Freisprüche: Pilnacek hofft auf neuen Prozess

Die Aufregung um die Freisprüche von zwei Asylwerbern hält an. Sie sollen ein 15-jähriges Mädchen vergewaltigt haben, sind im Zweifel aber freigesprochen worden. Der Generalsekretär im Justizministerium hofft auf einen neuen Prozess.

„Schon aufgrund der Tatsache, dass es eine entsprechende Anklage der Staatsanwaltschaft gibt, sehe ich Indizien, die eine Verurteilung der beiden Männer rechtfertigen würden“, sagt der Generalsekretär und Sektionsleiter im Justizministerium, Christian Pilnacek. Er hofft, dass „das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg hat.“

Freisprüche „in dubio pro reo“

Die Staatsanwaltschaft St. Pölten meldete gegen die Freisprüche Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof an. Am Ende der Verhandlung, die am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatte, waren zwei Mitglieder des Schöffensenates für einen Schuldspruch, die beiden anderen für einen Freispruch. Nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ wurden die Angeklagten freigesprochen - mehr dazu in Vergewaltigung: Zwei Freisprüche im Zweifel (noe.ORF.at; 27.3.2018).

Christian Pilnacek

APA / Roland Schlager

Christian Pilnacek hofft auf einen neuerlichen Prozess

„Ich denke, das Gericht hat sich die Sache nicht leicht gemacht und die 2:2-Entscheidung heißt, dass im Senat zu einigen Diskussionen gekommen sein muss“, weist Pilnacek die generelle Kritik an der Entscheidung zurück und verteidigt den Zweifelsgrundsatz: „Wenn die Richter nicht zur Überzeugung gelangen, dass ein Schuldspruch zu fällen ist, dann kommt es zu einem Freispruch. Hier ist sicher nicht schlampig gearbeitet worden.“

Zugleich stellt sich Pilnacek hinter die Staatsanwaltschaft und die Anklage: „Der Sachverhalt ist gut aufgearbeitet worden, es sind im Landeskrankenhaus Tulln alle erforderlichen Untersuchungen an dem Mädchen durchgeführt worden und es hat eine gute Dokumentation gegeben. An Grundlagen war also alles vorhanden.“ Pilnacek würde einen neuerlichen Prozess gutheißen: „Es sollte im Sinne des Opfers sein, herauszuarbeiten, dass diesem unrecht getan worden ist. Der Standpunkt der Staatsanwaltschaft ist zulässig und man sollte sich das noch einmal ansehen.“

„Freispruch in keinem Fall ein Skandal“

Der Freispruch für die beiden Männer sei alles anderes als ein „Skandal“, so der Generalsekretär: „Ein Freispruch ist in keinem Fall ein Skandal. Ich sehe auch keine Benachteiligung von Österreichern. Es gibt auch eine Reihe von Freisprüchen, die Österreicher betreffen.“ Nichtdestotrotz unterstütze er die Anklagebehörde: „Nachdem das Urteil schriftlich ausgefertigt worden ist, hat die Staatsanwaltschaft vier Wochen Zeit, um die Nichtigkeitsbeschwerde zu formulieren. Dann wird man sehen, wie der Oberste Gerichtshof den Fall beurteilt.“

Diskussion um Freisprüche

Die Freisprüche für zwei Asylwerber vom Vorwurf der Vergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens in Tulln haben heftige Reaktionen ausgelöst.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnete die Freisprüche als „skandalös und unerträglich“. Der niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl (ebenfalls FPÖ) ortete eine Benachteiligung „unserer Landsleute der Justiz gegenüber Zuwanderern“. Dazu sagt Pilnacek: „Man sollte zu einer ruhigen Auseinandersetzung mit dem Urteil kommen. Es gibt Möglichkeiten der Kritik, aber nicht in dieser Form und in dieser vernichtenden Art und Weise.“ Bis der Oberste Gerichtshof über die Nichtigkeitsbeschwerde entschieden hat, könnten laut Pilnacek drei bis vier Monate vergehen.

Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at

Link: