NS-Zwangsarbeiterlager dokumentiert

Die archäologischen Untersuchungen nahe der Viehofner Seen in St. Pölten, auf dem sich ein NS-Zwangsarbeiterlager befand, sind beendet. Dokumentiert wurden u.a. Reste von sechs Baracken und zwei Splitterschutzgräben.

Auf dem Gelände sollen nun 720 Wohnungen entstehen. Vor Umsetzung des Bauprojekts galt es, die NS-Vergangenheit aufzuarbeiten. Freigelegt wurden auch Teile der ehemaligen Infrastruktur wie Kanalleitungen, Abwasseraufbereitung und die Lagerumzäunung.

Die Betonpfeiler der ehemaligen Stacheldrahtumzäunung und die Fundamentplatte einer Baracke seien im dichten Bewuchs des Auwaldes immer sichtbar gewesen. Nach Rodungen folgte eine Prospektion mit Metalldetektor über die gesamte Fläche, bei der die Funde verortet wurden. Mithilfe eines Baggers wurden einzelne Bauteile und Bereiche des Lagerareals freigelegt. Alle Befunde wurden geputzt und fachgerecht dokumentiert, teilte das Rathaus am Freitag in einer Aussendung mit.

Ausgrabungen Vogelperspektive

Stadtmuseum St. Pölten

Aus der Vogelperspektive sind die Grundrisse der Baracken des Zwangsarbeiterlagers noch gut zu erkennen

Später Arbeitersiedlung und „wilde Deponie“

„Die oberflächennahen Funde, welche mit der Nutzung des Areals in der Zeit des Zweiten Weltkriegs und danach in Zusammenhang stehen, wurden gesammelt“, berichtete Archäologe Volker Lindinger von der Firma ARDIG. Einige stammen aus der Zeit des Zwangsarbeiterlagers - etwa Dacheindeckung sowie Tor- und Fensterbeschläge der Baracken, Koch-, Transport- und Essgeschirr sowie wenige Münzen. Die Mehrzahl sei den weiteren Nutzungsphasen als Arbeitersiedlung und später als „wilde Deponie“ zuzuordnen.

Die Untersuchungen wurden an 70 Tagen von Juni bis Dezember 2017 von der Firma ARDIG unter der Leitung des Stadtarchäologen Ronald Risy durchgeführt. Ziel der Arbeiten sei es gewesen, alle noch vorhandenen Überreste des ehemaligen Lagers nach heutigem gültigen Standard zu dokumentieren und damit eine weitere Basis für eine wissenschaftliche Aufarbeitung zu schaffen. Das Thema soll mit einem Kunstprojekt am Gelände gewürdigt werden, hieß es.

Grafik Wohnbauprojekt

Rendering: Beyer

Nach dem Abschluss der Grabungen soll auf dem Areal eines der größten Wohnbauprojekte der Landeshauptstadt entstehen

Baustart Ende 2019 geplant

Die WWE Wohn- und Wirtschaftspark Entwicklungsgesellschaft m.b.H. ist Eigentümerin von drei insgesamt rund acht Hektar großen Grundstücken im Norden von St. Pölten in der Nähe des Einkaufszentrums Traisenpark, der Viehofner Seen und des Stadtzentrums. Heuer soll die Umwidmung des Grundstückes vorbereitet werden, Ende 2019 wird der Baustart für 720 Wohnungen erwartet. „Das Projekt wird die Struktur dieses Stadtteiles ganz wesentlich positiv verändern und prägen“, sagte Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ). Auf den WWE-Gründen entstehe „hochwertiger Wohnraum mit bester Lebensqualität“.

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