Frauentag: Umstrittener Trend zu mehr Teilzeit

Immer mehr Frauen sind berufstätig - der Trend geht aber hin zu mehr Teilzeitbeschäftigung. Darauf weisen Expertinnen anlässlich des Weltfrauentages hin. Durch Teilzeit steigt das Armutsrisiko, vor allem in der Pension.

Die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen ist immer noch nicht erreicht - und das obwohl Frauen seit langem für ihre Rechte kämpfen. Bereits 1911 fand in Wien die erste große Demonstration für die Rechte der Frauen statt, 1918 wurde das Frauenwahlrecht eingeführt.

48 Prozent der Frauen arbeiten Teilzeit

Im Jahr 2019 sind viele Probleme vor allem am Arbeitsmarkt zu finden. Zwar gibt es einen Beschäftigungszuwachs bei Frauen, dieser entfällt häufig jedoch auf Teilzeitjobs. Die Teilzeitquote der Frauen erhöhte sich in den vergangenen Jahren von 29 Prozent im Jahr 1997 auf 41 Prozent im Jahr 2007 und knapp 48 Prozent im Jahr 2017. Das entspricht einem Anstieg von 19 Prozentpunkten. Bei Männern nahm die Teilzeitbeschäftigung langfristig ebenfalls zu, ist mit einem Anteil von zwölf Prozent im Jahr 2017 aber von vergleichsweise geringer Bedeutung.

Grafik Teilzeit Entwicklung Frauen Männer

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„Teilzeit ist eine wirkliche Gefahr“

„Selbstverständlich wirkt sich dieses weniger Verdienen - auch wenn es nur als eine Überbrückungzeit gedacht ist, wenn die Kinder klein sind - bis ins hohe Alter aus, bis hin zur Pension, wo dann auch eine Armutsfalle droht“, sagt Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle.

„Teilzeit ist eine wirkliche Gefahr“, sagt Autorin und Verfassungsjuristin Eva Rossmann, „Es ist wunderbar, wenn man kleine Kinder hat, und wenn es sich Frauen und Männer gleich aufteilen, sogar gescheit. Aber dann muss es ganz selbstverständlich sein, dass man wieder vollerwerbstätig ist, sowohl Männer als auch Frauen. Das würde heißen, dass beide weniger Stunden arbeiten und die Vollerwerbsarbeitszeit gesenkt wird.“ Rossmann war eine der Intiatorinnen des Frauenvolksbegehrens im Jahr 1997. Elf Punkte hatten sie damals gefordert, nur wenige wurden bis heute umgesetzt.

Lohnschere 2017 bei knapp 20 Prozent

Dass viele Frauen in Teilzeit arbeiten wirkt sich massiv auf das Einkommen aus. Die Lohnschere zwischen Mann und Frau ist zwar von 25,5 Prozent im Jahr 2007 auf 19,9 Prozent im Jahr 2017 zurückgegangen, liegt damit aber noch immer über dem EU-Schnitt von 16 Prozent. Es müsse ein Umdenken in den Köpfen stattfinden, sind sich die Expertinnen einig.

„Die Ursache an allem ist eigentlich immer im traditionellen Rollenbild zu suchen“, sagt Stainer-Hämmerle, „Aus dieser Erwartung, was haben Frauen zu erfüllen in einer Gesellschaft, was haben Männer für Aufgaben, resultieren alle Folgeprobleme.“ Christine Zulehner, Wirtschaftswissenschafterin an der Universität Wien, sieht das ähnlich: „Sehr viele Österreicher denken, dass Kinder unter sechs Jahren zu Hause betreut werden sollen, dass sie von der Mutter betreut werden sollen. Das heißt, Frauen - man ist natürlich diesen sozialen Normen unterworfen - werden sich dann eher für Teilzeit entscheiden, als Vollzeit in den Beruf zurückzukehren.“

Frau Büro Arbeitsplatz Computer Schreibtisch

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Teilzeitarbeit wirkt sich massiv auf das Einkommen und die Pension aus

„Man sollte ältere Frauen fragen, die erlebt haben, wie Rollenbilder dann auch auf sie zurückschlagen, wenn Beziehungen in die Brüche gehen, wenn sie plötzlich alleine sind in der Pension und eine Mini-Mini-Pension haben, weil sie ihr Lebtag schwer gearbeitet haben, aber nicht bezahlt gearbeitet haben“, so Rossmann.

Zwölf Prozent Bürgermeisterinnen

Dazu kommt, dass Frauen sich selbst auch mehr zutrauen müssen, fordern die Expertinnen. Dabei geht es etwa um Jobs im oberen Management. In der Politik schneidet Niederösterreich im Bundesländervergleich übrigens noch am besten ab: Zwölf Prozent der Bürgermeisterinnen sind Frauen, 24 Prozent der Gemeinderäte sind weiblich. Derzeit werden auch die Kinderbetreuungsangebote sukzessive ausgebaut. Pro Jahr investiert das Land dafür mehr als 200 Millionen Euro.

Doris Henninger und Katharina Sunk, noe.ORF.at