Hermann Nitsch: Ein Enfant terrible wird 80

Hermann Nitsch ist weit über seine Heimat hinaus als außergewöhnlicher Künstler bekannt. Oft angefeindet, blickt er anlässlich seines 80. Geburtstags auf 65 Jahre künstlerischen Schaffen zurück. Eine neue Ausstellung hilft dabei.

Die Ausstellung „Hermann Nitsch - Leben und Werk“ im nitsch museum in Mistelbach steht ganz im Zeichen des runden Geburtstags am 29. August. Sie beschäftigt sich nicht nur mit dem künstlerischen Leben des Malers und Aktionskünstlers, sondern auch mit dessen persönlicher Biografie. Schlüsselwerke und Originaldokumente zeichnen Nitsch’ künstlerische Entwicklung bzw. dessen wichtigste Ereignisse im privaten Umfeld nach. In einem 130 Meter langen, chronologischen Rundgang sollen Besucher einen Überblick über das enorme Werk bekommen und Details aus einem außergewöhnlichen Leben erfahren.

Privates soll Verständnis für Nitsch erleichtern

„Leben und Werk gingen und gehen bei dem Universalkünstler Hermann Nitsch stets nahtlos ineinander über“, heißt es in einer Aussendung zur Ankündigung der Ausstellungseröffnung am Samstag. Die neue Schau berücksichtige das und trage so zu einem tiefgreifenden „Verständnis für die Ideen und die künstlerischen Ansätze von Hermann Nitsch“ bei.

Einer der Höhepunkte der neuen Ausstellung ist „Opus I“, ein frühes Schüttbild aus dem Jahr 1960. Das Werk ist ab Samstag erstmals im nitsch museum in Mistelbach zu sehen. Außerdem wird die großformatige Collage „Golden Love“ (1974) präsentiert, die laut Angaben des Museums nur selten öffentlich gezeigt wird.

Multimediale Ausstellung

Diese stummen künstlerischen Zeitzeugen werden ergänzt durch Filme, Zeitungsausschnitte und andere Originaldokumente, die die wichtigsten Phasen von Nitsch’ Leben nacherzählen: die Jugend und Ausbildung, die künstlerischen Anfänge, diverse Skandale, das berühmt gewordene „6-Tages-Spiel“ 1998 als Höhepunkt seines Lebenswerkes sowie die Zeit in seinem neuen Domizil, dem Schloss Prinzendorf in Prinzendorf an der Zaya (Bezirk Gänserndorf).

Seit 1971 ist das Schloss, in dem er heute lebt und arbeitet, im Besitz von Nitsch. Es ist ein Zentrum seines lebenslangen Gesamtkunstwerks „Orgien Mysterien Theater“. Mehr als 140 Aktionen, mehr als 70 Malaktionen und mehr als 60 Konzerte veranstaltete der 1938 geborene Künstler im Lauf seines jahrzehntelangen Schaffens.

Hermann Nitsch

Bernd Niederwieser

Hermann Nitsch

Polarisiert haben vor allem seine Aktionen mit viel nackter Haut, Blut und Tiergedärmen. Tierschützer, Vertreter der Kirche und politische Parteien sind nur einige wenige von Nitsch’ zahllosen Kritikern. Doch nachdem der streitbare Künstler in den 1970er- und 1980er-Jahren im Ausland auf Begeisterung gestoßen und zu Weltruhm gekommen war, mehrten sich auch in Österreich die Nitsch-Fans. 2005 wurde er schließlich mit dem Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst geehrt.

Italienischer Museumsgründer gratuliert

Derzeit befinden sich Werke des bald 80-jährigen Geburtstagskindes in etlichen der bedeutendsten Museen der Welt, darunter in der Tate Gallery in London, dem Centre Pompidou in Paris und dem MoMA in New York. Neben dem nitsch museum in Mistelbach gibt es aktuell auch ein zweites Museum, das zur Gänze dem Maler und Aktionskünstler gewidmet ist: das Museo Nitsch in Neapel. Dessen Gründer Giuseppe Morra, ein langjähriger Begleiter von Nitsch, wird am Samstag bei der Ausstellungseröffnung in Mistelbach die Laudatio halten.

Felix Novak, noe.ORF.at

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