Tödliche Spritze: Zwei Schuldsprüche

Ein 50-Jähriger ist im Vorjahr nach einer Gastroskopie gestorben. Ihm wurde ein falsches Medikament injiziert. Nun wurden der behandelnde Arzt und seine ehemalige Assistentin am Landesgericht Krems schuldig gesprochen.

Zu dem Vorfall war es Ende November des Vorjahres während einer Gastroskopie gekommen. Dabei war dem 50-jährigen Mann zur Sedierung intravenös ein Medikament gespritzt worden, das eigentlich nur mit Wasser zum Trinken gereicht werden sollte. Der Mann erlitt innerhalb kürzester Zeit schwere gesundheitliche Probleme und starb schließlich im Krankenhaus an einer Gehirnblutung.

Intravenöse statt oraler Gabe führte zur Katastrophe

Beim Prozess am Mittwoch am Landesgericht in Krems mussten sich sowohl der behandelnde Arzt als auch eine ehemalige Assistentin von ihm, die ihm bei der Behandlung des verstorbenen Patienten assistiert hatte, wegen grob fahrlässiger Tötung verantworten. Laut Anklage hätten sie „durch die Außerachtlassung der bei einer Gastroskopie gebotenen Vorsicht und Aufmerksamkeit den Tod des Mannes herbei geführt“. Die Staatsanwaltschaft ortete ein Kommunikationsdefizit innerhalb der Ordination, es seien keine einheitlichen Standards eingehalten worden.

In der Ordination war vor dem Vorfall die Sedierungsmethode für die Patienten umgestellt worden. Die Assistentin hatte das Medikament, das schließlich zum Tod führte, in einer Spritze aufgezogen - laut ihrer Aussage zur Dosierung, um es später in Bechern mit vorbereitetem Wasser zu mischen. Der Arzt griff allerdings zu dieser Spritze und verabreichte dem Patienten das Medikament intravenös.

Landesgericht Krems

ORF/ Koppensteiner

Der Prozess am Landesgericht in Krems war für wenige Stunden anberaumt. Letztlich gab es nach knapp 16 Stunden eine Entscheidung.

Verteidiger: „Keine Schuld im Sinne der Anklage“

Die beiden Angeklagten bekannten sich nicht schuldig. Der Vorfall tue seinem Mandanten aufrichtig leid, er sei am Boden zerknirscht, sagte der Verteidiger des Arztes zu Beginn des Prozesses. Aus Sicht des Verteidigers lag keine Schuld im Sinne der Anklage vor. In der Ordination hätte es einheitliche Standards gegeben, auch wenn diese zum Teil mündlich und nicht schriftlich kommuniziert wurden. Er habe die Kontrolle eingehalten, aber müsse nicht jeden Handgriff kontrollieren, argumentierte sein Verteidiger. Sein Mandant hätte darauf vertrauen können, dass in der Spritze das richtige Medikament sei.

Und auch die Verteidigerin der Zweitangeklagten, Rechtsanwältin und Medizinerin Astrid Hartmann, betonte, dass ihre Mandantin alle Standards und ihr erteilten Arbeitsanweisungen eingehalten habe. Sie sei eine „sehr genaue, sehr verlässliche Angestellte“, betonte die Verteidigerin zu Beginn des Prozesses. Ihre Mandatin habe viele Gastroskopien fehlerfrei betreut und sei in keinster Weise instruiert gewesen, dass sie etwas anderes vorbereiten müsse und haben dem Arzt die Spritze auch nicht gereicht.

Beide Schuldsprüche sind nicht rechtskräftig

Der Prozess war ursprünglich für 6,5 Stunden anberaumt. Es wurden daraus knapp 16 Stunden - erst kurz nach Mitternacht folgte das Urteil: Sowohl der Arzt als auch die Assistentin wurden schuldig gesprochen. Der Mediziner wurde zu elf Monaten bedingter Haft und einer unbedingten Geldstrafe in der Höhe von 72.000 Euro verurteilt.

Seine ehemalige Assistentin wurde zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt. Wie die Verteidigerin der Frau gegenüber noe.ORF.at betont, wurde ihre Mandantin wegen der fahrlässigen Tötung und nicht wie angeklagt, wegen der grob fahrlässigen Tötung, verurteilt. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig: Der Arzt meldete Berufung an, die VErteidigerin der Assistentin gab ebenso wie die Staatsanwaltschaft keine Erklärung ab.