Sommergerste Feld Anbau Gerste
ORF
ORF
Wirtschaft

Brauereien müssen erstmals Gerste importieren

Der Klimawandel wirkt sich stark auf hitzeanfällige Getreidesorten aus. Davon betroffen ist auch die heimische Sommergerste, die zum Großteil in Niederösterreich angebaut wird. Weil es im Vorjahr zu wenig Braugerste gab, mussten die Brauereien erstmals Gerste aus dem Ausland importieren.

Es ist eine lange Tradition, dass Sommergerste von den Brauereien als Braugerste für die Herstellung von Bier verwendet wird. Rund vier Fünftel der heimischen Sommergerste stammt aus Niederösterreich, doch zum ersten Mal reichte im Vorjahr die Ernte nicht aus, um den Inlandsbedarf an Malz zu decken. Malz, zu dem die Gerste verarbeitet wird, ist jedoch ein wesentlicher Bestandteil, um Bier zu produzieren.

Sommergerste Feld Anbau Gerste
ORF
Die Anbaufläche der Sommergerste hat sich in den vergangenen Jahren drastisch reduziert

„Die Sache ist die, dass wir mit der letzten Ernte im Jahr 2018 aufgrund des Klimawandels, aber auch durch das Zurückgehen im Hektaranbau bei der Braugerste einen gewissen Mangel an Braugerste hatten. Dieser bewegt sich ungefähr bei 20.000 Tonnen, den Österreich selbst nicht mehr decken konnte“, so Andreas Urban, Präsident des Bundes der österreichischen Braumeister und Brautechniker sowie Braumeister in der Brauerei Schwechat. Viele heimische Brauereien mussten daher Braugerste aus dem Ausland importieren, unter anderem aus Deutschland, Frankreich, Tschechien und der Slowakei.

Anbaufläche bei Sommergerste sinkt drastisch

Wie Zahlen der Agrarmarkt Austria (AMA) zeigen, ging die Anbaufläche der Sommergerste in Niederösterreich in den vergangenen Jahren drastisch zurück. Wurde die Sommergerste im Jahr 2006 noch auf 98.471 Hektar Fläche angebaut, so beträgt die Anbaufläche in Niederösterreich im heurigen Jahr nur noch 29.990 Hektar. Auch österreichweit erreichte die Sommergerstenfläche ein historisches Tief. Nach einem Minus von knapp 11.000 Hektar gegenüber dem Vorjahr beträgt die Anbaufläche heuer nur noch 35.673 Hektar.

Grafik Sommergerste
ORF NÖ
Die Anbaufläche der Sommergerste in Niederösterreich sank von 98.471 Hektar über die Jahre auf 29.990 Hektar

Hintergrund für diese Entwicklung ist, dass die Sommergerste Trockenheit und Hitze nicht gut verträgt. Weil es aber bereits in den Frühlingsmonaten in den vergangenen Jahren oftmals überdurchschnittlich warm war, gingen die Erträge pro Hektar zurück. Laut AMA betrugen die Hektarerträge im Vorjahr lediglich 3.400 Kilogramm und fielen damit deutlich geringer aus als in den Jahren zuvor. Dazu kommt, dass sich durch die Trockenheit der Eiweißgehalt in der Sommergerste erhöht. Je höher der Eiweißgehalt ausfällt, desto schlechter ist jedoch die Brauqualität. Im Vorjahr wurden daraufhin die Qualitätsparameter herabgesetzt, um die Inlandsversorgung zu erhöhen. Trotz dieser Maßnahme mussten die Brauereien aber auf Importe zurückgreifen.

Wintergerste als Alternative

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, setzen viele Brauereien nun verstärkt auf Wintergerste. Die Anbaufläche der Wintergerste ist im Gegensatz zur Sommergerste zuletzt stetig gestiegen. Im Vorjahr wurde mit 101.567 Hektar ein neuer Flächenrekord erzielt. „Die Wintergerste hat insofern Vorteile, dass sie schon im Oktober angebaut wird, über den Winter Feuchtigkeit aufnimmt – quasi als Feuchtigkeitsdepot – und davon zehren kann. Damit ist sie weniger empfindlich gegenüber Trockenheit und dem Klimawandel in Österreich und auch in Europa“, so Urban.

Karl Trojan, Inhaber der Brauerei Schrems, sieht in der Wintergerste ebenfalls eine gute Alternative für die Zukunft. Trotzdem will man in Schrems weiterhin auf die Sommergerste setzen. Bereits vor 25 Jahren wurde dazu mit mehreren Landwirten die Erzeugergemeinschaft Ökoregion Waldviertel gegründet, um sicherzustellen, dass regionale Bauern die Brauerei in Schrems mit Sommergerste beliefern.

„Wir garantieren den Absatz. Die Bauern müssen dafür aber mehr tun“, erklärt Trojan. So dürfen die Landwirte beispielsweise erst nach erfolgter Bodenprobe düngen oder es gibt ein Verbot zur Ausbringung von Klärschlamm. „Wir wollen damit die Waldviertler Kulturlandschaft erhalten und wir sichern uns damit einen qualitativ hochwertigen Rohstoff“, so Trojan.

Sommergerste Feld Anbau Gerste
ORF
Ob mit dem Anbau der Wintergerste der Rückgang bei der Sommergerste ausgeglichen werden kann, ist fraglich

Importbedarf könnte bestehen bleiben

Ob generell der Rückgang bei der Sommergerstenernte durch einen verstärkten Anbau der Wintergerste ausgeglichen werden kann, ist jedoch fraglich. Sollte der heimische Ernteertrag bei der Sommergerste weiter sinken, könnten viele Brauereien auch künftig auf Gerste aus dem Ausland angewiesen sein. „Natürlich ist man bei den österreichischen Brauern bestrebt, österreichische Gerste einzusetzen. Sollte dieser Trend aber weiter anhalten, dann ist man mehr oder minder gezwungen, sich im Ausland einzudecken“, sagt Urban. Umso wichtiger sei es daher, die Winterbraugerste weiterzuentwickeln.

Was die Ernteerträge bei der Sommergerste im heurigen Jahr betrifft, so dürfte der viele Regen im Mai noch einmal geholfen haben, die Qualität der Gerste zu fördern. Laut AMA fielen die Ernteerträge mit 4.600 Kilogramm pro Hektar deutlich höher aus als 2018. Durch den Rückgang bei der Anbaufläche dürfte die Produktionsmenge aber auf einem Tiefstand bleiben. Nach 160.000 Tonnen im schwachen Vorjahr ist die Menge heuer mit 164.000 Tonnen nur geringfügig höher.