Wirtschaftsstandort Waldviertel im Wandel

Der Wirtschaftsstandort Waldviertel ist im Wandel. Die ehemalige Hochburg für Textilindustrie steht vor großen Herausforderungen. Laut Experten müssen Unternehmen auf regionale Ressourcen und hohe Qualität setzen.

„Bandlkramerland“ - so nannte man das Waldviertel einst aufgrund der dutzenden Textilmanufakturen und Webereien. Doch die goldenen Zeiten dieser Branche sind schon lange vorbei. In den letzten Jahren und Jahrzehnten wurden große Traditionsbetriebe geschlossen beziehungsweise sind abgewandert oder auch übernommen worden, darunter beispielsweise Ergee oder auch Backhausen. Außerdem wurde erst diese Woche die Insolvenz des Traditionsbetriebs Baumann Dekor bekannt - mehr dazu in Baumann Dekor in Gmünd ist insolvent (noe.ORF.at; 10.9.2018).

Industrielandschaft ist vielfältig geworden

Der Ursprung des Waldviertels als Textilregion geht auf die in der Monarchie erteilten Fabriksprivilegien zurück. Die Textilherstellung war mit 163 Textilmanufakturen im Jahre 1790 ein führender Wirtschaftszweig der Monarchie. Heute gibt es in Österreich nur noch 50 Webereien, davon drei industrielle Frottierwebereien im Waldviertel. Aber schon seit einigen Jahren ist die Textilindustrie nicht mehr der Kern der Industrie im Waldviertel, sagt Regionalexperte Peter Mayerhofer vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) gegenüber noe.ORF.at. Die Industrielandschaft im Waldviertel ist vielfältig geworden.

Weberei Wirtex

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Bei der Firma Wirtex in Frühwärts (Bezirk Waidhofen an der Thaya) werden seit vielen Jahren Handtücher für Luxushotels produziert

„Der Anteil der Textilindustrie ist zwar im Waldviertel noch doppelt so hoch wie in Österreich, aber der Anteil liegt bei drei Prozent der Industriebeschäftigung. Das heißt, das ist ein relativ kleiner Bereich. Wir haben viel, viel größere Anteile in der Nahrungsmittelproduktion. Wir haben viel größere Anteile rund um das Thema Holz, einschließlich der Möbelindustrie, wir haben Schuhindustrie, wir haben Druck“, so Mayerhofer.

Experte plädiert für Breitbandausbau

Mit hoher Qualität und speziellen Produkten schaffen es laut Mayerhofer die meisten Unternehmen im Waldviertel zu reüssieren. „Natürlich ist es so, dass die Unternehmen firmenspezifische Wettbewerbsfähigkeit brauchen, also Spezifika, die sie von der Konkurrenz abheben. Solange sie das haben, können sie gut performen“, so der Wirtschaftsforscher.

Ein Problem des Wirtschaftsstandortes Waldviertel ist laut dem Experten die geografische Lage. Im Gegensatz zu vielen anderen Regionen Österreichs habe das Waldviertel nicht von der Grenzöffnung profitiert. Denn jener Teil Tschechiens, an den das Waldviertel grenzt, ist kaum besiedelt und wirtschaftlich nicht entwickelt. Besorgniserregend ist laut Mayerhofer auch die demografische Entwicklung. Bis 2030 wird der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung im Waldviertel um zehn Prozent zurückgehen. Man müsse regionalpolitisch dafür sorgen, dass die Attraktivität für hochqualifizierte Arbeitskräfte gestärkt wird.

Große Chancen sieht Peter Mayerhofer vom WIFO in der ökologischen Landwirtschaft sowie in neuen Energieformen. Die Region stehe vor großen Herausforderungen, man müsse den ländlichen Raum attraktivieren. „Es geht meines Erachtens nach künftig nicht nur um die Transportinfrastruktur, die natürlich sehr wichtig ist, sondern es geht vielmehr mittlerweile um die Anbindung an schnelle Breitbandnetze, an das Internet“, sagt Mayerhofer. Ein Breitbandausbau, der auch ein großes politisches Ziel des Landes Niederösterreich ist, könnte also den kleinen Bändern weiter zum Erfolg verhelfen.

Benedikt Fuchs, noe.ORF.at

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