Kronprinz Rudolfs Kammerdiener packt aus

Die Aufzeichnungen von Johann Loschek, dem Kammerdiener Kronprinz Rudolfs, werden erstmals im Karmel Mayerling (Bezirk Baden) der Öffentlichkeit gezeigt. Sie stützen die Theorie von Mord und Suizid durch den Thronfolger.

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„NÖ heute“, 21.11.2018

Was geschah in jener Nacht vom 29. auf den 30. Jänner 1889 wirklich im kaiserlichen Jagdschloss zu Mayerling? 83-jährig diktierte Loschek, der damalige Kammerdiener und enge Vertraute des Thronfolgers, kurz vor seinem Tod seine Sicht der Ereignisse in jener Nacht seinem Sohn. Dieses achtseitige Schriftstück ist nun in den Ausstellungsräumen der Gedenkstätte Mayerling zu sehen.

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Kammerdiener Johann Loschek, fotografiert ungefähr zur Zeit der Tragödie

Loschek schildert darin, dass er in den Morgenstunden des 30. Jänner 1889 zwei Schüsse gehört habe. „Er ruft durch die Tür in das Schlafzimmer hinein“, fasste der Historiker und Ausstellungskurator Hannes Etzlstorfer die ersten Minuten dieses Morgens aus den Überlieferungen des Kammerdieners zusammen, „dann holt er sich Graf Hoyos zu Hilfe. Dieser wollte mit Kronprinz Rudolf an diesem Tag auf die Jagd gehen. Graf Hoyos gibt dann den Befehl, die Tür aufbrechen zu lassen. Es ist aber eine dicke Eichentüre, und so muss diese Tür mit einer Hacke eingeschlagen werden.“

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„Die richtige Darstellung des Dramas von Mayerling“, Niederschrift von Loschek

Der Erste, der in das Schlafzimmer schaute, war aber nicht Hoyos, sondern Loschek. „Da schießt es dem Loschek ein, dass sie jetzt Farbe bekennen müssen. Der Kronprinz ist nicht allein in seinem Schlafzimmer, und es ist nicht seine Frau, sondern seine Kurzzeitgeliebte Mary Vetsera, die neben ihm liegt. Beide sind tot“, erzählte Etzlstorfer.

Historiker lässt kaum Zweifel zu

Diese Niederschrift des ersten Augenzeugen ist ein starker Beleg für den Suizid des Thronfolgers. An der Abfolge - zuerst der Mord an Mary Vetsera und danach der Suizid des Thronfolgers - gäbe es daher kaum Zweifel. Historiker und Ausstellungskurator Etzlstorfer ist sich da sehr sicher: „Daran ist kaum zu rütteln, da müssten jetzt schon ganz gravierend andere Dokumente und Archivalien auftauchen, um das zu widerlegen.“

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In der Ausstellung sind bisher unbekannte Porträts von Mary Vetsera zu sehen

Gerade die immense politische Dimension dieser Tragödie bewog Kaiser Franz Joseph dazu, Dokumente, Spuren und Zeugenaussagen zu unterdrücken. Das galt auch für das Stift Heiligenkreuz. „Dem damaligen Abt und allen anderen Personen, die mit diesem Fall betraut waren, wurde ein heiliger Eid abgenommen, dass sie nicht darüber sprechen oder schreiben dürfen“, erläuterte Gregor Henckel-Donnersmarck, Alt-Abt des Zisterzienserstifts Heiligenkreuz.

Das führte zu einer langjährigen Geheimniskrämerei: „Es hat sich ein Schleier über die Causa gelegt, und so ist der Fall bis heute faszinierend geblieben“, so Henckel-Donnersmarck. Das Jagdschloss stand einst im Besitz des Klosters.

Vetsera: „Bin glücklicher im Tod als im Leben“

Neben der originalen Niederschrift der Erinnerungen des Kammerdieners, welche die Erben der Familie Loschek an die Schwestern im Karmel Mayerling übergaben, werden auch neue und unbekannte Fotos von Vetsera sowie Briefe und ein Jagdbuch von Kronprinz Rudolf ausgestellt.

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Abschiedsbrief von Vetsera

Besonders bedrückend sind die Faksimiles der Abschiedsbriefe der beiden, die in Mayerling seit einigen Monaten gezeigt werden. So schrieb Vetsera in jener Nacht an ihre Mutter: „Verzeih mir, was ich gethan. Ich konnte der Liebe nicht wiederstehen. In Übereinstimmung mit Ihm will ich neben Ihm im Friedhof von Alland begraben sein. Ich bin glücklicher im Tod als im Leben. Deine Mary.“

Hannes Steindl, noe.ORF.at

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