Neuregelung für Schächten in Niederösterreich

Nach der heftigen Debatte über das Schächten und eine mögliche Registrierung von Konsumenten gibt es nun eine Neuregelung des Landes Niederösterreich. Diese schließt Registrierungen aus.

Vor etwa zehn Tagen entbrannte zum Thema Schächten und der damit einhergehenden Forderung nach strengeren Regeln des FPÖ-Landesrats Gottfried Waldhäusl eine heftige Diskussion - mehr dazu in Schächten: Heftige Diskussion entbrannt (noe.ORF.at; 18.7.2018). Das österreichische Tierschutzgesetz verbietet grundsätzlich das Schlachten eines Tieres ohne vorherige Betäubung. Ausnahmen gibt es nur unter streng geregelten Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Ausübung anerkannter Religionen.

Landesrat Waldhäusl hat sich mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf die Neuregelung verständigt. Mit der Information soll klargestellt werden, wie mit dem Tierschutzgesetz einerseits umgegangen und der Religionsfreiheit andererseits Rechnung getragen wird. Zudem ist mit der Information über die neue Regelung jene vom 20. September 2017 des ressortzuständigen Waldhäusl-Vorgängers Maurice Androsch (SPÖ) „mit sofortiger Wirkung aufgehoben“. Das aktuelle Informationsschreiben mit den Neuregelungen liegt noe.ORF.at vor.

Umstrittener Passus ist rausgefallen

Registrierungen der Abnehmer wird es künftig nicht geben. Im alten Schreiben war vor allem jener Passus umstritten, dass eine Art Liste geführt wird, die wiederum an den Wohnsitz gekoppelt ist. Das Koppeln mit dem Wohnsitz ist nun nicht mehr möglich. Das gehe aus dem aktuellen Schreiben hervor. „Das ist deshalb nicht mehr möglich, weil es künftig juristische Personen auch machen können. Damit ist die Wohnsitzfrage gegessen“, sagte Waldhäusl gegenüber noe.ORF.at. Der umstrittene Passus, wonach ein Meldezettel oder ein Reisedokument vorgelegt werden müssen, ist folglich rausgefallen.

In dem am Freitag ergangenen Schreiben heißt es etwa explizit: „Es ist keinesfalls erforderlich, zum Nachweis des Bedarfes Namenslisten von Endverbrauchern zu führen.“ Ersatzlos gestrichen wurden Punkte wie: „Es ist in jedem Einzelfall von der Behörde zu prüfen, ob die Plausibilität des Bedarfs gegeben ist!“ und „Bereits bei Antragstellung, also vor der Durchführung der rituellen Schlachtung, muss feststehen, dass die betäubungslose Schlachtung zur Deckung des persönlichen konkreten Bedarfs erforderlich ist“.

Was versteht man unter Schächten?

Beim Schächten handelt es sich um das rituelle Schlachten von Tieren. Seinen Ursprung hat das Schächten laut Richard Potz, Professor am Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Universität Wien, im Judentum, später wurde es vom Islam übernommen.

Charakteristisch ist das Durchtrennen der Halsschlagader eines Tieres ohne vorhergehende Betäubung. Das Tier blutet in der Folge vollständig aus. Würde eine Betäubung vorgenommen, so würde man dem Tier - so der theologische Hintergrund - eine Verletzung zufügen, durch die das Fleisch nicht mehr koscher wäre.

Waldhäusl möchte keine „Schächt-Exporte“

Sichergestellt müsse sein, dass nur jenen Menschen in Niederösterreich geschächtetes Fleisch zur Verfügung gestellt wird, für die es nach dem Tierschutzgesetz tatsächlich Ausnahmen und Bedarf gibt. Laut Landeshauptfrau Mikl-Leitner muss es besondere Voraussetzungen für das Schächten geben. „Es handelt sich um ein besonders sensibles Thema. Und mit der heutigen Klarstellung an die Behörden ist auch eine daran angepasste Vorgehensweise gesichert. Es muss besondere Voraussetzungen für das Schächten geben. Eine Registrierung einzelner Abnehmer wird es in Niederösterreich aber sicher nicht geben“, so Mikl-Leitner.

Waldhäusl bezeichnete es als wichtig, dass es insgesamt zu keinem Export von geschächtetem Fleisch komme: „Das ist damit sichergestellt. Dazu braucht es strenge Kontrollen, und die Behörden müssen die Möglichkeit haben, in Verdachtsfällen weitere Ermittlungen zu führen. Wir haben damit gemeinsam mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner eine Entscheidung mit Hausverstand getroffen. Die Bezirksbehörde kontrolliert eben jetzt genau in Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften. Das heißt, diese werden jetzt dann auch in die Pflicht genommen“, sagt Waldhäusl.

Den Bezirksbehörden ist es freigestellt, in welchem Ausmaß sie mit den Religionsgemeinschaften zusammenarbeiten. Im Schreiben heißt es dazu: „Die Plausibilität dieser Angaben kann, durch die behördliche Würdigung von z.B. vorgelegten Rechnungen, Bestätigungen anerkannter Religionsgemeinschaften, Angaben über Bestell- und/oder Abgabemengen (Anzahl Tiere oder produziertes Fleisch), Durchschnittsbedarf bzw. vorliegende Erfahrungswerte erfolgen. Die zuständige Behörde kann, bei Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Verfahren, auch weitere Ermittlungsschritte setzen. Es ist keinesfalls erforderlich, zum Nachweis des Bedarfes Namenslisten von Endverbrauchern zu führen.“

Kultusgemeinde kritisiert FPÖ

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, bedankte sich bei Landeshauptfrau Mikl-Leitner für ihr „Einschreiten“. Deutsch sieht in einem Informationsschreiben der Landesregierung die bisherige Praxis bei der Produktion von koscherem Fleisch bestätigt. Kritik äußerte er an der FPÖ. „Mit dem Verbreiten von Unwahrheiten über das Schächten“ habe die FPÖ Verunsicherung geschürt und der Republik „international geschadet“, Mikl-Leitner habe nun aber ein „Machtwort“ gesprochen, zeigte sich Deutsch in einer Aussendung erfreut.

Das Schächten sei im Judentum streng geregelt, wobei die Regeln dem Schutz der Tiere dienen und „in weiten Teilen strengere Kriterien als das österreichische Tierschutzgesetz vorsehen“. „Jetzt sollte die blaue Sommerhetze beendet werden“, appellierte Deutsch an die Freiheitlichen. „Nachdem sichergestellt ist, dass koscheres Fleisch in Österreich produziert, verkauft und konsumiert werden darf, sollten wir uns alle für eine ,koschere’ Politik einsetzen.“ Tierschutz und Religionsfreiheit seien keine gegensätzlichen Rechtsgüter, meinte der IKG-Präsident.

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