Wahlanfechtung: Grüne vertagen Entscheidung

Für die niederösterreichischen Grünen steht eine Anfechtung der Landtagswahl weiter im Raum. Man beruft sich auf zwei Gutachten, die von einer Verfassungswidrigkeit ausgehen. Doch die endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Grünen-Landessprecherin Helga Krismer sagte am Dienstag bei einem Pressegespräch in St. Pölten, sie stütze sich auf zwei juristische Gutachten, die davon ausgehen, dass die Landtagswahl am 28. Jänner verfassungswidrig abgelaufen sei. Die gesetzlichen Grundlagen bei der Erstellung der Wählerevidenzen und bei der Erfassung der Zweitwohnsitzer seien demnach mangelhaft gewesen.

Anwalt ortet Konflikt mit Bundesverfassung

Laut der Landessprecherin hatten die Grünen das neue Wahlrechtsgesetz bereits im vergangenen Sommer kritisiert. Damals waren Niederösterreichs Bürgermeister dazu aufgefordert, bei den Zweitwohnsitzern die Gründe für eine Ausübung ihres Wahlrecht zu erfragen.

Der von den Grünen beauftragte Rechtsanwalt Heinrich Vana, der beim Pressegespräch anwesend war, ortete eine Verletzung des Verfassungsrechts. Konkret stört er sich daran, dass die Gemeinden ohne klare Regeln über die Aufnahme ins Wählerverzeichnis entschieden hätten. „Wenn hier das Recht auf Anerkennung der Wähler unklare Grundlagen hat, dann entspricht eine Wahl, die auf dieser Grundlage durchgeführt wird, nicht der Bundesverfassung“, so Vana.

In Retz seien 350 von 850, in St. Pölten sei hingegen „kein einziger“ Zweitwohnsitzer gestrichen worden. In Semmering seien 600 angeschrieben worden und jene, die nicht geantwortet hätten, herausgefallen. In Würflach wiederum sei „kein einziger“ der 230 Nebenwohnsitzer gestrichen worden, nannte Vana am Dienstag Beispiele aus Gemeinden, die eine „völlig verschiedene Praxis“ zeigen würden.

Entscheidung am Mittwoch

Die abschließende Entscheidung, ob die Wahl angefochten wird oder nicht, will Landessprecherin Krismer aber nicht allein treffen. „Ich trage Verantwortung für die Funktionärinnen und Aktivistinnen. Außerdem trage ich Verantwortung für meine Familie“, da die Bürgschaft, die Krismer für einen Wahlkampfkredit aufgenommen hatte, noch nicht aufgelöst sei.

Stattdessen werde am Mittwoch der erweiterte Landesausschuss einberufen. Eine allfällige Anfechtung würde „fristgerecht“ am Donnerstag erfolgen. Die Grünen wollen am Donnerstagvormittag neuerlich informieren. Die Chancen für eine Anfechtung stünden 50:50, sagte Krismer beim Pressegespräch am Dienstag.

Jurist: „Gesetz in Ordnung“

Der Jurist Bernhard Raschauer wollte im Gespräch mit noe.ORF.at dagegen nicht von unklaren Regeln sprechen. Seiner Einschätzung zufolge hätte eine Wahlanfechtung auf den ersten Blick keine Chance. Doch man müsse unterscheiden: „Das Gesetz halte ich für in Ordnung. Bei den einzelnen Ermittlungsmängeln oder Verständigungsmängeln kommt es laut Verfassung darauf an, ob es Auswirkungen auf das Ergebnis hatte.“ Vom Schreibtisch aus könne man über letzteres zwar keine seriöse Prognose abgeben, „aber im Prinzip kann ich mir das nicht vorstellen“, so Raschauer.

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