Wiederaufnahme im Fall Hirtzberger?

Zehn Jahre nach dem Mordversuch am Spitzer Bürgermeister Hannes Hirtzberger will Strafverteidiger Wolfgang Blaschitz den Fall neu aufrollen. Ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stehe „unmittelbar bevor“.

Helmut O., der wegen des versuchten Mordes an Hannes Hirtzberger zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden war, zog Anfang 2017 einen bereits fertigen Wiederaufnahmeantrag zurück und trennte sich von seinem damaligen Anwalt. Nun vertritt der Wiener Strafverteidiger Blaschitz den früheren Winzer und Heurigenwirt aus der Wachau. „Ich habe den Auftrag, die Wiederaufnahme abzuschließen, diese also auszufeilen und letztlich einzubringen“, sagte Blaschitz im Gespräch mit noe.ORF.at.

„Berechtigte und gute Chancen“

Der nächste Schritt werde sein, dem Gericht den Antrag auf Wiederaufnahme und auch entsprechende Gutachten vorzulegen: „Das sollte maximal eine Frage von Wochen, wenn nicht Tagen sein. Das steht unmittelbar vor der Türe.“ O. sei „wild entschlossen“ und sehe „berechtigte und gute Chancen“, sagte Blaschitz, der auch im Fall Kührer um eine Wiederaufnahme des Verfahrens kämpft.

Der Verteidiger von O. verweist auf neue Beweise und physikalische Gesetze. Konkret gehe es um die Menge Strychnin, die Hirtzberger zu sich genommen hatte, und um das Fassungsvermögen der Praline, mit der der Politiker vergiftet wurde. „Es widerspricht den Naturgesetzen, diese Menge Strychnin in einer solchen Praline unterzubringen. Das ist technisch nicht möglich. Das ist, als wollte ich einen Doppler in ein Seidel-Glas füllen.“ Laut Blaschitz hätte Hirtzberger 17 bis 20 Pralinen zu sich nehmen müssen.

Gutachten aus Deutschland und Österreich

„O. sagt deshalb, dass die Tat, wie sie ihm vorgeworfen wird, nicht stattgefunden haben kann.“ Zwei Gutachten würden diese These stützen, sagte Blaschitz: „Beide Gutachter sagen übereinstimmend, dass das den Naturgesetzen widerspricht.“ Die Gutachten wurden von Angehörigen einer rechtsmedizinischen Fakultät in Deutschland sowie von einem Professor aus Österreich erstellt.

Blaschitz hält andere Tatabläufe und andere „Tatwaffen“ als eine Praline für denkbar: „Es gibt neue Beweismittel und auch alternative Szenarien aus dem Umfeld des Bürgermeisters. Sie indizieren andere Tatabläufe nicht unbedingt, aber es ist auch nicht ausgeschlossen.“ O. wurde am 28. Februar 2008 verhaftet, eine DNA-Spur auf einer Grußkarte, die der Praline beigelegt war, stimmte mit der DNA des Verdächtigen überein.

Seit zehn Jahren im Gefängnis

Nun soll der Fall neu aufgerollt werden: „Mein Mandant hat lange gebraucht, um das notwendige Geld aufzutreiben, damit die Gutachten eingeholt werden können.“ O. sei ein Tüftler: „Wenn er sich in etwas verbeißt, dann will er das so haben, wie es seinen Vorstellungen entspricht und das bedarf entsprechender Arbeit“, erklärte Blaschitz, warum der Wiederaufnahmeantrag erst zehn Jahre nach der Verurteilung eingebracht werden soll.

Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at