Peter Henisch: Eine stille Literaturgröße wird 75

Der „Außenseiter aus Passion“, wie sich Autor Peter Henisch selbst bezeichnet hat, feiert heute seinen 75. Geburtstag. Der auch in Gablitz (Bezirk St. Pölten) wohnhafte Literat liest rund um seinen Ehrentag aus seinem neuen Buch.

„Ich glaube, sagen zu dürfen, dass ich einer jener Autoren bin, die österreichische Zeitgeschichte seit über 40 Jahren sehr bewusst und sehr kritisch und auch mit der manchmal notwendigen Ironie begleiten.“ Da hat Peter Henisch recht. Am 27. August feiert der Autor, der mit dem autobiografischen Roman „Die kleine Figur meines Vaters“ 1975 den ersten Erfolg verzeichnete, seinen 75. Geburtstag. Drei Tage danach wird er zum Finale des Wiener Literaturfestes „O-Töne“ aus seinem neuen Buch „Siebeneinhalb Leben“, das Mitte August erschienen ist.

Peter Henisch

APA/ Robert Jäger

Henisch als „Autor mit politischem Anspruch“

Als „ein Außenseiter aus Passion“ bezeichnete sich Henisch 1977 in seiner Dankesrede bei der Entgegennahme des Anton-Wildgans-Preises. „Ich verstehe mich als Autor mit politischem Anspruch“, sagte er einmal. „Schreiben ist Wahrnehmen und Interpretieren der Umgebung, dabei kann ich nicht an den politischen Zuständen vorbei gehen. Literatur sensibilisiert, ist eine Form des Nach- und Vordenkens.“ Und wenn er jetzt im neuen Roman „Siebeneinhalb Leben“ seinen in der Waldheim-Zeit entstandenen Roman „Steins Paranoia“ weiterführt und dessen Hauptfigur Max Stein als personifiziertes schlechtes Gewissen des Autors inkarniert, dann macht er das, weil er in Erinnerung rufen möchte, wie wichtig Widerspruch zur rechten Zeit ist.

„Siebeneinhalb Leben“ von Peter Hensich

Die stille Größe des österreichischen Literaturbetriebs wird am Montag 75 Jahre. Sein neuer Roman trägt autobiographische Züge.

Literarisches Debüt mit Kurzprosa „Hamlet bleibt“

Geboren wurde Peter Henisch am 27. August 1943 in Wien, wo er in Erdberg und Favoriten „Nachkriegskindheit“ und „Wiederaufbaupubertät“ verbrachte. Nach der Matura studierte er Germanistik, Philosophie, Geschichte und Psychologie. 1965/66 volontierte er in der Lokal-Redaktion der „Arbeiter Zeitung“. Seine Dissertation über Ernst Bloch beendete er nicht, sondern gründete gemeinsam mit Helmut Zenker 1969 die Literaturzeitschrift „Wespennest“. Ab 1970 war er Mitglied des „Arbeitskreises österreichischer Literaturproduzenten“, ab 1972 Literaturredakteur der Zeitschrift des Theaters der Jugend, „Neue Wege“. 1971 erschien mit der Kurzprosa „Hamlet bleibt“ sein literarisches Debüt. Seit 1975 lebt Peter Henisch als „freischwebender Schriftsteller“, dessen Werk Prosa und Lyrik ebenso umfasst wie Theaterstücke und Hörspiele.

„Die kleine Figur meines Vaters“ basierte auf einem Interview mit seinem Vater, einem Pressefotografen, seine jüdische Großmutter war Vorbild für den Roman „Eine sehr kleine Frau“ (2007), seine eigene Kindheit hat er in „Suchbild mit Katze“ (2016) beschrieben. Doch viel zahlreicher sind seine rein fiktionalen Werke: In Büchern wie „Vom Baronkarl“ (1972) oder „Pepi Prohaska Prophet“ (1985) hat er die Figuren des Nachkriegs-Wien unnachahmlich festgehalten. Später hat er seine Protagonisten an den Mississippi geschickt („Schwarzer Peter“, 2000) oder in den Nahen Osten pilgern lassen („Der verirrte Messias“, 2009). Seit vielen Jahren hat er in einem toskanischen Städtchen in der Nähe von Siena seine zweite Heimat gefunden. „Die schwangere Madonna“ (2005) hat hier gespielt, „Mortimer & Miss Molly“ (2013) hat in besonderem Maß den Zauber jenes Ortes eingefangen, in dem Liebesgeschichten auf besonders fruchtbaren Boden fallen.

Peter Henisch

APA/ Robert Jäger

Musikalisches Comeback im Frühjahr

Musik war seit dem Anfang Teil seines künstlerischen Schaffens. Nach seiner LP „Alles in Ordnung“ sei er 1975 „auf einmal an der Schwelle zu einer Liedermacher-Karriere gestanden“, erzählt Henisch. „Da kam aber auch mein Buch ‚Die kleine Figur meines Vaters‘ heraus, und nachdem das ein großer Erfolg wurde, war klar, dass ich auf dieser Schiene weiterfahre.“ Doch er war später auch Sänger und Texter der Gruppe „Wiener Fleisch und Blut“, beschäftigte sich 1991 in einem Roman mit „Morrisons Versteck“ oder brachte 2001 gemeinsam mit Woody Schabata und Hans Zinkl „Black Peters Songbook“ heraus. Im heurigen Frühjahr gab er mit dem Album „blues plus“ sein musikalisches Comeback. Auch bei der Geburtstagslesung am 30. August zum Abschluss des O-Töne-Literaturfestivals wird er von seiner Band begleitet. Und in seinem Sammelband „Das ist mein Fenster“, der am 19. September in der Alten Schmiede in Wien vorgestellt wird, sind nicht nur „fast alle Gedichte“, sondern auch seine Songs enthalten.

Henisch mit zahlreichen Preisen ausgzeichnet

Dass er es mit „Die schwangere Madonna“ (2005) und „Eine sehr kleine Frau“ (2007) zweimal auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis und 2016 mit „Suchbild mit Katze“ auf die Shortlist zum Österreichischen Buchpreis schaffte, ist ebenso eine Auszeichnung wie der Anton-Wildgans-Preis der Industrie (1977), der Würdigungspreis des Landes Niederösterreich für Literatur (2005), der Förderungspreis der Stadt Wien für Literatur (2009), das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien (2010) und der Österreichische Kunstpreis (2015).

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