Traumatisierte Mütter im Landestheater

„Mother Song“ - das klingt nach idyllischer Intimität, nach beschützter Kindheit. Nichts davon findet sich in Mokhallad Rasems Stück, das am Samstagabend im Landestheater Niederösterreich in St. Pölten uraufgeführt wurde.

Vielmehr geht es in dieser Koproduktion mit dem Toneelhuis Antwerpen und den Vereinigten Bühnen Bozen um traumatisierte Mütter, deren Angehörige im Krieg ermordet wurden. Der aus Bagdad stammende und heute als Schauspieler und Regisseur in Antwerpen lebende Rasem - u.a. Gewinner des Young Directors Award der Salzburger Festspiele 2013 - führte dafür in Kriegsgebieten wie Irak, Syrien und Libanon Gespräche mit betroffenen Frauen.

Szenenbilder "Mother Song"

Alexi Pelekanos

Diese Berichte nahm Rasem auf und wob sie in das Stück ein, das er gemeinsam mit fünf Schauspielerinnen in St. Pölten entwickelte und das bis 19. April im Landestheater zu sehen ist. In zeitlupenartigen Bewegungen und zu einem bedrohlichen Klangcluster als akustischem Kontinuum entstanden intensive Rituale des Schmerzes und der Trauer, aber auch der Trauma-Bewältigung.

Aufschrei gegen den Krieg

„Einen Aufschrei gegen den Krieg, gegen Gewalt und die Unterdrückung von Frauen“, wollte Rasem auf die Bühne bringen und dazu den Bogen von heutigen Krisenregionen bis zurück in die Antike spannen - was dem Krieg etwas Archaisches, Unabänderliches zuspricht, zugleich aber auch etwas seit jeher Inakzeptables, Skandalöses. Das Leid der Zivilbevölkerung ist durch nichts zu rechtfertigen: Dies wäre Prämisse und Quintessenz zugleich.

Szenenbilder "Mother Song"

Alexi Pelekanos

Arabischer Mawwal-Gesang, Wehklagen und Selbstzüchtigung, Waschung und Entblößung, schließlich Wechsel vom schwarzen ins weiße Gewand: Gegen Ende glimmt doch noch so etwas wie Hoffnung auf bessere Zeiten auf, selbst wenn die Verluste - symbolisiert durch leere Bilderrahmen - nicht vergessen werden können. Obwohl dem Abend stellenweise noch der Workshop-Charakter seiner Entstehung anzumerken ist, geht die Thematik doch nahe, auch die Schauspielerinnen wirken beim nachdrücklichen Schlussapplaus etwas mitgenommen. Durchaus fordernde 75 Minuten für alle Beteiligten.

Link: