Trüber Erlbach
Horst Reingruber
Horst Reingruber
Chronik

Weiter heftige Diskussionen um weiße Bäche

Weiß gefärbte Bäche sorgen in und rund um Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) für Aufregung. Grund ist ein Wasseraustritt bei der Baustelle des Semmering-Basistunnels. „Unbedenklich“, heißt es bei den ÖBB. Der Fischereiverband hat Alarm geschlagen, die Stadt Gloggnitz erstattete Anzeige.

Milchig-weißes Wasser fließt seit dem Wochenende durch den Göstritz-, den Aue- und den Erlbach in Gloggnitz bis in die Schwarza. Anrainer sind deshalb besorgt. Zwar hätten die ÖBB im Vorfeld darauf hingewiesen, dass sich das Wasser während der Bauarbeiten verfärben könne. Doch das Ausmaß der Verunreinigung sei wesentlich größer als erwartet, beklagt die Bürgerinitiative „Semmering-Schlaglstraße“.

Bürgermeisterin Irene Gölles (Liste „Wir für Gloggnitz“) erstattete nun bei der Polizei Anzeige: „Das ist eigentlich die Pflicht der Gemeinde, wenn Umweltschäden auftreten, dass wir dann die Polizei verständigen.“ Diese nahm bereits mehrere Proben, „um zu überprüfen, ob Schadstoffe im Wasser sind“, erklärt Gölles. Die Proben wurden bereits an die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen weitergeleitet. Ergebnisse gebe es noch nicht. Das Trinkwasser der Stadt sei jedenfalls nicht beeinträchtigt, versichert die Ortschefin.

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Verunreinigter Bach
ORF/Katharina Sunk
Weiße Bäche sorgen für Verunsicherung
Auebach mündet in die Schwarza
ORF/Katharina Sunk
Der verunreinigte Auebach mündet in die Schwarza ein
Erich Schabus, Obmann des 1. Gloggnitzer Fischereivereins,  zeigt, wie verunreinigt die Becken sind, in denen normalerweise Jungfische aufgezogen werden
ORF/Katharina Sunk
Erich Schabus , Obmann des 1. Gloggnitzer Fischereivereins, zeigt, wie verunreinigt die Becken sind, in denen normalerweise Jungfische aufgezogen werden
Verunreinigter Bach
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Behörden und ÖBB sagen, dass die Verfärbungen unbedenklich seien
Absetzbecken bei der ÖBB Baustelle
ORF/Katharina Sunk
Absetzbecken bei der ÖBB-Baustelle

ÖBB: Sand trübt Wasser im Bach

Laut ÖBB sei die Situation unbedenklich und mit jener nach einem starken Regen vergleichbar. Beim Tunnelvortrieb etwa 250 Meter unter der Erde trete Wasser aus dem Tunnelboden. Es handle sich mit 60 Liter pro Sekunde um eine Wassermenge, die „grundsätzlich zu bewältigen“ sei, „da für diesen Abschnitt bis zu 300 Liter pro Sekunde prognostiziert waren“. Das Wasser, das auch Sand aus dem Gebirge löse, werde „in die Gewässerschutzanlage auf der Baustelle gepumpt, aufbereitet und dann in den Göstritzbach eingeleitet“. Durch den ausgelösten Sand könne es zu Trübungen kommen. Das bestätigt auch die zuständige Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen.

Die Stadt wurde darüber am Montag auch offiziell von den ÖBB informiert. Die Bürgermeisterin fordert dennoch eine chemische Analyse des Wasser: „Es geht uns auch darum, ob die Schwebestoffe nicht irgendwelche Auswirkungen ökologischer Basis haben bzw. ob es für Pflanzen und Tiere wirklich so unschädlich ist, wie uns gesagt wurde.“ Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) fordert die ÖBB auf, schnellstmöglich für Klarheit zu sorgen und die Verunreinigung der Gewässer zu stoppen.

Laut Behörde würden die ÖBB bereits an einer technischen Lösung arbeiten, um die Ableitung von getrübtem Wasser möglichst rasch zu beenden. „Um den Wasseraustritt zu beherrschen, werden verstärkt sogenannte Injektionen gesetzt“, sagt Leitner. Diese würden das Gestein festigen. Die Injektionen könnten im Göstritzbach jedoch eine Schaumbildung auslösen.

Bürgerinitiativen und Fischer schlagen Alarm

Die Bürgerinitiative „Semmering-Schlaglstraße" hatte bereits am Montag auf die Situation aufmerksam gemacht und kritisiert, dass man von den ÖBB bei einer Informationsveranstaltung im Vorfeld zwar darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass sich das Wasser ährend der Bauarbeiten verfärben könne, doch das Ausmaß der Verunreinigung wesentlich größer sei als erwartet – mehr dazu in Gloggnitz: Aufregung um weiße Bäche (noe.ORF.at; 8.7.2019). Bei einem Lokalaugenschein am Dienstag forderte Horst Reingruber, Mitbegründer der Bürgerinitiative, im Gespräch mit noe.ORF.at „eine Bestätigung, dass es wirklich unbedenkliche Materialien sind“ und „einen Plan, wie die ÖBB denkt, dass sie den Schaden wieder planieren“. Er habe auch ein Privatgutachten in Auftrag gegeben, so Reingruber.

Auch beim örtlichen Fischereiverein sieht man die aktuelle Situation kritisch. Weil die Becken, die der Aufzucht von Jungfischen dienen, vom Göstritzbach gespeist werden und voller Sand sind, mussten diese bereits geschlossen werden. Nur in einem Teich, der von einer Quelle gespeist wird, können aktuell noch Fische gehalten werden. In den Bächen und in der Schwarza gebe es zwar bis jetzt noch kein Fischsterben, sagt Erich Schabus, der Obmann des 1. Gloggnitzer Fischereivereins, aber „die Belastungen sind derart arg, dass vor allem Langzeitschäden bei den Fischen zu befürchten sind“. Laut Schabus werden etwa die Kiemen der Fische anfällig und auch die „Fresskette“ sei unterbrochen: „Sie finden keine Kleinlebewesen mehr, weil alles mit Schlamm überzogen ist.“

ÖBB-Sprecher: „Unbedenklich und ungiftig“

Es gebe kein Fischsterben, betont Karl Leitner, Pressesprecher der ÖBB, der darauf verweist, dass es ein ständiges Umweltmonitoring gebe: „Wir haben unsere Experten vor Ort und es ist so, dass wir eine der bestgeprüften Baustellen in Österreich sind. Das heißt, die Behörden prüfen ständig und wir sind in ständigem Kontakt mit den Behörden“, so Leitner. Er betonte bei dem Lokalaugenschein einmal mehr, dass das Wasser „unbedenklich und ungiftig“ sei und man mit Hochdruck an einer Lösung arbeite.