Das Phänomen der „Hooligan-Eltern“

Bei Hooligans hat man eher Bilder von grölenden Männern im Kopf. „Ultra-Eltern“ sehen da harmloser aus, können allerdings zum massiven Problem werden. noe.ORF.at hat bei Trainern in diversen Sportarten in Niederösterreich nachgefragt.

Sport ist die schönste Nebensache der Welt, formt den Körper gleichermaßen wie den Charakter und ist enorm wichtig in der Entwicklung junger Menschen. So weit so gut, allerdings nur so lange, bis der Anpfiff zum Spiel ertönt und leider bei manchen Beteiligten ein Schalter umgelegt wird. Zuletzt ist ein Trainer des Oberösterreichischen Vereins ASKÖ Linz-Ebelsberg mit einem Facebook Posting an die Öffentlichkeit gegangen. Der Wortlaut ist kurz und prägnant: „Eltern sind die größten Hooligans“. Zuvor hatten zwei prügelnde Mütter einen Polizeieinsatz ausgelöst, nur Tage später waren Eltern auf das Feld gestürmt.

Pöbelnde Eltern beschäftigen Vereine in allen Sportarten. Fälle, wie jener in Oberösterreich, sind hingegen die Spitze des Eisberges, vielfach sind es vergleichsweise kleinere Entgleisungen, die aber dennoch den Kindern sowie den Trainern die Freude am Sport gänzlich vermiest.

Eltern Fussball Verhalten

GEPA pictures/ Thomas Bachun

Woher stammt dieser übertriebene Ehrgeiz?

Die Erklärungsansätze sind vielfältig. Zum einen sei der insgesamt rauere Umgangston in der Gesellschaft ein begünstigender Faktor für solche Entgleisungen, insbesondere den sozialen Netzwerken wird hier eine negative Rolle zugeschrieben. Doch wieder nur die Schuld bei Facebook und Co. zu suchen ist sicherlich zu kurz gegriffen. Sport ist ein Millionengeschäft und uns werden rund um die Uhr Spiele und Events ins Wohnzimmer serviert.

Die Superstars sind Ausnahmekönner ihrer Disziplin, gleichzeitig Werbeträger, Markenbotschafter und Vorbilder. Der Traum, dass das eigene Kind reicher Profi werden könnte, ist in diesem Zusammenhang nicht abwegig, allerdings kann das zu völlig falschem Ehrgeiz führen. „Es kann nicht jeder Profi werden, man muss einen realistischen Blick auf das eigene Können und auf die Fähigkeiten des eigenen Kindes haben. Was ist schlecht daran in der Gebietsliga zu spielen?“, pocht Andreas Hausmann, Jugendtrainer beim SC Obergrafendorf (Bezirk St. Pölten Land), auf bessere Selbsteinschätzung.

Verhalten Eltern Sport

ORF/GEPA Pictures

Diese Richtlinien sind auf vielen Sportstätten zu finden

Eltern oft zu viel eingebunden

„Überehrgeizige Eltern sind ein großes Problem, und es wird immer schlimmer“, bedauert Ferenc Kovacs, Trainer beim Spitzenhandballteam Hypo Niederösterreich. Er sieht den Grund in einem „zu viel an Demokratie“ innerhalb der Vereine. „Eltern wenden sich bei jeder Kleinigkeit an den Vorstand, der versucht wiederum beschwichtigend zu agieren. Das schadet allerdings dem Ansehen des Trainers, dessen Arbeit man damit untergräbt“, versucht Kovacs das Problem zu verorten. „Die schlechte Stimmung, die damit gemacht wird, überträgt sich irgendwann auch auf die tendenziell gelassenen Eltern. Und plötzlich sieht sich der Trainer mit den verschiedensten Begehrlichkeiten konfrontiert.“

Ähnliche Töne schlägt Peter Klumpp, Eishockeytrainer in Mödling an: „Oft sind die Vereine auf die Mitgliedsbeiträge angewiesen und wollen die Eltern, die sich beschweren auch nicht vor den Kopf stoßen“. Er sieht allerdings keine wesentliche Verschlechterung in den letzten Jahren. „Der Ehrgeiz bei Eltern war schon immer da. Dieses Phänomen kann manchmal lästig sein, aber jeder Trainer weiß, dass es leider Teil der Arbeit ist“, spricht er aus seiner mehrjährigen Erfahrung als Trainer.

Wie kann man dem Problem entgegensteuern?

Ferenc Kovacs ist der erfolgreichste Handballtrainer Österreichs mit jahrzehntelanger Erfahrung. Er versucht dem Problem mit Eltern/Kinder-Abenden zu begegnen. Sowohl die Eltern als auch die Kinder werden eingeladen, um gemeinsam eine klare Linie für die Saison zu definieren, die dann auch strikt einzuhalten ist.

Sport Handball Hypo Kovacs

GEPA pictures/ M. Hoermandinger

„Man muss als Trainer sehr gut argumentieren können, und das in jeder Situation“, so Kovacs. Er tue sich leichter, da Eltern genau wissen mit welchem „Trainer-Kaliber“ sie es zu tun haben. „Sobald Eltern wissen, dass sie dem Trainer aufgrund seiner Ausbildung, oder Erfahrung vertrauen können, gibt es wesentlich mehr Akzeptanz bei persönlichen und kollektiven Misserfolgen. Das sorgt auch für Ruhe am Sportplatz“, erklärt Fußballtrainer Andreas Hausmann.

Vereine mit einer gewissen Größe und professionellen Strukturen haben es wesentlich leichter, als ein kleiner Dorfklub. „Bei größeren Fußballvereinen gibt es zum Beispiel eigene Eltern-Zonen, die sich in sicherem Abstand vom Spielfeld befinden, aus dem sich die Eltern nicht herausbewegen und nicht herausschreien dürfen", schmunzelt Hausmann. „Bei Zuwiderhandlungen wird das Kind sofort aus dem Verein geworfen. Das kann sich ein kleiner Verein nicht leisten und das wäre auch schade, weil letzten Endes das Kind bestraft wird.“ Vertrauen seitens der Erziehungsberechtigten in die handelnden Trainer würde schon einiges verbessern und es würde auch helfen wenn sich Eltern folgende Grundsätze zu Herzen nehmen:

1. Das sind Kinder
2. Das ist ein Spiel
3. Der Trainer macht das als Hobby
4. Der Schri ist auch ein Mensch
5. Das ist nicht die WM

Gerfried Nagel, noe.ORF.at

Link: