St. Pölten: 85 Jahre nach dem Bürgerkrieg
Im Februar 1934 kam es auch in St. Pölten zu blutigen Kämpfen auf den Straßen. So wurden etwa in einem Haus in der Herzogenburgerstraße 90 Mitglieder des Republikanischen Schutzbundes verhaftet. Kurz darauf wurden Anhaltelager eingerichtet und etwa 400 Menschen inhaftiert. Zwei davon, Viktor Rauchenberger und Johann Hoiss, wurden nach kurzem Prozess am 16. Februar 1934 gehenkt.
Stadtarchiv St. Pölten
„Es ging buchstäblich darum, die Erstbesten zu hängen, um ein abschreckendes Exempel zu statuieren. Hoiss und Rauchenberger haben sich dafür angeboten, weil sie in eine Auseinandersetzung involviert waren, in der ein Kommandant der Heimwehr ums Leben kam“, erläuterte der Historiker Florian Wenninger vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. „Man hat ihnen nicht nur den Tatbestand des Aufruhrs, sondern auch des Mordes vorgeworfen und sie ohne viel Federlesens erhängt.“
Hinrichtungen als Abschreckung
Bei der Gedenkveranstaltung am Dienstag wurden auch sehr persönliche Erinnerungen erzählt. „Einer meiner Großväter musste als Zeuge zu den Hinrichtungen in den Innenhof gehen. Das hat er ein ganzes Leben nicht verkraftet. Man hat damals ganz einfach Leute von der Straße geholt, die bei der Hinrichtung dabei sein mussten und das auch weitererzählen sollten, damit die Abschreckung funktioniert“, erzählte etwa St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ).
Stadtarchiv St. Pölten
Unmittelbar nach den blutigen Februartagen kam es in ganz Niederösterreich zu etwa 7.000 Verfahren und Anklagen durch das Regime Dollfuß, nachdem das Parlament 1933 ausgeschaltet wurde. Die Historiker gehen davon aus, dass in ganz Niederösterreich 15 Menschen bei den Kämpfen getötet wurden. Die Widerstandskämpfer waren kaum untereinander verbunden und organisiert. Das führte letzten Endes dazu, dass sie keine Chance hatten, mit ihrem Widerstand erfolgreich zu sein, erklärte Wenninger.
Otto Stangel, noe.ORF.at