Grüne fechten Landtagswahl nicht an

Die niederösterreichischen Grünen werden die Landtagswahl vom 28. Jänner nicht beim Verfassungsgerichtshof anfechten. Das hat Landessprecherin Helga Krismer vor Kurzem bei einer Pressekonferenz bekanntgegeben.

Die Grünen ließen sich mit ihrer Entscheidung bis zum letzten Tag Zeit. Am heutigen Donnerstag endet nämlich die Frist, innerhalb der eine Wahlanfechtung beim Verfassungsgerichtshof eingebracht werden kann. Am Mittwoch entschied sich der erweiterte Landesausschuss allerdings gegen eine Wahlanfechtung, teilte Krismer bei einer Pressekonferenz am Donnerstag mit. Begründet wurde das mit den finanziellen Mitteln und damit, dass die größeren Parteien, insbesondere die ÖVP, bei einer Wahlwiederholung einen „enormen Wettbewerbsvorteil“ hätten.

Außerdem hätten die Grünen Niederösterreich auch Verantwortung gegenüber der Bundespartei und müssten dabei helfen, den Schuldenberg abzubauen, und gegenüber allen Wählerinnen und Wählern gegenüber, die sich „über das eine oder andere Wahlergebnis“ freuten, sagte Krismer. Dennoch verwies sie erneut auf die Gutachten zweier Juristen, die bereits am Dienstag präsentiert wurden: "Das Wahlergebnis ist erschummelt. Diese Regierung ist nicht legitimiert, und der Verfassungsgerichtshof würde zu 99 Prozent diese Wahl aufheben, und es käme zu einer Neuwahl“, fasste Krismer diese Gutachten zusammen.

Helga Krismer und Hikmet Arslan

APA / Herbert Neubauer

Landesgeschäftsführer Hikmet Arslan und Landessprecherin Helga Krismer

Dazu wird es nun allerdings nicht kommen. Die Entscheidung sei mehrheitlich - mit zwei Dritteln - und „im Zwiespalt“ im Landesausschuss gefallen, teilten Krismer und Landesgeschäftsführer Hikmet Arslan bei der Pressekonferenz in Wien mit.

Wahlgesetz schon seit Längerem in Kritik

Bereits Anfang Februar gaben die Grünen bekannt, eine Wahlanfechtung zu prüfen. Als Grund nannten sie das umstrittene Zweitwohnsitzerwahlrecht. Laut Landessprecherin und Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl, Helga Krismer, hatten „unzählige Menschen“ versucht, am Wahlsonntag zu wählen, und wurden nicht zugelassen. Zahlreichen Menschen soll der Wahlgang verwehrt worden sein, weil sie als Zweitwohnsitzer aus dem Wählerregister gestrichen worden waren - mehr dazu in Landtagswahl: Grüne prüfen Anfechtung (noe.ORF.at; 2.2.2018).

Hintergrund ist, dass das Wählerevidenzgesetz im Vorjahr per Beschluss im Landtag geändert worden war. Gemeinden waren im Sommer dazu aufgerufen, Eintragungen in die Wählerverzeichnisse anhand eines Wählerevidenzblattes zu überprüfen und wenn nötig zu berichtigen. Als Kriterien galten wirtschaftliche, berufliche und gesellschaftliche Nähe zur Gemeinde - mehr dazu in Zweitwohnsitzer müssen Wahlrecht begründen (noe.ORF.at; 23.6.2017). Schon damals hatten die Grünen die Regelung massiv kritisiert.

Landesausschuss entschied über Wahlanfechtung

Ursprünglich hatten die Grünen bereits für Dienstag eine Entscheidung angekündigt. An diesem Tag präsentierten sie allerdings nur zwei Gutachten, die von einer Verfassungswidrigkeit ausgingen. Die gesetzlichen Grundlagen bei der Erstellung der Wählerevidenzen und bei der Erfassung der Zweitwohnsitzer seien mangelhaft gewesen.

Die abschließende Entscheidung, ob die Wahl angefochten werde, wollte Landessprecherin Krismer allerdings nicht alleine treffen, weswegen sie für Mittwoch einen erweiterten Landesausschuss einberief - mehr dazu in Wahlanfechtung: Grüne vertagen Entscheidung (noe.ORF.at; 27.2.2018). Wie heute bekanntwurde, entschied sich dieser erweiterte Landesausschuss nun allerdings gegen eine Wahlanfechtung.

Helga Krismer

APA / Herbert Neubauer

Grüne wollen eine Gesetzesänderung

Krismer kritisierte am Donnerstag aber auch, dass eine Wahlanfechtung den anderen Parteien in Niederösterreich offenbar kein Anliegen sei. „Es sind offenbar alle zufrieden in Niederösterreich, dass es so gekommen ist", so Krismer. Kontrolle auszuüben gelte allerdings nicht nur vor der Wahl, sondern auch wieder am Wahltag, betonte die Landessprecherin. Das Zweitwohnsitzerwahlrecht, dass die ÖVP alleine durchgeboxt hätte, sei ein Angriff auf die Demokratie, der nicht von außen käme, sondern von der Regierung selbst, heißt es.

„Wir haben es offensichtlich in unserer Partei-DNA, dass wir immer an die Grenzen gehen müssen“, sagte Krismer: „Das hat die Grünen hochgradig unsympathisch gemacht. Wir sind immer die, die sagen, bleiben wir am Boden der Verfassung.“ Die Grünen werden sich deshalb auch in Zukunft für eine Gesetzesänderung einsetzen, wurde angekündigt. Man sei im Landesausschuss übereingekommen, dass die Gutachten bei der konstituierenden Landtagssitzung am 22. März eingebracht werden. Die ÖVP werde diese Expertise „ernst nehmen müssen“. Das Gesetz werde „geändert werden“ müssen, so Krismer.

ÖVP: „Arbeit steht im Mittelpunkt“

ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner reagierte auf die Entscheidung der Grünen nur knapp. „Wir haben von Anfang an gesagt: Die Entscheidung, ob die Grünen die Wahl anfechten oder nicht, obliegt ausschließlich den Grünen“, teilte er mit. „Für uns steht seit dem 29. Jänner die Arbeit für Niederösterreich im Mittelpunkt“, so Ebner.

SPÖ sieht die Entscheidung entspannt

Man stehe dieser Entscheidung als Außenstehende entspannt gegenüber, sagte SPÖ-Landeschef Franz Schnabl: „Ich teile persönlich eher das, was heute in den Medien stand von Herrn Raschauer (Jurist Bernhard Raschauer, Anm.), dass sich das Wahlergebnis durch den ein oder anderen Vorfall, den es gegeben haben mag, nicht großartig geändert hätte.“ Dem Zweitwohnsitzerwahlrecht habe die SPÖ aber nicht zugestimmt, betont Schnabl. Sein zentraler Kritikpunkt sei damals eine nicht vorhandene zentrale Wählerevidenz gewesen, erinnerte er.

NEOS fordert, Wahlrecht zu „reparieren“

Nach der bekanntgewordenen Entscheidung der Grünen, die Landtagswahl nicht anzufechten, forderte NEOS Niederösterreich per Aussendung „eine rasche Reparatur und Demokratisierung des Wahlrechts im Bundesland“. „Schon vor der Wahl haben wir auf die gravierenden Defizite der aktuellen Regelung vor allem hinsichtlich der Zweitwohnsitzer hingewiesen. Diese zu beheben, muss eines der ersten gemeinsamen Projekte des neuen Landtags werden“, verlangt die NEOS-NÖ-Landessprecherin und designierte Fraktionssprecherin Indra Collini.

Auch FPÖ für eine Überarbeitung

Auch der designierte FPÖ-Klubobmann Martin Huber sprach sich für eine Überarbeitung der Wahlordnung aus: „Ich glaube, dass diese Wahlordnung, die wir in Niederösterreich haben, dringend überarbeitet gehört, und ich glaube, das ist eine Aufgabe der nächsten Jahre, dass man im Landtag auf eine demokratische Wahlordnung für unser Land kommt, damit die Wahlen so ablaufen, wie es sein soll“, so Huber.

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