Rettungsautos des Roten Kreuzes Hainburg
ORF / Novak
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„Grenzenlos“

Slowakei: Rettung darf nicht über Grenze

Niederösterreichische Patienten können derzeit kaum in Bratislava behandelt werden, weil Rettungsautos die Grenze nicht überqueren dürfen. Während es mit Tschechien entsprechende Rettungsverträge gibt, wird ein ähnliches Abkommen mit der Slowakei noch dauern.

Zu den größten Krankenhäusern Niederösterreichs zählt das Landesklinikum Hainburg (Bezirk Bruck an der Leitha) definitiv nicht. Vier Abteilungen und 142 Betten sind in dem Gebäude untergebracht. Dadurch können zwar die meisten Patientinnen und Patienten versorgt werden, aber bei weitem nicht alle. Herzkatheter-Patienten werden genauso in andere Krankenhäuser verlegt wie Neugeborene, bei denen es zu einem medizinischen Notfall kommt.

Jene Patienten, für die das Landesklinikum Hainburg nicht ausgerüstet ist, werden üblicherweise nach Wien, Mödling, Wiener Neustadt oder Eisenstadt gebracht. Da es sich meist um zeitkritische Fälle handelt, kommt dafür oft der Hubschrauber zum Einsatz. Doch ein anderes Krankenhaus würde viel näher liegen und könnte binnen weniger Minuten mit dem Krankenwagen erreicht werden: jenes in Bratislava, knapp über der slowakischen Grenze – einer Stadt, die sich sogar in Sichtweite zu Hainburg befindet.

Karte zu Krankenhäusern um Hainburg
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Bratislava wäre von Hainburg aus viel schneller erreichbar als vergleichbare Krankenhäuser in Österreich

Für österreichische Rettungsautos ist die Grenze im Osten allerdings momentan eine nahezu unüberwindbare Hürde. „Das Rote Kreuz kann derzeit nicht auf slowakisches Gebiet fahren, weil es dort nicht dieselben Rechte wie in Österreich hat“, erklärt Landesrettungskommandant Werner Kraut gegenüber noe.ORF.at. Konkrete Probleme gibt es nicht nur mit den slowakischen Blaulichtbestimmungen, sondern etwa auch mit Beschränkungen für mitgeführte Medikamente und auch mit der Vignettenpflicht im Nachbarland.

Tschechien als Vorbild

Ganz anders ist das an der nördlichen Grenze. Dort hat das Land Niederösterreich seit 2016 Rettungsverträge mit den drei tschechischen Regionen Südböhmen, Südmähren und Vysocina abgeschlossen. Seitdem dürfen Einsatzkräfte aus beiden Ländern die Grenze beliebig überqueren – ein internationales Vorzeigeprojekt. „In der Praxis sind die Rettungsleitstellen in Niederösterreich und in Tschechien miteinander verbunden, sodass beide Leitstellen sehen können, wo die Einsätze stattfinden“, sagt der Landesrettungskommandant. Dadurch könne immer das nächste Rettungsauto angefordert werden, egal ob es aus Österreich oder aus Tschechien kommt.

Momentan kommt das im Durchschnitt nur etwa ein bis zwei Mal pro Monat vor, doch die Zahl der grenzüberschreitenden Einsätze steige ständig, sagt Kraut. Außerdem habe man mittlerweile auch in anderen Bereichen die Kooperation mit den tschechischen Rettungskräften vertieft, etwa bei Großschadensübungen. „Diese Zusammenarbeit vertieft sich immer mehr, sodass wir davon ausgehen können, dass Europa zusammenwächst.“

Rettungsvertrag als langwieriger Prozess

Für die Slowakei wünscht sich nicht nur das Rote Kreuz eine ähnliche Lösung. Seit Jahren arbeitet das Land Niederösterreich mit den slowakischen Behörden an einer besseren Gesundheitsversorgung. Aus dem Büro des zuständigen Landesrats Martin Eichtinger (ÖVP) heißt es dazu, dass grundsätzlich alle Beteiligten einer rechtlichen Vereinbarung positiv gegenüberstehen würden. Zuerst sei dafür aber auf Bundesebene ein Staatsvertrag notwendig. Wann diese Verhandlungen abgeschlossen seien, könne man derzeit nicht seriös abschätzen. „Wir gehen aber von einer überschaubaren Zeitspanne aus.“

Rettungsautos in der Rettungszufahrt des Landesklinikums Hainburg
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Rettungsautos in der Rettungszufahrt des Landesklinikums Hainburg

Die Situation mit der Slowakei sei aber auch strukturell anders als jene mit Tschechien, heißt es seitens des Landesrats. So gebe es mit dem nördlichen Nachbarn „viele große und kleine Verkehrswege zwischen den beiden Staaten“. Im Gegensatz dazu seien im Osten zwar auf beiden Seiten Gesundheitseinrichtungen und eine gute Versorgung durch die Rettung vorhanden, aber kaum Grenzübergänge.

Neugeborene als Vorreiter

Momentan gibt es zwischen Niederösterreich und der Slowakei immer wieder Untersuchungen und Vernetzungstreffen. Ein konkretes Beispiel für eine bessere Gesundheitsversorgung soll das EU-Projekt „Bridges for Birth“ aufzeigen, für das das Land mit dem slowakischen Gesundheitsministerium zusammenarbeitet. Dabei geht es um Neugeborene im Landesklinikum Hainburg. Wenn es bei ihnen in Zukunft zu medizinischen Notfällen kommt, sollen sie in einer Spezialklinik in Bratislava versorgt werden.

Das Projekt ist mittlerweile bei seiner Halbzeit angekommen. Man habe zunächst Ansprechpartner und Experten auf beiden Seiten gesucht und Arbeitsgruppen gebildet. Nächstes Jahr sollen Ergebnisse präsentiert werden. Für einen tatsächlichen Transport von Neugeborenen dürfte aber bereits der Rettungsvertrag nötig sein. Zum Zeitplan dafür sagt Landesrettungskommandant Werner Kraut nur soviel: „Das ist eine sehr schwere Frage, weil momentan andere Institutionen am Zug sind. Wenn der Rettungsdienst am Zug ist, dann wird es relativ schnell gehen.“