Wild: Eine heimische Delikatesse

Österreich - vor allem Niederösterreich - ist ein Land der Jäger. Damit geht einher, dass Wild seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden fester Bestandteil der heimischen Küche ist.

Eigentlich ist die Wildküche so alt wie die Menschheitsgeschichte, denn bevor der Mensch sesshaft wurde, standen sozusagen Wildspezialitäten auf dem „Speisezettel“ des Urmenschen. Später, als das Jagen Königs- und Herrschaftsrecht war, wurden Jagdgründe streng bewacht, jeder Frevel, insbesondere Wildern, streng bestraft. Wild war kein Gericht für arme Leute. Das ist sicherlich auch der Grund, weshalb in alten Kochbüchern sehr aufwendige Wildrezepte zu finden sind.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Vormittag“, 6.10.2018

Eines ist sicher: der Geschmack ist in den vergangenen Jahrzehnten weniger wild geworden - während der berühmte Feinschmeckerkönig des 18. Jahrhunderts Gastrosoph Brillat-Savarin noch einen Hasen wochenlang tief unten in seiner Manteltasche trug, um ihm durch die Körperwärme den richtigen Hautgout zu geben - wird dieser doch leichte Fäulnisgeschmack nur mehr von wenigen Gaumenabenteurern geschätzt.

Worum es aber beim Abhängen vor allem geht, ist, das Fleisch auf natürliche Weise mürbe zu machen. Durch leichte Beizen wird das Fleisch zusätzlich noch mürbe. Tiefgefrorenes Wildbret erhält durch den Gefriervorgang die richtige Konsistenz.

Frisches Fleisch als Zeichen der Gegenwart

In der zeitgemäßen Küche wird Wild frisch zubereitet. Reh darf nach Reh, Hirsch nach Hirsch schmecken - zart, nussig, aromatisch. Der dezente Einsatz von Gewürzen - Lorbeer, Wacholder, Thymian - unterstreicht dabei den Charakter der Speisen. Wildfleisch hat fast immer eine leicht süßliche Note, folglich erweist sich die Kombination mit herbstlichen Früchten und dunklen Beeren als eine besonders gelungene.

Aber Achtung! Wildfleisch ist nicht gleich Wildbret! Wildbret stammt aus freier Wildbahn. Wildfleisch von Tieren aus Gatterhaltung muss gekennzeichnet sein. Wild reagiert empfindlich auf äußere Bedingungen, daher muss auch die Gatterhaltung möglichst artgerecht sein. Durch die Zufütterung und die eingeschränkte Bewegung ist dieses Fleisch etwas fettreicher.

Wild - woher nehmen?

Tiefgefrorenes Wildfleisch aus Gatterhaltung ist in größeren Supermärkten ganzjährig verfügbar. Aber auch frisches Wildfleisch kann man bis auf wenige Monate außerhalb der Jagdsaison fast das ganze Jahr über genießen. Frisches Wildbret bezieht man am besten direkt beim Jäger. Und es ist erstaunlich, wie erheblich billiger das Fleisch dort ist. Außerdem liefert niemand sonst so frisch das Wildbret wie der Jäger und nach Wunsch wird er das Fleisch auch gerne küchengerecht zerlegen.

Wenn man keinen Jäger in seiner Gegend kennt, dann fragt man am besten bei der Gemeinde nach dem Hegeringleiter der Region. Weiters erhält man küchenfertig zerteiltes Wildbret beim Wildbrethändler, auf Märkten, am Land bieten es viele Fleischhauer an und auch viele Lebensmittelhändler führen Wildbret oder besorgen es auf Anfrage der Kunden. Auf den Homepages der Landesjagdverbände findet man die Adressen von Direktvermarktern.

Tipps für den Wildkauf und die Zubereitung

Beim Kauf vor allem auf Farbe und Geruch des Fleisches achten: angenehmer, leicht säuerlicher Geruch, feinfaserige Struktur, rotbraune bis dunkelrote Farbe. Wildfleisch sollte keinen schwarzen Schimmer haben; riecht es nach Schwefel, ist es nicht mehr genießbar.

Achtung: Wildfleisch darf keinesfalls bräunlich oder schwärzlich verfärbt sein. Auch der früher durch zu langes Reifen angesehene intensive Wildgeschmack „Haut gout“ ist nicht mehr zeitgemäß und wird nicht mehr praktiziert. Diese Kennzeichen weisen auf zu lange gelagertes und eventuell bereits verdorbenes Fleisch hin.
Kochtipps: Rotwein- oder Ölmarinaden mit milden Gewürzen und Kräutern unterstreichen den zarten Wildgeschmack.

Wichtig: Marinaden immer ohne Salz zubereiten, denn salz entzieht Feuchtigkeit. Würztipp: Wacholderbeeren, Thymian, Lorbeerblätter unterstreichen das zarte Aroma. Preiselbeeren, Orangen, Weintrauben, „erdige“ Zutaten wie Pilze oder Maroni ergeben ein wunderbares Geschmackserlebnis mit Wild.

Das Fleisch gut durchgebraten verzehren, niemals roh! Die besten Stücke sind:

  • Schlegel: Im Ganzen oder in Stücke geteilt zum Braten und Dünsten geeignet.
  • Schulter: Meist ausgelöst, gut für schmackhafte Ragouts sowie magere Braten geeignet.
  • Rücken: Das zarteste Stück wird im Ganzen oder in Filets geteilt und kurz gebraten.

Lagerung: Im Kühlschrank kann Wildfleisch bis zu einer Woche gelagert werden.

Burgenländisches Wildgulasch

Zutaten für 6 Portionen:

  • 1 kg Rehschulter, ausgelöst, zugeputzt

Marinade:

  • ½ l Säurearmer Rotwein (z.B. burgenländischen Zweigelt)
  • 1/16 l Öl
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 EL frischer Thymian, gehackt oder 1 TL Thymian (getrocknet)
  • 5 Wacholderbeeren, zerdrückt
  • 3 Pimentkörner
  • 5 Pfefferkörner
  • 200 g Zwiebeln
  • 1/16 l Öl
  • 3 EL Paprikapulver (edelsüß)
  • ½ l Wasser
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle
  • 2 EL Mehl (glatt)

Zubereitung: Rehschulter in etwa 2 cm große Würfel schneiden und in eine Schüssel geben. Für die Marinade Rotwein mit Öl, Lorbeerblatt, Thymian, Wacholderbeeren, Pimentkörnern und Pfefferkörnern verrühren. Das Fleisch mit der Marinade übergießen, gut durchmengen und über Nacht zugedeckt kalt stellen.

Zwiebeln schälen, kleinwürfelig schneiden und in Öl unter ständigem Wenden hellbraun rösten. Paprikapulver unterrühren, mit Wasser aufgießen. Fleischwürfel aus der Marinade heben und samt den Gewürzen aus der Marinade zum Gulaschansatz geben. 1/8 l Marinade dazugießen, mit Salz sowie Pfeffer würzen und zugedeckt bei geringer Hitze etwa 80 Minuten kochen; von der Hitze nehmen. Etwa ¼ l Gulaschsaft mit Mehl verquirlen, unter das Gulasch rühren und das Gulasch bei geringer Hitze noch etwa 10 Minuten kochen.
Dazu schmeckt Tarhonya, Nockerln, Serviettenknödel, Schupfnudeln.

Variation: Statt mit Rehschulter kann man das Gulasch auch mit ausgelöstem Rehschlögel oder Hirschschulter bzw. Hirschschlögel zubereiten. Bei Verwendung von Hirschfleisch kann sich die Garzeit allerdings verlängern.