740 Flüchtlinge sollen Landesquartiere verlassen

Ein Brief der Koordinationsstelle für Ausländerfragen, die Integrationslandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) unterstellt ist, an subsidiär Schutzberechtigte sorgt für Aufregung. Sie werden aufgefordert, die Landesquartiere zu verlassen.

Bis 20. Juni sind subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge, denen im Heimatland Gefahr droht und die deshalb vorläufig Asyl bekamen, aufgefordert, ihr Quartier zu verlassen und sich eine private Wohnung zu suchen. Andernfalls wird ihnen die Grundversorgung gestrichen. Das steht in dem Brief, der Ende März an 740 Betroffene verschickt wurde. Die Quartierbetreiber werden laut einem Bericht des „Standard“ darauf hingewiesen, dass ab diesem Datum keine Leistungen mehr mit der Koordinationsstelle abgerechnet werden dürfen.

Begründung: „Eigenständiges Leben“ fördern

Im Büro von Waldhäusl bestätigte man den Brief, es werde aber niemand vor die Tür gesetzt, sagte eine Sprecherin. Solche Briefe würden seit zehn Jahren unregelmäßig verschickt, zum ersten Mal, wenn der Status zuerkannt wird, danach anlassbezogen. Das Ziel sei, die Betroffenen „zu einem eigenständigen Leben und mehr Selbsterhaltungsfähigkeit“ zu ermutigen. Immerhin haben subsidiär Schutzberechtigte freien Zugang zum Arbeitsmarkt.

Laut der Sprecherin sei das auch ein Schritt zur Integration, das Datum (20. Juni) sei ein Richtwert. Falls jemand keine Wohnung findet, werde er „selbstverständlich“ weiter in Landesquartieren versorgt. Flüchtlinge, die in privaten Quartieren Probleme haben, könnten auch jederzeit in Landesunterkünfte zurückkehren: „Es wird niemand im Stich gelassen“, heißt es. Verwiesen wurde am Freitag zudem darauf, dass 40 Prozent der 740 subsidiär Schutzberechtigten in Niederösterreich bereits in privaten Quartieren seien. Es gehe noch um 60 Prozent der genannten Gesamtzahl.

Im Gegensatz zur kompletten Rund-um-Versorgung, wie sie in Landesquartieren der Fall ist, bekommen Einzelpersonen für private Quartiere pro Monat einen Mietzuschuss von 150 Euro sowie 215 Euro Verpflegungsgeld. Familien erhalten 300 Euro Mietzuschuss sowie 100 Euro Verpflegungsgeld für jeden Minderjährigen.

Kritik von Grünen und SPÖ

Laut Sylvia Moser, Landtagsabgeordnete der Grünen, ist es unmöglich, damit auf dem freien Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden. Sie warnte vor einer existenziellen Gefährdung: „Es besteht die Gefahr, dass die Betroffenen in die Obdachlosigkeit bzw. Illegalität gedrängt werden.“ Kritik kam am Freitag auch von der SPÖ. „Auf der einen Seite wird tagein, tagaus damit argumentiert, dass man den Flüchtlingen mehr Sach- und weniger Geldleistungen bieten möchte, und nun geht man den genau umgekehrten Weg, der noch dazu Zusatzkosten für das niederösterreichische Budget verursachen wird“, kritisierte SPÖ Niederösterreich-Integrationssprecherin Landtagsabgeordnete Kathrin Schindele.

Stefan Sailer, noe.ORF.at

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