NÖGKK: Kassenreform ist „starker Rückschritt“

Die Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) übt Kritik am Entwurf zur Kassenreform. Generaldirektor Jan Pazourek spricht von einem „starken Rückschritt“ und befürchtet Verschlechterungen für die Patienten.

Der von der Bundesregierung am Freitag präsentierte Gesetzesentwurf für eine Reform der Sozialversicherung soll eine Reihe von Änderungen bringen. Statt 21 Krankenkassen soll es in Zukunft nur noch fünf geben. Die Arbeitgeberfraktion bekommt mehr Gewicht und die Zahl der Funktionäre soll reduziert werden. Insgesamt erhofft sich die Regierung so eine Einsparung von einer Milliarde Euro - mehr dazu in Regierung legt Kassenreform vor (news.ORF.at; 14.9.2018).

NÖGKK verliere „Budget- und Vertragshoheit“

NÖGKK-Generaldirektor Jan Pazourek spricht gegenüber noe.ORF.at von einem „starken Rückschritt“. „Wir wären davon ausgegangen, dass eine Landesstelle in Niederösterreich eine Reihe von wichtigen Kompetenzen hat, vor allem solche, die die Steuerung des Gesundheitswesens in unserem Bundesland betreffen. Nunmehr sieht es so aus, als ob die Landesstelle Niederösterreich die Budgethoheit, die Vertragshoheit und die Personalhoheit verliert“, so Pazourek.

Hintergrund ist, dass im Zuge der Reform die neun Gebietskrankenkassen in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) aufgehen sollen. Zwar soll auch die ÖGK neun Landesstellen haben, allerdings sollen diese nur noch bestimmte Kompetenzen haben. Ebenso soll es bei den Ärztehonoraren künftig einen österreichweiten Gesamtvertrag geben. Bisher boten die Gebietskrankenkassen unterschiedliche Leistungen an.

„Mehrere Jahre Stillstand“ bei Verträgen

„Für uns ist es eine Katastrophe, dass mehr als 99 Prozent unserer Budgets nicht mehr der Landesstelle gehören, sondern in die Zentralstelle wandern und für uns ist es ganz besonders bitter, wenn wir jetzt erkennen müssen, dass eine Vielzahl von Verträgen mit einer Vielzahl von Institutionen, Firmen und Dienstleistern im Gesundheitswesen in Niederösterreich nicht mehr hier in unserem Bundesland entschieden werden“, führt Pazourek aus. Er spricht von „mehreren Jahren Stillstand“, weil die regionalen Verträge nur verlängert würden, bis die ÖGK neue bundesweite Verträge ausgehandelt hat.

Der NÖGKK-Generaldirektor befürchtet außerdem Verschlechterungen für die Patientinnen und Patienten in Niederösterreich. Zum einen müsste man sich künftig „einem Bundesdurchschnitt beugen“. Zum anderen könnte laut Pazourek das Außenstellennetz ausgedünnt werden. „Wenn eine Milliarde Euro eingespart werden soll und alle Personalabgänge und Pensionierungen nicht mehr nachbesetzt werden sollen, was bedeutet das für die Menschen in Niederösterreich? Das bedeutet, dass eine Reihe von dezentralen Servicecentern der NÖGKK in Gefahr sind.“

Neue Kassenstruktur soll ab 2020 gelten

Pazourek betonte gegenüber noe.ORF.at, dass man sich seitens der Gebietskrankenkasse keinesfalls gegen Reformen sperre. „Wir würden uns aber wünschen, dass im Zuge des Begutachtungsverfahrens die Frage der Kompetenzen der Landesstellen neu gestellt wird und noch einer Überarbeitung unterzogen wird“, so der Generaldirektor.

Der Plan der Regierung ist es, dass die Beschlüsse noch vor Weihnachten den National- sowie den Bundesrat passieren, damit das Gesetz per 1. Jänner 2019 in Kraft treten kann. Ab 1. April soll der Fusionsprozess vorbereitet werden und ab 1. Jänner 2020 soll die neue Kassenstruktur gültig sein.

Thomas Puchinger, noe.ORF.at

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