„Tennis-Exot“ Rodionov noch lange nicht am Ziel

Geboren wurde er in Deutschland, die Eltern kamen aus Weißrussland, Tennis spielen lernte er in Deutsch Wagram (Bezirk Gänserndorf): Jurij Rodionov hat eine bewegte Vergangenheit hinter und eine große Zukunft vor sich.

Während Tennis-Österreich Woche für Woche auf die Auftritte von Dominic Thiem bei den großen Turnieren blickt, arbeitet in der „zweiten Reihe“ ein 19-jähriger Mann aus Matzen (Bezirk Gänserndorf) an seiner Karriere. Jurij Rodionov ist als Nummer 195 der Welt mittlerweile der viertbeste Tennisspieler in Österreich hinter Thiem, Dennis Novak und Sebastian Ofner.

Jurij Rodionov

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Jurij Rodionov ist derzeit die Nummer 195 der Welt und damit der viertbeste Österreicher

Seinen Weg in die Weltspitze sieht er bescheiden: „Ich bin ein Spieler, der noch längst nicht alles perfekt kann. Aber ich bin auch einer, der keine großen Schwächen hat. Meine Trainer sehen noch viel Potenzial, und das sollte bei einem 19-Jährigen ja auch so sein“, ordnet Rodionov seine Leistungen ein.

„Fühle mich als echter Österreicher“

Seit seinem dritten Lebensjahr wohnt Jurij mit seinen Eltern in Matzen. Weißrussland und Deutschland zählen zu seinen Wurzeln, in seinem Kopf ist aber immer Österreich sein Heimatland. „Ich bin in Nürnberg geboren. Mit drei Jahren sind wir nach Österreich gekommen, weil mein Vater hier beruflich tätig ist. In Weißrussland haben wir zwar Verwandte, aber ich war zuletzt vor fünf Jahren dort. Österreich ist meine Heimat. Ich bin stolz, für dieses Land spielen zu dürfen“, erklärt Rodionov, der seit vier Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

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Rodionov durfte schon erste Erfahrungen auf der ATP-Tour sammeln

Deshalb war die Premiere im Daviscup-Team im vergangenen Winter etwas Besonderes. „Nachdem Dominic Thiem abgesagt hat, wurde ich als Ersatzmann eingeladen und durfte gegen Chile gleich zweimal im Einzel spielen. Es war eine großartige Erfahrung, auch wenn ich die beiden Partien verloren habe.“ Weitere Einsätze dürften aber nur eine Frage der Zeit sein, denn Jurij stellte seine Klasse bereits im Vorjahr mit einem Turniersieg auf der Challenger-Tour und vor zwei Jahren mit dem Erreichen des Junioren-Doppel-Finales in Wimbledon unter Beweis.

Einsätze auf der ATP-Tour als nächstes Ziel

Neben der Verbesserung unter die Top 100 der Welt möchte Rodionov bis zum Jahresende auch mehr Einsätze auf der ATP-Tour bekommen. Derzeit ist er hauptsächlich eine Ebene darunter auf der Challenger-Tour im Einsatz. „Mit meiner Platzierung in der Weltrangliste reicht es noch nicht für die ganz großen Turniere. Da muss ich hoffen, an der Qualifikation für den Hauptbewerb teilnehmen zu können. Aber ich bin zuversichtlich, dass es heuer weiter aufwärts geht.“

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Rodionov feierte bereits einen Turniersieg auf der Challenger-Tour und ist Mitglied des österreichischen Daviscup-Teams

Seine Eltern werden Jurij Rodionov auf diesem Weg weiter unterstützen. „Ich genieße die wenigen Tage in der Heimat sehr und bin froh, wenn ich mich daheim zurückziehen kann. Mein Vater unterstützt mich finanziell, und meine Mutter ist ohnehin immer dabei“, lacht Rodionov. Das bestätigt Galina Rodionova sofort: „Jurij war als Kind täglich mehrere Stunden auf dem Platz, ich habe ihn immer hingebracht. Die anderen Mütter haben schon gesagt, ich soll mir eine Couch neben dem Platz aufstellen, weil ich nur hier sein muss“, lacht die Mutter des 19-Jährigen.

Mittlerweile gibt es aber nicht nur private Förderer. Jurij bekommt vom Österreichischen Tennisverband und der Sporthilfe finanzielle Unterstützung und als Heeressportler auch vom Österreichischen Bundesheer. Das soll ihm den Weg nach ganz oben erleichtern. Bei aller Zielstrebigkeit vergisst Rodionov aber nicht auf seine Bescheidenheit: „Mein Traum ist natürlich der Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier und vor allem ein Triumph bei einem Heimturnier in Wien oder Kitzbühel. Am wichtigsten ist aber, dass ich als Tennisspieler mein Geld verdienen und mein Hobby zu meinem Beruf machen kann. Dafür muss man jeden Tag dankbar sein."

Klaus Fischer, noe.ORF.at

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