Bildhauer Josef Schagerl feiert seinen 95er

Der Bildhauer Josef Schagerl wird am Samstag 95 Jahre alt. Der 1923 in Peutenburg (Bezirk Scheibbs) geborene Künstler schuf wie kaum ein anderer österreichischer Bildhauer nach 1945 ein formal und thematisch äußerst vielfältiges Werk.

Josef Schagerl wurde am 25. August 1923 in Peutenburg geboren, er ist der Sohn des Bildhauers Josef Schagerl (1872–1953). Nach der Tischlerlehre (1938-1941) arbeitete er im Atelier seines Vaters, wurde 1941 zum Kriegsdienst eingezogen und kehrte 1946 aus der Kriegsgefangenschaft zurück.

Bildhauer Josef Schagerl

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Josef Schagerl

Bis 1952 studierte Schagerl an der Akademie der bildenden Künste in Wien, das er mit dem Diplom als akademischer Bildhauer abschloss. Von 1951 bis 1964 arbeitete er beim Wiederaufbau historischer Bauten in Wien mit wie zum Beispiel der Gloriette Schönbrunn, der Wiener Hofburg und dem Schloss Belvedere.

Geprägt vom Willen zum Experiment

Als freischaffender Künstler entwarf er zahlreiche Kunstwerke im öffentlichen Raum, von ihm stammen auch viele Kunst-am-Bau-Projekten, er nahm an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland teil. Schagerl war von 1961 bis 1980 Mitglied der Künstlergruppe Der Kreis, von 1972 bis 1977 deren Präsident, von 1964 bis 1973 war er Mitglied der Gruppe 64 NÖ und bis 1978 des Künstlerzentrums Schloss Parz (Oberösterreich). Im Jahr 1973 erwarb er die gotische Johanniskapelle in Rafing bei Pulkau (Bezirk Hollabrunn), die zu einem Kulturzentrum ausgebaut wurde.

Josef Schagerl erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen, unter anderen den Förderungspreis des Landes Niederösterreich (1966), den Förderungspreis der Stadt Wien (1967), den Würdigungspreis der Stadt Wien für Bildhauerei (1973), den Berufstitel Professor (1976), den Kulturpreis des Landes Niederösterreich (1979), die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien (1984) und das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich (2000).

Immer auf der Suche nach dem Guten im Menschen

„Poesie der Geometrie“ nannte sich eine Retrospektive zum 90. Geburtstag von Josef Schagerl im Niederösterreichischen Landesmuseum in St. Pölten vor fünf Jahren. Die Ausstellung vermittelte einen konzentrierten Einblick in das sieben Jahrzehnte umfassende Schaffen des Künstlers. Ausstellungskurator Carl Aigner sagte über Schagerl: „Der Wille zum Experimentieren und das Hantieren mit ganz modernen Materialien wie Chrom-Nickel-Stahl, das ist das, was ihn als einen höchst aktuellen zeitgenössischen Bildhauer auszeichnet.“

Diese Ausstellung im Jahr 2013 war eine Art Zeitreise in Skulpturen, denn meist waren es die tragischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts, die Schagerl in seinem Schaffen beeinflussten, wie etwa die Zeit des Nationalsozialismus, der „Kalte Krieg“ oder die Niederschlagung des „Prager Frühlings". Die Suche nach dem Guten im Menschen gab der Künstler trotzdem nie auf, erzählte er damals: „Es gab immer Ereignisse, die mich aufgeregt haben. Ich habe dann versucht, mittels meiner Plastiken den Frust abzubauen und das Positive zu zeigen.“

Reinhard Linke, noe.ORF.at