100 Jahre Republik: Länder bei Festakt im Fokus

Staatsspitze und Länder haben am Vormittag der Gründung der Ersten Republik vor 100 Jahren gedacht. Der Festakt fand im Palais Niederösterreich statt - dem Ort, an dem am 21. Oktober 1918 die Geschichte der Ersten Republik begann.

Die Landeshauptleute brachen im Rahmen des Festaktes am Donnerstag eine Lanze für den Föderalismus und die EU, Bundespräsident Alexander Van der Bellen lobte die Länder als „Kitt eines gemeinsamen Europa“ und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erntete Applaus für seinen Appell, gegen „Gefahr von rechts“ aufzustehen.

Festakt 100 Jahre Republik im Palais Niederösterreich

NLK Burchhart

Wiens Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ), Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Bundespräsident Alexander Van der Bellen, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ)

Vor Beginn des Festaktes unterzeichneten die Landeshauptleute im Rahmen einer außerordentlichen Landeshauptleutekonferenz eine Erklärung anlässlich „100 Jahre Republik Österreich“. Damit wolle man deutlich machen, welche Bedeutung die Länder für die Gründung der Republik, aber auch darüber hinaus hätten. „Und wir wollen mit dieser Erklärung auch ein klares Bekenntnis ablegen: ein Bekenntnis zu Europa und zu einem Europa der Regionen“, erklärte Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz.

Geschichtlich relevantes Gebäude

Der Ort des Festaktes, das Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse, wurde bewusst gewählt: Am 21. Oktober 1918 war es in diesem Gebäude zur Konstituierung einer provisorischen Nationalversammlung durch Abgeordnete aus mehrheitlich deutsch besiedelten Gebieten gekommen - der Beginn zur Gründung der Republik, betonte Niessl. „Die Länder haben damit einen wesentlichen Anteil am Entstehen der Republik.“ Erwartungsgemäß brach Niessl auch eine Lanze für den Föderalismus heute und warb einmal mehr für ein „Europa der Regionen“ und eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips.

Palais Niederösterreich Innenhof Wien

ORF/Reinhard Linke

Im Palais Niederösterreich nahm die Erste Republik ihren Ausgang

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die am Donnerstag auch als „Hausherrin“ in Erscheinung trat, sprach von einer „ganz wichtigen Botschaft“, die das Zusammentreffen aussende: Es gehe darum, Frieden, Freiheit und Demokratie zu schützen und nie wieder einen Krieg in Europa zuzulassen. „Hier in diesem Saal spüren wir: Diese Mauern sind standhafte Zeugen unserer Geschichte“, und darum gebe es „für diesen Festakt wohl keinen besseren Ort“.

Ein besonderes Augenmerk legte sie auf das Jahr 1945: „Es waren die Bundesländer, die hier in ihren beiden Länderkonferenzen ein klares Bekenntnis zur Einheit Österreichs abgelegt haben. Eine wichtige Weichenstellung, die Österreich zu dem gemacht hat, was es heute ist: Eine starke, geeinte Republik mit starken, erfolgreichen Regionen.“

Lob für Bundesländer

Die Bundesländer seien „Motoren“ bei grenzüberschreitenden Kooperationen in den Regionen, betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei der Feier, zu der zahlreiche Prominenz der Republik erschienen war. Sie arbeiteten so täglich an der Festigung und am Ausbau einer föderalen EU.

Festakt 100 Jahre Republik

APA/HERBERT NEUBAUER

Besonderer Gast war denn auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der die Länder zu Beginn seiner Rede auf seine ganz eigene Art würdigte: „Ich treffe die Landeshauptleute regelmäßig in Brüssel oder sonst wo, und ich mag diese Treffen sehr, weil wir ungestört über Europa und über die Bundesregierung schimpfen können“, erheiterte Juncker die Gäste.

Der Kommissionspräsident hatte aber durchaus auch ernste Worte im Gepäck. An einem Tag wie heute - „ein stolzer Moment in der Geschichte“ - müsse man sich auch mit der Vergangenheit beschäftigen, erinnerte Juncker etwa an die Zeit des Nationalsozialismus. Wer die Geschichte nicht kennt, dem fehle die Kraft, die Zukunft zu gestalten. Die EU werde nicht zu den Vereinigten Staaten von Europa werden, aber er sei auch gegen „Verzwergung“, meinte Juncker.

„Wir müssen aufstehen, wenn Gefahr von rechts sich ungehindert durchsetzt, wenn stupider Populismus und bornierter Nationalismus einen Marsch in die Zukunft antreten, den man stoppen muss, solange dazu noch Zeit ist.“ Österreich sei ein Brückenbauer und „eine Republik, die gegen Unrecht und für Gerechtigkeit kämpfen muss“, das wünsche er für den weiteren Weg.

Kurz: Bundesländer „identitätsgebend“

Er sei dankbar, dass Juncker nicht verraten habe, was gesprochen werde, „wenn die Regierungschefs und du beisammen sind“, konterte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dem Kommissionspräsidenten launig. Österreich sei ein föderales und subsidiäres Land, in dem die Bundesländer stets „identitätsgebend“ gewesen seien. Auch wenn sich die Gebietskörperschaften „gegenseitig viel ausrichten“, funktioniere die Zusammenarbeit gut, versicherte Kurz.

Aus der Geschichte solle man lernen, dass der demokratische Diskurs stets respektvoll stattfinden solle, auch wenn die Zugänge politisch unterschiedlich seien. Heute sei Österreich ein starkes und stabiles Land, fest verankert in der EU und gewillt, Europa aktiv mitzugestalten. Dennoch müsse man sich immer vor Augen halten, dass Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Friede, soziale Sicherheit und Wohlstand nicht selbstverständlich seien.

Es sei ein „langer, steiniger Weg“ von der Republiksgründung 1918 bis heute gewesen, erinnerte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Das System des österreichischen Föderalismus sei beispielgebend für andere Länder, gab er sich überzeugt.