Haus der Zeitgeschichte eröffnet in Gmünd

Das Haus der Gmünder Zeitgeschichte wird in der ehemaligen Auskunftstelle des Gmünder Flüchtlingslagers am Samstag offiziell eröffnet. Das Museum will die wechselvolle Geschichte der Bezirkshauptstadt aufarbeiten.

Das Haus der Gmünder Zeitgeschichte gibt einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts in Gmünd und der benachbarten Stadt České Velenice (Tschechien) und geht dabei auch auf die Auswirkungen der nationalen und internationalen Geschichte auf die Region ein, heißt es auf der Website des Museums.

Zur Vorgeschichte von Gmünd: Mit der Erbauung der Franz-Josefs-Bahn von Wien nach Prag im 19. Jahrhundert rückte die kleine Stadt mit ihrem Bahnknotenpunkt in die Mitte Europas. Um den mehr als zwei Kilometer außerhalb des Stadtzentrums angesiedelten Bahnhof zu erreichen, erhielt Gmünd den ersten Oberleitungsbus (O-Bus) Österreichs.

In der Folge bekam die Stadt zahlreiche weltgeschichtlich bedeutende Entwicklungen unmittelbar zu spüren. Das neue Haus der Gmünder Zeitgeschichte will diese Entwicklungen aufzeigen, vergisst dabei aber auch nicht darauf, einige persönliche Schicksale exemplarisch darzustellen. Harald Winkler, Stadtarchivar und Ausstellungskurator, erzählt gegenüber noe.ORF.at: „Man kann hier in Gmünd Europa wirklich spüren - zum einen die europäische Geschichte, aber auch die Zukunft. Der Blick auf eine europäische, gemeinschaftliche Zukunft ist hier in Gmünd und České Velenice wirklich möglich.“

Ausstellung zeigt historische Dokumente

So beschäftigt sich die Ausstellung mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Damals setzten sich große Flüchtlingsströme in Bewegung. Die Lage an der Franz-Josefs-Bahn war wohl auch einer der Gründe für die Einrichtung eins Flüchtlingslagers in Gmünd zur Zeit der Habsburgermonarchie.

Etwa 200.000 Vertriebene - vorwiegend Frauen, Kinder und alte Menschen - wurden hier im Lauf der Zeit untergebracht. Rund 30.000 starben unter den verheerenden Bedingungen in Gmünd. Das traurige und hoffnungslose Gedicht einer Mutter ist nur eines der historischen Dokumente, die in der Ausstellung gezeigt werden.

Gmünd wurde entlang der Lainsitz geteilt

Wenige Jahre später, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, wurde die Stadt Gmünd entlang der Lainsitz geteilt, mehrere Vororte und auch der große Bahnhof mussten an die Tschechoslowakei abgetreten werden. Den regen Austausch, der damals noch entlang der Grenze herrschte, belegt etwa ein Zeugnis eines Schülers aus der Zeit, der sowohl in Deutsch als auch im Unterrichtsgegenstand Tschechisch die Note „Sehr gut“ erhielt.

Im Zweiten Weltkrieg kam es im Raum Gmünd zu einem verheerenden Bombenangriff, auch etwa 500 Juden wurden hier ermordet - auch diesem dunklen Kapitel widmet sich das Haus der Gmünder Zeitgeschichte. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kam es mit der Machtübernahme der Kommunisten zum Bau des Eisernen Vorhangs. Es war eine Phase, die die Entwicklung der jetzigen Grenzstadt entscheidend geprägt hat. Das Haus der Gmünder Zeitgeschichte erzählt in diesem Kontext exemplarisch die Geschichte von František Faktor, der als letzter Flüchtling über die Grenze von tschechoslowakischen Soldaten auf österreichischem Boden erschossen wurde.

Region wächst durch Grenzöffnung zusammen

In einem letzten Abschnitt widmet sich das Gmünder Haus der Zeitgeschichte der Zukunft. 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wächst die Region langsam, aber sicher zusammen. „Die vergangenen 30 Jahre waren sehr positive Jahre. Man kann sagen, dass jedes Jahr ein weiterer Schritt auf einander zu gemacht wurde. Ich glaube, dass man die Chancen, Möglichkeiten und Vorteile durch diese Grenzöffnung hier sehr deutlich spürt und auch sehr dankbar dafür ist“, so der Ausstellungskurator.

So werden unter anderem an der örtlichen Handelsakademie heute wieder Schülerinnen und Schüler aus Tschechien unterrichtet. Außerdem soll in wenigen Tagen mit dem Bau eines europaweit einzigartigen grenzüberschreitenden Gesundheitszentrums begonnen werden, das Patientinnen und Patienten von beiden Seiten der Grenze offen steht.

Ursula Köhler, noe.ORF.at

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