„Ökodorf“: Pioniere aus dem Mostviertel

Heute sind die Begriffe Öko und Bio überall präsent. In Eschenau (Bezirk Lilienfeld) wurde der Begriff „Ökodorf“ bereits vor genau 30 Jahren aus der Taufe gehoben. Die Pioniere von damals sehen sich heute bestätigt.

Holz statt Heizöl. Im waldreichen Bezirk Lilienfeld liegt das heute auf der Hand. Ende der 1980er Jahre war das nicht so, als Franz Wögerer die erste Hackschnitzel-Bauerngenossenschaft gründete und das erste Hackschnitzel-Fernheizwerk in Betrieb ging. Wögerer spricht heute von Wagemut, der sich letztlich bezahlt gemacht habe. Als Landwirt hatte er damals das Ausfallrisiko für die Lieferung von genügend Hackgut übernommen, um überhaupt das Projekt starten zu können.

Ökodorf Eschenau Im Blickpunkt

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Inzwischen sind es 15 Bauern, die drei Fernheizwerke beliefern. Die Fernwärme ist ein wichtiger Bestandteil des „Ökodorfs“ geworden. Alle öffentlichen Gebäude und etwa 140 Privathäuser werden mit Wärme aus Hackschnitzeln versorgt. Für heutige Verhältnisse nichts Außergewöhnliches, vor 30 Jahren sehr wohl.

Windkraft-Pioniere im Bezirk Lilienfeld

Außergewöhnlich war auch der Bau zweier Windräder Ende der 1990er Jahre. Heute liebevoll „Mona“ und „Lisa“ genannt, sind sie so etwas wie Wahrzeichen von Eschenau geworden, die einzigen Windräder im Bezirk Lilienfeld. Auch bei deren Bau war Franz Wögerer federführend, wieder mit hohem Risiko. Wäre es schiefgegangen, erzählt Wögerer heute, hätte er damit auch seine Landwirtschaft verloren. Aber es ging gut. Inzwischen wurden die beiden Anlagen an den Windkraftbetreiber W.E.B. verkauft.

Ökodorf Eschenau Im Blickpunkt

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„Niederösterreich heute“, 28.10.2018

Die Energiewende ist aber nur ein Teil der Geburtswehen des „Ökodorfs“. Ein erstes Projekt war es, den Bach durch den Ort von einer Betonrinne wieder zu einem lebendigen Ökosystem mit Fischen zu machen. Bürgermeister Alois Kaiser (ÖVP) spricht von bezirksweitem Gelächter, als begonnen wurde, Steine im Betonbecken anzuschrauben, um Sedimentsablagerungen und damit eine Revitalisierung zu ermöglichen. Es funktionierte, der Bach ist nun wieder ein Bach.

Lokale Schulmilch-Revolution

Und sogar die Schulmilch wurde hier revolutioniert. Bis vor 27 Jahren war die Milch dafür von Eschenau über 120 Kilometer nach Kirchschlag (Bezirk Wiener Neustadt) und als Kakao wieder zurücktransportiert worden. Damals erzeugte die Biobäuerin Adele Fuchssteiner erstmals selbst Kakao und lieferte direkt in die zwei Kilometer entfernte Schule. Das sei damals einzigartig in Österreich gewesen, sagt Adele Fuchssteiner, die auch heute noch so wie damals liefert. Sie werde auch immer wieder von Schülerinnen und Schülern angesprochen, die schon erwachsen sind und von ihrem Schulkakao schwärmen, so Adele Fuchssteiner.

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Zwei Drittel der Landwirte in Eschenau sind Biobauern. Auch das ist ein Ausdruck dessen, dass sich Eschenau nicht nur die Etikette „Ökodorf“ anheftet, sondern das auch lebt. Bürgermeister Kaiser bestätigt das. Kurze Wege und Wertschöpfung im Ort, das sei bis heute geblieben. Die landschaftliche Idylle und die Nähe zur Landeshauptstadt St. Pölten ziehen immer mehr Menschen nach Eschenau - oft ohne zu wissen, was Öko-Pioniere hier seit 30 Jahren leisten.

Robert Salzer, noe.ORF.at

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