. Warum dann diese Kritik am Föderalismus?

Scherak: Wir haben keine grundsätzliche Kritik am Föderalismus. Ich glaube, dass der Föderalismus grundsätzlich etwas sehr Positives bewirken kann, weil die Politik dort viel näher bei den Leuten ist. Insbesondere in der Gemeinde, aber auch am Land. Was wir kritisieren, ist der Spendierföderalismus. Insbesondere in Niederösterreich haben wir die Situation, dass wir zwei Milliarden Euro an Förderungen ausgeben, aber wir wissen nicht, wo diese hinlaufen. Weil die Transparenzdatenbank, zu der eigentlich alle Landeshauptleute verpflichtet wären, ihre Daten dort einzutragen, immer noch nicht befüllt ist. Und das empfinden wir als falsch, wir brauchen mehr Transparenz.

noe.ORF.at: Es wurde aber schon angekündigt, dass das jetzt umgesetzt wird.

Scherak: Angekündigt ist schon viel worden, vor allem im Wahlkampf. Es passiert nur zu wenig und es passiert viel zu langsam.

noe.ORF.at: Sie haben bundesweit bei den Wahlen im Jahr 2013 fünf Prozent erreicht, in Niederösterreich waren es nur4,5 Prozent, und wenn es nach Gemeinderatswahlen geht, zum Beispiel in der Landeshauptstadt St. Pölten im Vorjahr, da waren es nur etwas mehr als ein Prozent. Warum tun Sie sich auf dem Land so schwer?

Scherak: Ich würde gar nicht sagen, dass wir uns so schwer tun. Ich glaube, es ist ganz normal für eine junge Bewegung, dass es ein bisschen dauert, ehe man zulegt. Wenn man sich die Geschichte der Grünen zum Beispiel anschaut, die haben auch viel, viel länger gebraucht. Wir wollen jedenfalls dazugewinnen. Wir wollen über die viereinhalb Prozent hinaus kommen. Das ist auch bundesweit so, dass wir sagen, wir wollen mehr haben als beim letzten Mal. Und natürlich, wenn wir in Niederösterreich das zweite Mandat schaffen, das ja in Reichweite ist, dann würde mich das sehr freuen. Aber ich glaube, das erste Ziel muss sein, dass wir mehr haben als beim letzten Mal.

Das Gespräch mit Nikolaus Scherak führte Robert Ziegler, noe.ORF.at

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