Verführungen im Weihnachtsgeschäft

Das Weihnachtsgeschäft lässt die Kassen wieder kräftig klingeln. Viele kommen vom Einkaufen mit mehr Taschen zurück, als es eigentlich der Plan war. An allen Ecken und Enden wird man verführt - oft auch unbewusst.

Das Einkaufszentrum, ein Ort der Entspannung. In der Shopping City Süd in Vösendorf kann man sich bei Klaviermusik eine Shopping-Auszeit nehmen. In den Ruhezonen stehen bequeme Sitzmöglichkeiten bereit. Dass sich die Gäste zwischendurch entspannen, liegt durchaus im Interesse des Handels, erklärt Marketingpsychologe Josef Sawetz, der sich mit noe.ORF.at auf einen Rundgang durch das Einkaufszentrum begeben hat. Die positive Stimmung würde sich laut Sawetz nämlich auf die Produkte übertragen, die Kaufkraft steigt.

„Das Wohlfühlen in Kombination mit einer großen Auswahl führt zu einer längeren Aufenthaltsdauer in den Geschäften“, sagt Sawetz. „Je länger man sich in den Geschäften aufhält, desto größer wird die Gefahr oder Wahrscheinlichkeit, dass man in die sogenannte Fehlinvestitionsfalle tappt. Das bedeutet, dass ich schwer wieder das Geschäft verlassen kann, ohne etwas gekauft zu haben.“

SCS Einkaufen Sessel

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Die Kunden sollen sich wohlfühlen. Denn wer sich wohlfühlt, bleibt länger und kauft mehr ein.

Düfte, Musik und viel Tageslicht

Das Wohlfühlkonzept beginnt daher in der Shopping City Süd bereits bei den Eingängen. „Wir haben bei allen Eingängen eine Beduftung, die man aber nur ganz dezent wahrnimmt“, sagt Center Manager Anton Cech. Zuvor werden die Gäste bereits in den Parkhäusern mit Musik berieselt. „All das merkt der Kunde nicht wirklich“, sagt Cech. „Es ist ganz zart und führt dazu, dass das Ambiente einladend ist.“

Neben Düften und Musik wird dieses Ziel auch mit anderen Mitteln verfolgt. Eine freundliche Stimme aus dem Lautsprecher begrüßt die Besucherinnen und Besucher, die Temperatur im Einkaufszentrum beträgt angenehme 22 Grad, viele Bereiche sind mit Tageslicht durchflutet. „Wenn all diese Komponenten auf uns einwirken, wirken sie direkt auf die körperliche Ebene unserer Emotionen und signalisieren unserem Gehirn, dass alles in Ordnung ist und man sich keine Sorgen machen muss“, erklärt Sawetz.

Die Folge: Das Gehirn fährt in einen Energiesparmodus. „Es zieht die Vorsichtsantennen ein und reduziert damit auch die Kritikfähigkeit“, so Sawetz. Dadurch würden wir mehr und oft auch teurer einkaufen, als es vor Shoppingbeginn eigentlich geplant war.

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Der Ansturm auf die Shopping City Süd am zweiten Adventwochenende war groß. Alleine am Samstag wurden mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher gezählt. Eine große Menschenmenge hat ebenfalls Einfluss auf unser Kaufverhalten, sagt Marketingpsychologe Sawetz. „Die Stimmung der anderen springt automatisch auf uns über. Wir werden von einer anregenden Kaufatmosphäre angesteckt, die die anderen in sich tragen und in den Einkaufsrausch mitgerissen“, so Sawetz.

Verführerische Super-Sales

Zu den Verführungen des Handels zählen aber auch die Sonderangebote. Bereits in den Schaufenstern wird auf „großzügige“ Preisnachlässe von minus 30, minus 50 oder sogar minus 70 Prozent hingewiesen. Viele Kunden können dem nicht widerstehen, erklärt der Marketingpsychologe. „Man bekommt etwas mit einem gewissen Sozialprestige, das einen hohen Wert hat, und kann gleichzeitig Geld sparen. Diese zwei Freuden werden hier kombiniert.“

Sendungshinweis

„Guten Morgen Niederösterreich“, 8.12.2014

Doch dabei bleibt es nicht. Dass wir Menschen nach wie vor in gewisser Weise Jäger und Sammler sind, zeigt sich besonders eindrucksvoll beim Einkaufen - und hier vor allem dann, wenn das erste Sonderangebot „gesammelt“ wurde. „Das Jagdfieber steigt in weiterer Folge“, erklärt Sawetz. „Wenn es in der Gegend noch weitere Sales gibt, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass man auch dort zuschlägt, wenn man einmal dieses Fieber hat.“