Gesundheit

Wochenenddienst: Keine Ärzte in Amstetten

Seit einem Monat melden sich Ärzte freiwillig für die Bereitschaft an Wochenenden und Feiertagen. Das neue System stößt auf Widerstand: In der Stadt Amstetten bleiben Ordinationen an Wochenenden geschlossen. Die Hausärzte wollen damit gegen die Arbeitsbedingungen protestieren.

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes dürfen Ärzte nicht mehr zu Diensten an Wochenenden und Feiertagen verpflichtet werden. Früher war das so im Gesamtvertrag der Ärzte geregelt. Das System basiert seit einem Monat auf Freiwilligkeit. Um trotzdem genügend Ärzte zu finden, wurde die Dienstzeit halbiert und die Honorare wurden erhöht.

Für Manfred Thomanek, Allgemeinmediziner in Amstetten, sind die neuen Regelungen nur „die Spitze des Eisbergs“. Gemeinsam mit den fünf anderen Ärzten in der Stadt, beschloss er, am Wochenende keine Dienste mehr zu machen: „Von dieser Freiwilligkeit haben wir jetzt Gebrauch gemacht und wollen ein Zeichen setzen, damit die medizinische Versorgung wieder in den Vordergrund kommt. Wir wollen damit aufzeigen, wie schlecht es um die medizinische Versorgung in Niederösterreich steht.“ Mit 200 Patienten täglich sei die Belastung zu hoch, viele Ordinationen am Land würden leer stehen und die Honorare seien veraltet und ungerecht – so die Kritik der sechs Ärzte.

Patienten im „Minutentakt“ behandeln

Die Ärztekammer Niederösterreich ist mit dem neuen System vorerst zufrieden. An den Juli-Wochenenden waren zwischen 18 bis 27 Prozent der 135 Sprengel unbesetzt. Man habe, vor allem wegen der Urlaubszeit, Schlimmeres erwartet. Den Protest der Amstettner Ärzte könne er nachvollziehen, sagt Dietmar Baumgartner, Vizepräsident der Ärztekammer Niederösterreich: „Es ist vor allem bei den Allgemeinmedizinern so viel Bürokratie dazugekommen, dass sie die Arbeit für die Patienten nicht mehr mit der richtigen Qualität und der angemessenen Zeit machen können – das ist ein Hilferuf.“

Laut Manfred Thomanek könne man den Betrieb nur mehr mit „Minutenmedizin“ aufrechterhalten. Dem schließt sich auch der Allgemeinmediziner und Amstettner Arzt Gerhard Walter an, der sich ebenfalls nicht am Wochenenddienst beteiligt. Das neue Bereitschaftssystem gebe den Ärzten die Möglichkeit, „streikähnlich auf unsere prekäre Situation aufmerksam zu machen“, sagt Walter gegenüber noe.ORF.at: „Man muss vielen Patienten erklären, dass man sie aus Kapazitätsgründen nicht mehr als Hausarzt betreuen kann. Die Qualität der Versorgung kann ab einer gewissen Patientenfrequenz nicht mehr gewährleistet werden.“

Wochenendbereitschaft soll noch verändert werden

Von der Ärztekammer fühle er sich „im Regen stehen gelassen“. Diese betont, dass beim Wochenenddienst noch Änderungen kommen werden, unter anderem versuche man, Wahlärzte in das System einzubinden. „Wir sind in Kooperation mit dem Land Niederösterreich und der Gebietskrankenkasse und werden – so hoffe ich – beginnend mit Jänner 2020 eine für alle zufriedenstellende Wochenendbereitschaft anbieten können“, so Dietmar Baumgartner.

Während der Protestaktion der Amstettner Ärzte können Patientinnen und Patienten an Wochenenden in Ordinationen der benachbarten Sprengel gehen. Martina Heschl, Allgemeinmedizinerin in Oed-Öhling (Bezirk Amstetten), spricht von zehn bis 15 Patienten, die sie jetzt am Wochenende zusätzlich behandelt. Für sie hat die neue Bereitschaft Vor- und Nachteile: „Man kann sich die Zeit besser einteilen, es sind bessere Dienstzeiten, aber das Problem sind die leeren Kassenstellen. Wenn die besetzt wären, müsste auch nicht jeder so viele Wochenenddienste machen.“

Die Entscheidung zum Streik sei schwer gefallen, so Manfred Thomanek: „Man fühlt sich als Arzt moralisch verpflichtet zu helfen. Viele Patienten stürmen jetzt am Wochenende die Spitalsambulanzen und unsere Kollegen müssen unsere Arbeit machen. Aber es wird kein Projekt auf Zeit sein. Wir wollten ein Zeichen setzen.“ Wenn es „entsprechende Signale der Verantwortlichen gibt“ würde man bei der Versorgung wieder mithelfen. Bis dahin sollen die Ordinationen in Amstetten noch bis Ende September an Wochenenden geschlossen bleiben.