VwGH: Dritte Piste darf endgültig gebaut werden

Die dritte Piste auf dem Flughafen in Schwechat darf endgültig gebaut werden. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat die Bewilligung für den Bau bestätigt und Einsprüche von Bürgerinitiativen und Anrainern abgewiesen.

Das Verfahren rund um die dritte Piste zieht sich seit Jahren. Jetzt ist die Umweltverträglichkeitsprüfung letztinstanzlich abgeschlossen und die entsprechende Genehmigung erteilt. Der VwGH gab am Montag nämlich bekannt, dass die Einsprüche von Bürgerinitiativen und Anrainern abgelehnt wurden und die Bewilligung für den Bau damit bestätigt wurde.

Ofner: „Mehrere Jahre, bis wir tatsächlich starten“

Flughafen-Vorstandsdirektor Günther Ofner zeigte sich in einer ersten Reaktion im Gespräch mit noe.ORF.at erfreut, „weil damit ein sehr, sehr langes, kostspieliges und kompliziertes Verfahren zu einem guten Ende gekommen ist“, wie er sagte. „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine endgültige und unanfechtbare, und damit besteht für dieses Projekt gottlob Rechtssicherheit. Weitere Rechtsmittel sind dagegen nicht mehr möglich“, betonte Ofner.

Günther Ofner Flughafen Vorstand

APA/Helmut Fohringer

Flughafen-Vorstandsdirektor Günther Ofner

Auf die Frage, wann mit dem Bau der dritten Piste nun begonnen werde könne, sagte Ofner, dass es für eine Prognose noch zu früh sei. „Wir rechnen damit, dass es mehrere Jahre dauern wird, bis wir tatsächlich starten können. Das hängt einerseits damit zusammen, dass wir jetzt die Ergebnisse des Verfahrens mit dem ursprünglichen Projekt in Einklang bringen müssen und dass natürlich auf der anderen Seite eine ganze Reihe von Vorbereitungsarbeiten notwendig ist.“ Vor 2030 werde es aber jedenfalls keine dritte Piste geben, sagte Ofner: „Das kann man mit relativer Sicherheit sagen, weil eben die Vorarbeiten, die noch zu leisten sind, aufwändig sind und viel Zeit in Anspruch nehmen.“

Die finanziellen Verluste, die für den Flughafen durch das lange Verfahren entstanden seien, beziffert Ofner mit etwa 40 Millionen Euro. „Man hätte das Ganze sicher deutlich billiger machen können“, sagte Ofner, der gleichzeitig das neue Standortentwicklungsgesetz, das vor Kurzem im Parlament beschlossen wurde, begrüßt. Für den Flughafen sei die dritte Piste jedenfalls „sehr, sehr wichtig“, so Ofner. Im Moment bemerke man ein „sehr stürmisches Wachstum mit wahrscheinlich mehr als 30 Millionen Passagieren im heurigen Jahr“. „Wenn dieser Trend anhält, wird es etwa um 2025 herum relativ eng werden, und dann wird ein zusätzliches Wachstum nur möglich sein, wenn entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht“, so Ofner.

Jahrelanges Verfahren kommt zu einem Ende

Im Februar 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Antrag zur Errichtung und zum Betrieb einer dritten Piste auf dem Flughafen Schwechat zunächst abgewiesen. Die Entscheidung wurde damals mit der erhöhten CO2-Belastung begründet - mehr dazu in Flughafen: Dritte Piste darf nicht gebaut werden (noe.ORF.at; 9.2.2017). Nur vier Monate später hob der Verfassungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) gegen den Bau der dritten Piste auf - mehr dazu in Dritte Piste: Entscheid gegen Bau aufgehoben (noe.ORF.at; 29.6.2017).

Im März 2018 gab das BVwG daraufhin doch grünes Licht für den Bau und bestätigte die von der niederösterreichischen Landesregierung erteilte Genehmigung - mehr dazu in Schwechat: Grünes Licht für dritte Piste (noe.ORF.at; 28.3.2018). Dagegen erhoben wiederum mehrere Wiener Bürgerinitiativen sowie einige Anrainer des Flughafens im Mai bzw. November 2018 Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof. Diese wurden nun abgewiesen.

Lineargrafik über die Anzahl der Flugbewegungen sowie Passagiere auf dem Flughafen Wien

Grafik: ORF.at; Quelle: APA/flughafen Wien

Die Umweltverträglichkeitsprüfung für die dritte Piste ist nun letztinstanzlich abgeschlossen

Der Entscheid des VwGH im Detail

„Hauptthema des Verfahrens war der von den revisionswerbenden Bürgerinitiativen und Anrainern befürchtete zusätzliche Fluglärm, der bei Inbetriebnahme einer dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat zu erwarten sei, und zwar insbesondere bei Landeanflügen über das Wiener Stadtgebiet“, teilte der VwGH am Montag in einer Aussendung mit. Dabei stellte er aber klar, dass „die dritte Piste nach dem Genehmigungsantrag des Wiener Flughafens nicht für Landungen vorgesehen ist, die bei Normalbetrieb über das Wiener Stadtgebiet führen“. Die nun erteilte Genehmigung decke deshalb „eine solche Benützung der Piste auch nicht ab, was die Austro Control GmbH bei der künftigen Festlegung der Anflugrouten auf die dritte Piste wird beachten müssen“, heißt es.

Problematisiert wurde laut VwGH bei dem Verfahren auch, ob „der Bau der dritten Piste zur Vermeidung des Klimawandels untersagt werden müsste“. Dahingehend wurde festgehalten, dass es zu kurz greife, „einem Flughafen unter Hinweis auf den fortschreitenden globalen Klimawandel die Genehmigung zum Bau einer (weiteren) Piste zu verweigern, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen im Flugverkehr insgesamt unverändert bleibt“. Zur Kritik, dass die Richter des Bundesverwaltungsgerichts nach ihrer ersten Entscheidung vom Februar 2017 und der darauf folgenden Kritik nicht mehr unbefangen seien, merkte der VwGH an, dass „von Richtern auch in solchen Situationen zu erwarten ist, dass sie sich sachlich, objektiv und unparteilich verhalten. Dass ein solches Verhalten in diesem Fall nicht vorgelegen sei, haben die Revisionen nicht aufgezeigt und ist auch nicht zu erkennen.“

Mikl-Leitner: „Guter und wichtiger Tag“

Als „guten und wichtigen Tag“ bezeichnete Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einer ersten Reaktion die Entscheidung des VwGH. „Diese endgültige Entscheidung fördert zusätzliche Beschäftigung und stärkt den Wirtschaftsstandort im gesamten Bundesgebiet - ganz besonders bei uns in Niederösterreich“, so Mikl-Leitner. Mit dem neuen Standortentwicklungsgesetz sei zudem sichergestellt, „dass es bei wichtigen Projekten nicht mehr zu derart langen Verzögerungen kommen kann, ohne dass wichtige Umweltauflagen weiterhin eingehalten werden müssen“.

Hofer: „Entscheidung bringt Wachstum“

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) zeigte sich erleichtert. „Dieses Urteil garantiert die Fortsetzung der positiven Entwicklung des Flughafens und bringt den umliegenden Regionen in Wien und Niederösterreich Wachstum und Arbeitsplätze“, so Hofer. Die Errichtung der dritten Piste sei in Anbetracht steigender Passagierzahlen notwendig.

Als „höchst erfreulich für Niederösterreich und den gesamten Wirtschaftsstandort Österreich" bezeichnete Sonja Zwazl, die Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich, die Entscheidung des VwGH. „Ein starker und zukunftsorientierter Wirtschaftsstandort" brauche auch einen „entsprechend leistungsfähigen und zukunftsorientierten Flughafen“, so Zwazl.

Landtagsabgeordneter und Verkehrssprecher der SPÖ Niederösterreich, Gerhard Razborcan, begrüßte die Bestätigung der Genehmigung der dritten Piste durch den VwGH. Es sei eine Entscheidung für die Entstehung von Arbeitsplätzen und den Wirtschaftsstandort Niederösterreich, so Razborcan.

Grüne und WWF kritisieren VwGH-Entscheidung

Kritik kommt von den Grünen: „Eine dritte Piste in Zeiten der Klimakatastrophe zu bauen, ist ein Affront gegen die jungen Menschen und gegen deren Zukunft“, so Landessprecherin Helga Krismer. Die Ausbaupläne des Flughafens würden laut Krismer den Klimazielen widersprechen: „Mehr Flugverkehr verträgt die Region nicht und die CO2-Emissionen fliegen uns um die Ohren.“

Vom Dialogforum Flughafen Wien heißt es, man nehme die Entscheidung des VwGH zur Kenntnis: „Wir werden uns nun neben den laufenden Evaluierungsarbeiten darauf konzentrieren, weitere Maßnahmen gegen die Flugverkehrsbelastungen zu entwickeln, verhandeln und umzusetzen, die geeignet sind, die Belastungen eines Drei-Pisten-Systems so gering wie möglich zu halten“, so Obmann Leopold Winkler.

Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich sieht in einer dritten Flughafen-Piste „einen teuren Irrweg“. Mehr Flugverkehr werde „Österreichs CO2-Bilanz weiter verschlechtern und die Abhängigkeit von fossilen Energien erhöhen. Aufwand und Kosten zur Bekämpfung der Klimakrise werden dadurch steigen“, sagte Sprecher Karl Schellmann. Er fordert stattdessen „attraktivere und verbesserte Bahnangebote in die Nachbarstaaten“.