Allee in Buchers
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Chronik

Neues Leben für vergessenes Dorf

Die Bevölkerung vertrieben, die Häuser dem Erdboden gleichgemacht: Buchers, ein tschechisches Dorf unweit der Grenze, war nach dem Zweiten Weltkrieg in völlige Isolation geraten. Ein Verein aus Karlstift (Bezirk Gmünd) haucht dem Ort wieder neues Leben ein.

Buchers war einst ein blühender Ort mit knapp 1.300 Einwohnern und 46 Gewerbebetrieben, elf Ortschaften zählten zur Gemeinde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Bevölkerung – großteils Sudetendeutsche – von der Armee vertrieben. „Das war für mich etwas ganz Furchtbares“, erinnert sich Franz Koppenberger. Der heute 87-Jährige war in Buchers aufgewachsen. „Die Alten haben geweint, die Jungen gesungen. In Buchers sind Lastwagen gestanden, jeder durfte 30 Kilogramm mitnehmen und weg waren sie.“

Als 1999 der Kirchturm einstürzte, gab es kaum noch Hoffnung für den ohnehin schon verlassenen Ort. Den Großteil der Häuser hatte die Armee geschleift, der Kirche drohte ein ähnliches Schicksal. Angehörige von Vertriebenen aus Buchers erfuhren von diesen Plänen und setzten sich dafür ein, dass die Kirche nicht auch noch dem Erdboden gleichgemacht wird – mit Erfolg.

Anfängliches Misstrauen auf beiden Seiten

Das war zugleich der Startschuss für den Bucherser Heimat Verein, der 2009 offiziell gegründet wurde. „Es hat auf beiden Seiten anfangs etwas Zwietracht gegeben“, sagt Obmann Erich Altmann, der selbst Vorfahren in Buchers hat. „Die Tschechen glaubten, wir wollen Buchers wieder zurückerobern. Die Österreicher sagten, wir tragen das Geld nach Tschechien und packeln mit den Tschechen.“ Dieses Misstrauen ist aber längst Geschichte. Am Sonntag feierten Tschechen und Österreicher gemeinsam das zehnjährige Bestehen des Vereins.

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Blick von der Ferne auf Buchers
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Buchers liegt unweit der Grenze in Tschechien
Auto auf einem Kiesweg mit Schlaglöchern
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Von Österreich führt ein Kiesweg mit Schlaglöchern nach Buchers
Leute feiern eine Messe in der ehemaligen Kirche in Buchers
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Die Kirche in Buchers soll wieder originalgetreu aufgebaut werden
Kirche in Buchers
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Der Kirchturm war 1999 eingestürzt
Heurigenbänke vor der Kirche in Buchers
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Der Bucherser Heimat Verein feierte am Sonntag sein zehnjähriges Bestehen
Hauptstraße durch Buchers
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Buchers war einst eine Gemeinde mit fast 1.300 Einwohnern
ehemaliger Pfarrhof in Buchers
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Der ehemalige Pfarrhof ist heute wieder bewohnt
Allee in Buchers
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Die Ortseinfahrt in Buchers

Der Bucherser Heimat Verein kümmert sich nicht nur um den Wiederaufbau der Kirche in dem kleinen Dorf, sondern bringt Menschen beider Länder bei etwa 15 Veranstaltungen im Jahr zusammen. Es gibt ein Neujahrskonzert, den traditionellen Bucherser Kirtag im September, grenzenloses Langlaufen oder auch einen Adventmarkt. Im Verein engagieren sich 60 Mitglieder, darunter mittlerweile auch einige aus Tschechien. „Großteils sind es Leute, deren Vorfahren Bezug zu Buchers haben. Inzwischen haben wir aber auch neue Mitglieder, für die Buchers etwas Besonderes hat, sozusagen ein Kraftplatz ist“, so Altmann. Vor allem über Konzerte versucht der Verein Nachwuchs für sich zu gewinnen.

Wochenenddomizile in Buchers

Die Aktivitäten tragen bereits erste Früchte. In das einst verlassene Dorf ist wieder Leben eingekehrt. „Fix wohnt noch niemand da. Die meisten sind berufstätig und unter der Woche in Prag oder Budweis, aber am Wochenende verbringen sie die Freizeit in Buchers“, sagt Altmann. Neben einigen Häusern von Neubuchersern ist der Ort zudem ein beliebtes Wander- und Langlaufgebiet und in der Kirche, die dem Abriss nur knapp entgangen ist, wurden bereits wieder Hochzeiten gefeiert.

Für die Kirchenrenovierung hofft der Bucherser Heimat Verein auf Fördermittel von der Europäischen Union. Derzeit seien noch Unterlagen von tschechischen Behörden ausständig. Das Investitionsvolumen beziffert Altmann mit drei Millionen Euro. 85 Prozent davon würde bei einem Projektzuschlag die EU übernehmen, die restlichen 15 Prozent eine Stiftung. Der Verein plant als nächstes Projekt zudem einen Themenweg, der die elf ehemaligen Ortschaften von Buchers verbinden soll. Auf Infotafeln soll auch ihre bewegte Geschichte erzählt werden.