Wem gehört diese Weltkriegsbeute?

Das Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich ist in den Besitz einer im Zweiten Weltkrieg gestohlenen Kette gekommen. Jetzt wird nach jener Familie gesucht, der die Kette im Jahr 1945 entwendet worden war.

Die Geschichte der Kette nahm im Jahr 1945 ihren Anfang, als Stan Muczynsky, ein Angehöriger der amerikanischen Luftwaffe, den Abschuss seines B24-Bombers überlebte und in Krems-Gneixendorf in österreichische Kriegsgefangenschaft geriet. Kurz vor seiner Rückreise in die USA raubte er auf einem Bauernhof eine als „Chariwari“ bezeichnete Schmuckkette.

22.05.19 Chariwari-Kette Suche Besitzer Zweiter Weltkrieg

Whitehall Photography

Eine Abbildung des ehemaligen Kriegssoldaten Stan Muczynsky sowie die Chariwari-Kette, die knapp 70 Jahre lang in seinem Besitz war

Ein gestohlenes „Souvenir“ aus Österreich

„Unter den Soldaten war es zu dieser Zeit nicht unüblich, einen wertvollen Gegenstand aus Österreich mitzunehmen“, erklärt Christian Rapp, der wissenschaftliche Leiter des Hauses der Geschichte im Museum Niederösterreich, in dem die Kette derzeit aufbewahrt wird. „Die Soldaten bezeichneten diese entwendeten Stücke als Souvenirs, die sie mit nach Hause nahmen.“

Muczynsky hatte sich das Schmuckstück der Überlieferung zufolge auf einem Bauernhof in der Nähe von Braunau angeeignet, nachdem er die dort lebende Familie bedroht hatte, um die Herausgabe von Wertsachen zu fordern.

Schlechtes Gewissen bis zum Sterbebett

Knapp 70 Jahre später war es Muczysky selbst, der in hohem Alter ein neues Kapitel in der Geschichte um die gestohlene Kette aufschlug. Sein schlechtes Gewissen hatte ihm Zeit seines Lebens zu schaffen gemacht und meldete sich erneut an seinem Sterbebett. In seinen letzten Lebenstagen sprach der Mathematiker und spätere Schuldirektor Muczynsky darüber, wie die Kette in seinen Besitz gekommen war und vertraute sich seinem Schwiegersohn Richard Smith an.

22.05.19 Chariwari-Kette Suche Besitzer Zweiter Weltkrieg

Museum Niederösterreich

Die Chariwari-Kette zeigt ein kleines Geweihstück und eine Silbermünze

„In diesem Gespräch bat er seinen Schwiegersohn auch darum, seine Kriegsbeute an die Familie zurückzugeben oder zumindest nach Österreich zurückzuführen. Sein Leben lang hatte er sich geniert, die Kette gestohlen zu haben“, erzählt Rapp.

Kette derzeit im Museum Niederösterreich

70 Jahre nach ihrer Entwendung übergab der Schwiegersohn schließlich die Kette dem österreichischen Honorarkonsul in St. Louis, von wo aus sie sich auf den Weg zurück nach Österreich ins Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich machte. Seither sucht das Museum gemeinsam mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung nach der ursprünglichen Familie.

22.05.19 Chariwari-Kette Suche Besitzer Zweiter Weltkrieg

Whitehall Photography

Der Schwiegersohn von Stan Muczynsky (re.) bei der Übergabe der Kette an den amerikanischen Justin Ungerboeck

Hinweise und Rückfragen zu der Chariwari-Kette sind beim Museum Niederösterreich möglich: 02742/908090 bzw. info@museumnoe.at

Rätselraten um Besitzer

Viele Anhaltspunkte zur Familie aus dem Raum Braunau gibt es nicht. Bekannt ist nur, dass Muczynsky die Chariwari-Kette im Jahr 1945 entwendet hatte und der Besitzer heute Mitte 80 sein dürfte. „Die Kette hat ein kleines verkümmertes Geweihstück und eine alte Silbermünze, einen sogenannten Vereinstaler aus dem Jahr 1850. Insofern können wir davon ausgehen, dass die Kette aus dem späten 19. Jahrhundert stammt“, so Rapp. Die Experten gehen davon aus, dass der Bauernhof auch im Raum Salzburg liegen könnte.

Als Chariwari werden silberne oder versilberte Schmuckketten bezeichnet, die individuell mit Geldstücken, verkümmertem Geweih, Tierzähnen, Edelsteinen oder Tierpfoten gestaltet werden. Die Chariwari dient zur Befestigung von Taschenuhren und zur Verzierung von Trachtenlederhosen.

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