Medienkaiser Maximilian in Klosterneuburg

Mediale Selbstinszenierung und Nachrichtenkontrolle sind keine neuen Phänomene. Das zeigt die neue Jahresausstellung „Des Kaisers neuer Heiliger“ im Stift Klosterneuburg anhand von Kaiser Maximilian dem Ersten.

Kaiser Maximilian der Erste war ein Meister politischer Kommunikation. Wofür er einen Hofnachrichtenstab beschäftigte, sind heute politische PR-Abteilungen zuständig. Zu Maximilians Zeiten konnte zwar von Zeitungen und sozialen Medien noch keine Rede sein. Doch Maximilian war schon damals außergewöhnlich geschickt darin, sich über verschiedene mediale Kanäle zu inszenieren, sagt Martin Haltrich, der Ausstellungskurator der Jahresausstellung „Des Kaisers neuer Heiliger“, die am Montagabend eröffnet wurde.

Message Control damals wie heute

„Zeit seines Lebens war Maximilian darum bemüht, ein positiv beeinflusstes Bild von sich selbst über möglichst viele Medienkanäle zu verbreiten“, sagt Haltrich - etwa über Bücher, Handschriften, Bildwerke, Monumentalwerke und Münzen. Der damals aufkommende Buchdruck sorgte für heftige gesellschaftliche Diskussionen und Konflikte - ähnlich wie das Internet und Social Media heute für Debatten und Aufregung sorge, sagt Haltrich.

„Des Kaisers neuer Heiliger“

Die Ausstellung im Stift Klosterneuburg zeigt zahlreiche überlieferte Medienwerke von Maximilian und Leopold.

Die mediale Geschichte wiederholt sich

Die Ausstellung zieht Parallelen zwischen dem späten Mittelalter und dem 21. Jahrhundert. „Heute wie damals kann man von einem Medienwandel sprechen: Im späten Mittelalter war es der Buchdruck, heute das Internet“, sagt Haltrich. Der große Unterscheid liege aber darin, dass es früher wenigen bedeutenden Menschen vorbehalten war, eine große Öffentlichkeit zu erzeugen und sich medial zu präsentieren. „In sozialen Medien heute kann sich grundsätzlich jeder Mensch inszenieren“, sagt er. Das wolle man auch dem Publikum mit auf den Weg durch die Ausstellung geben, „denn im Gegensatz zum Mittelalter hat heute das Publikum Übung in der Selbstinszenierung“, so Haltrich.

Parallelen zur Gegenwart betonte auch Matthias Horx, Publizist und Trendforscher, bei der Ausstellungseröffnung. Den historischen Relikten der Ausstellung würden die medialen Wege gegenüberstehen, die die zum Teil recht unterschiedlichen Wahrheiten über die Zeit genommen hätten. Daher sei „Des Kaisers neuer Heiliger“ im Stift Klosterneuburg auch eine Medienausstellung geworden, sagte Horx. „Ich beobachte eine Art neuer Renaissance der Medienwelt. Auch heute geht es um Deutungs- und Bedeutungskriege von Wahrheit und Authentizität“, so Horx.

Auch Landespatron Leopold im Zentrum

Auch der Heilige Leopold, der Landespatron von Niederösterreich, wurde über Jahrhunderte hinweg immer wieder neu inszeniert und nicht zuletzt von Maximilian benutzt, um den Habsburgern Aufmerksamkeit zu sichern. Es war Maximilians Besuch im Stift Klosterneuburg 1506, der ihn auf die vielfachen medialen Überlieferungen von Leopold aufmerksam gemacht hatte.

Sie schienen Maximilian bestens geeignet, um sie in seine eigenen autobiografischen Werke aufzunehmen und diese mit dem damals schon über die Grenzen hinweg bekannten Leopold aufzubessern. Der aufkommende Buchdruck stellte Maximilian neue Möglichkeiten zur Verfügung, Leopold in seinen eigenen Werken in Szene setzen zu können.

26.03.19 Stift Klosterneuburg Jahresausstellung Kaiser Maximilian Leopold Medien

ORF/ Berger

Die Originalurkunde der Heiligsprechung von Leopold aus dem Jahr 1485

So zeigt auch eine ganze Ausstellungsebene die unterschiedlichen überlieferten Medien über Leopold - etwa die Originalurkunde seiner Heiligsprechung aus dem Jahr 1485. „Wir wollten das alte und vielleicht etwas verstaubte Bild des bärtigen Leopolds überarbeiten und zeitgemäß aufbereiten. Schließlich muss jede Generation die Geschichte neu recherchieren und erzählen“, so Kurator Haltrich.

Außergewöhnliche Archivschätze zu sehen

Bernhard Backovsky, Propst des Stiftes Klosterneuburg, betonte die Verantwortung von kirchlichen Archiven für die Aufbereitung von Geschichte: „Diese Raritäten und Antiquitäten gehören ans Licht geholt, entstaubt und zu neuem Glanz gebracht - so wie in dieser Ausstellung“.

„Des Kaisers neuer Heiliger“ sei eine weitere Ausstellung, die die Bedeutung des niederösterreichischen Landespatrons ins Zentrum des Interesses stelle, sagte Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister bei der Eröffnung. „In Klosterneuburg gelingt es immer wieder, neue Bezüge zu Leopold herzustellen; ohne etwas zu konstruieren“, so die Landesrätin.

Ausstellung zwischen Antiquitäten und Handy-App

Die Ausstellung verbindet Antiquitäten und Relikte mit multimedialen Stationen und einer eigenen App, die Besucherinnen und Besucher durch die Stiftsräume begleitet. Bei multimedialen Stationen lassen sich Stammbäume zerlegen und neu zusammensetzen, man kann Quizze spielen oder in der App in die Rolle eines Menschen zu Zeiten von Kaiser Maximilian schlüpfen.

Drei mögliche Perspektiven und Erzählstränge führen vor Augen, dass Geschichte oft eine Frage der Perspektive ist. „Des Kaisers neuer Heiliger“ versteht sich somit als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Die Ausstellung ist noch bis zum 17. November zu sehen.

Veronika Berger, noe.ORF.at

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