„Demokratie im Netz“ als Zukunftsfrage

Im Stift Klosterneuburg fand am Dienstag der erste Salon des neuen „Europa-Forums Wachau“ zum Thema Technologisierung statt. Diskutiert wurde etwa über das Spannungsverhältnis von Demokratie im Zeitalter des Internet.

Bei der nächsten Wahl bequem daheim - vom Sofa aus - abstimmen, anstatt zum Gemeindeamt zu gehen. Diese Möglichkeit wäre für mehr als zwei Drittel der Besucher des Salon Europa Forum Wachau, dass am Dienstag erstmals veranstaltet wurde, eine Bereicherung. Das System müsse zwar sicher und anonym sein. Allerdings waren beinahe alle davon überzeugt, dass damit die Wahlbeteiligung erhöht werden kann.

Salon Europa Forum Wachau Auftakt Technologisierung

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Mehr als zwei Drittel der Besucher würden Online-Wahlen begrüßen

Rein technisch seien Online-Wahlen bereits heute möglich, erklärte Krzysztof Pietrzak, Sicherheitsexperte vom Institut of Science and Technology (ISTA) in Klosterneuburg: „Das System kann man vollständig anonymisieren und manipulationssicher gestalten. Nur je sicherer, umso komplizierter und anwendungsunfreundlicher wird das System.“ Doch gerade bei Wahlen sei wichtig, dass die Schwelle daran teilzunehmen nicht zu hoch ist. „Sonst werden Leute, die mit der Technik nicht zurecht kommen, abgeschreckt.“

Journalisten werden umgangen

Bis Online-Wahlen Realität werden, werde es deshalb noch Jahre dauern, glaubt der Experte. Wesentlich schneller würden moderne Medien die Kommunikation zwischen Politikern bzw. Behörden und den Bürgern verändern. In Wahlkampfzeiten könnten Politiker über soziale Medien etwa Wähler - ohne Zwischenfilter wie Journalisten - gezielt angesprochen und mobilisiert.

Gleichzeitig können die Bürger auch Politiker direkt mit Anliegen konfrontieren, führt Thomas Lampoltshammer vom Zentrum für E-Governance an der Donau-Universität Krems an: „Ich glaube, dass die sozialen Medien durch ihre Breite und Transparenz dazu führen, dass der politische Diskurs gestärkt wird.“ Politiker und Entscheidungsträger müssen sich dadurch mehr Fragen gefallen lassen, „die für alle sichtbar sind, und man wartet darauf, wie Politiker damit umgehen.“

Jugendliche können mit Fake News besser umgehen

Die Gefahr, dass „Fake News“, also falsche Informationen, die bewusst gestreut werden, Wähler beeinflussen, sieht Fritz Jergitsch, Herausgeber der Satirezeitung „Die Tagespresse“ - zumindest auf lange Sicht - nicht: „Ich finde gerade junge Menschen können damit viel besser umgehen als Erwachsene. Wenn ich Facebook öffne und eine Falschmeldung sehe, wird diese meist von Älteren geteilt.“ Junge Menschen haben laut Jergitsch hingegen das Rüstzeug, um Fake News besser zu erkennen.

Salon Europa Forum Wachau Auftakt Technologisierung

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Jergitsch, Pietrzak und Lampoltshammer diskutierten zum Auftakt des Salon Europa Forum Wachau über Chancen und Gefahren der Technologisierung

Dieser Ansicht waren auch manche Besucher. Nikolaus Guggenberger aus Wien sah die voranschreitende Technologisierung mehr als Segen, denn als Fluch: „Die Datensicherheit muss ich zwar noch etwas verbessern, aber wir sind auf dem richtigen Weg und wir sollten die modernen Technologien nutzen.“ Mehr Vor- als Nachteile sieht auch Verena Ringler aus Innsbruck. Vertrauen werde auch weiterhin im persönlichen Gespräch hergestellt, allerdings könne man sich „die Technologie für Demokratie nützlich machen“.

EU muss weg von der Krisenkommunikation

Eine Chance seien moderne Medien auch für die Europäische Union, mit ihrer Arbeit und ihren Projekte stärker ins Sichtfeld der Bürgern zu rücken, sagt der Präsident des Europaforums Wachau und Landesrat Martin Eichtinger (ÖVP): „Die EU muss weg von der Krisenkommunikation, hin zu einem besseren Storytelling für die Regionen. Damit bei den Bürgerinnen und Bürgern auch ankommt, was die EU für sie tagtäglich leistet.“

Diese Arbeit soll auch durch den Salon Forum Europa Wachau hervorgehoben werden. In den nächsten Monaten werden deshalb noch fünf weitere solcher Bürgerdialoge stattfinden. Diese werden jeweils einem anderen, aktuellen europäischem Thema gewidmet sein. Die Anregungen der Bürger - diesmal war den Besuchern etwa die Datensicherheit ein Anliegen - sollen schließlich in das Programm des Europa Forum Wachau nächsten Juni mit einfließen.

Stefan Sailer, noe.ORF.at

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