Das eigene Haus als Kraftwerk

Vor 40 Jahren hat sich Österreich in einer Volksabstimmung gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf entschieden. Seitdem hat sich die Energielandschaft verändert. Immer mehr Menschen machen das eigene Haus zum Kraftwerk.

Ulrike Bauer aus Bergland (Bezirk Melk) ist 41 Jahre alt, Lehrerin, dreifache Mutter - und Kraftwerksbetreiberin. „Wir haben vor sieben Jahren die Photovoltaikanlage auf unserem Dach installiert, damit wir unsere laufenden Stromkosten reduzieren können. Wir haben einen relativ hohen Strombedarf, weil wir eine fünfköpfige Familie sind. Es funktioniert relativ gut. Optimal ist, dass wir damit die Umwelt unterstützen können“, sagt Bauer.

Zwentendorf ebnet Weg für die Erneuerbaren

So wie Familie Bauer haben 33.800 Haushalte in Niederösterreich mittlerweile mithilfe von Photovoltaikmodulen ihr eigenes Haus zum kleinen Kraftwerk gemacht. Die Energielandschaft in Niederösterreich ist nach dem Nein der Österreicher zur Kernenergie und damit zur Inbetriebnahme des bereits gebauten Atomkraftwerks Zwentendorf (Bezirk Tulln) und dem erfolgreichen Widerstand gegen ein großes Wasserkraftwerk in Hainburg an der Donau (Bezirk Bruck an der Leitha) im Wandel.

„In den 80er-Jahren wurde ein Großteil des Stroms in großen Kraftwerken erzeugt: in Wasserkraftwerken, Gas- oder Kohlekraftwerken. Heute haben wir ein ganz anderes Bild. Die erneuerbaren Energien haben sich in den letzten 20 Jahren massiv durchgesetzt. Es stammt heute ein Drittel des Stroms in Niederösterreich aus Windrädern, das ist Strom für 940.000 Haushalte.“

Erneuerbare lösen Fossile ab

Neue Zahlen der Energie- und Umweltagentur des Landes belegen den Wandel in der Energielandschaft: Demnach wurden in den 80er- und 90er-Jahren noch verstärkt fossile Kraftwerke ausgebaut, seit der Jahrhundertwende sind die erneuerbaren Energien - Biomasse, Photovoltaik und vor allem Windkraft - im Vormarsch.

Haus Photovoltaik

Energie- und Umweltagentur Niederösterreich

Trendwende in der Energielandschaft: Seit dem Jahr 2000 wird massiv in erneuerbare Energien investiert

Das eigene Kraftwerk am Fluss

Auch mit Kleinwasserkraftwerken werden Privatpersonen zu Kraftwerksbetreibern, wobei es im Fall von Johann Taubinger ein anfangs oft belächeltes Unterfangen war. Der damalige Jungunternehmer baute ein Kraftwerk an der Erlauf, um seine Mühle in Plaika in der Gemeinde Bergland mit Strom zu versorgen. Baubeginn war kurz vor der Volksabstimmung, die gegen das AKW Zwentendorf ausging.

„Die Anrainer und Nachbar haben alle gesagt: ’Der spinnt ein bisschen, der baut ein Wasserkraftwerk, während Zwentendorf in Betrieb geht“, erinnert sich Taubinger. Die riskante Investition von damals 20 Millionen Schilling zahlte sich aber aus. Zwentendorf ging nie in Betrieb, das Kleinwasserkraftwerk in Plaika schon und versorgt heute 1.500 Haushalte mit Strom.

„Neubauten fast nicht mehr möglich“

Wer den Einstieg in die Wasserkraft schaffen möchte, bewegt sich allerdings in unsicheren Gewässern. „Der Betrieb ist nicht das Schwierigste, aber man ist mit Auflagen und Revitalisierungen konfrontiert“, sagt Hannes Taubinger, Geschäftsführer der Kittelmühle in Plaika und Landessprecher des Vereins Wasserkraft Österreich. „Insbesondere bei Neubauten gibt es eine erhebliche Zahl von Auflagen. Neubauten an komplett neuen Standorten sind in Niederösterreich fast nicht mehr möglich oder so unwirtschaftlich, dass es auch noch keiner probiert hat“, so Taubinger.