Strafantrag gegen Bootsführer eingebracht

Nach dem Kentern eines Pionierbootes bei Hainburg (Bezirk Bruck/Leitha) hat die Staatsanwaltschaft Korneuburg einen Strafantrag wegen fahrlässiger Gemeingefährdung gegen den Bootsführer eingebracht.

Dem Bootsführer droht im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung gegen den Mann ermittelt, weil sich herausstellte, dass auch für die anderen Bootsinsassen Lebensgefahr bestanden hat, wird dem Bootsführer nun fahrlässige Gemeingefährdung angelastet, erklärte Friedrich Köhl, der Sprecher der Anklagebehörde, gegenüber noe.ORF.at. Die angelastete Körperverletzung werde von der fahrlässigen Gemeingefährdung konsumiert, hielt Köhl fest.

Bootsführer könnte Fahrfehler begangen haben

„Es besteht der Verdacht, dass der Bootsführer einen Fahrfehler begangen hat. Der Schluss, zu dem die Staatsanwaltschaft kommt, gründet einerseits auf dem Ergebnis, zu dem die Untersuchungskommission des Heeres gekommen ist, andererseits auf Zeugenaussagen und Fotos bzw. Videos, die der Behörde vorliegen“, so Köhl zu noe.ORF.at.

Die Bundesheerangehörigen wurden laut Köhl vom Bundesheer befragt, alle anderen Zeuginnen und Zivilpersonen von der Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Seitens des Heeres wurde ein an der Technischen Universität Graz tätiger allgemein gerichtlich beeideter Sachverständiger beigezogen, „wichtig für uns war, dass es ein externer Sachverständiger war“, betonte Köhl. Derzeit prüft eine Richterin, ob und wann es zu einer Verhandlung kommt. Die Staatsanwaltschaft beantragte die Einvernahme von 14 Zeugen, einerseits aus dem Bundesheer, andererseits Augenzeugen des Unfalls.

Formaljuristisch wird zwischen einer Anklage und einem Strafantrag unterschieden. Vereinfacht erklärt bringt die Staatsanwaltschaft Anklage beim Landesgericht als Geschworenen- oder Schöffengericht ein, beim Landesgericht als Einzelrichter und beim Bezirksgericht wird ein Strafantrag eingebracht. Die Unterscheidung ist in der Strafprozessordnung geregelt.

Unfall wäre zu verhindern gewesen

Der Unfall hatte sich am 1. September 2018 im Rahmen des Girls Camp ereignet, dabei handelt es sich um ein Schnupperwochenende des Bundesheeres. Das Pionierboot mit einem Unteroffizier als Steuermann war mit 13 Personen - acht Teilnehmerinnen an der Veranstaltung und fünf Soldaten - besetzt, als es kenterte. Zwei Frauen, die unter das Wasserfahrzeug geraten waren, wurden erst nach 39 bzw. 45 Minuten befreit. Die Teilnehmerinnen im Alter von 18 und 22 Jahren mussten reanimiert werden und wurden in Wiener Krankenhäuser geflogen. Über ihren Gesundheitszustand gab es zuletzt auf Wunsch der Angehörigen keine Informationen.

Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, das verunglückte Pionierboot wurde sichergestellt. Das Bundesheer setzte eine Untersuchungskommission ein. Diese kam zum Ergebnis, dass der Unfall zu verhindern gewesen wäre, wenn der Bootsführer nach dem Eintauchen des Bugs den Schub zurückgenommen hätte. Dann wäre der Bug wieder aufgetaucht, das Wasser am Heck abgeflossen bzw. durch die Lenzpumpen beseitigt worden.

Weil die Geschwindigkeit aber nicht reduziert wurde, schwappte die Bugwelle weiter ins Boot, hieß es bei der Präsentation des Berichts Ende November. Pro Sekunde drangen Hunderte Liter Wasser ein. Der Untersuchungsbericht wurde an die Staatsanwaltschaft Korneuburg übermittelt. Der beschuldigte Unteroffizier, Jahrgang 1985, versieht nach wie vor seinen Dienst beim Bundesheer.

Keine weiteren Ermittlungen zur Rettungsaktion

Nach dem Unfall im September hatte vieles darauf hingedeutet, dass das Bundesheer die Lage falsch eingeschätzt hat. Fotos, die dem ORF Niederösterreich zugespielt wurden, zeigen, dass offenbar länger nicht klar war, dass die beiden Frauen überhaupt vermisst waren. Diesen Vorwurf wies die Untersuchungskommission des Bundesheeres allerdings in ihrem Bericht Ende November zurück. Fest steht allerdings, dass den Notruf nicht das Bundesheer sondern ein Feuerwehrmann abgesetzt hat, der in der Nähe an einer Übung teilgenommen hatte.

Die Vorwürfe rund um die Rettungsaktion schlagen sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Korneuburg nicht im aktuellen Strafantrag gegen den Bootsführer nieder. Die Einsatzprotokolle von 144 Notruf Niederösterreich seien überprüft worden, sagte ein Sprecher. Daraus habe sich kein strafrechtliches Verschulden der Beteiligten ergeben. Daher werden derzeit keine weiteren Ermittlungen zum Ablauf der Rettungsaktion geführt - mehr dazu in Bootsunfall: Lage falsch eingeschätzt? (noe.ORF.at; 26.9.2018).

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