Bergretter mit Funkgerät
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Chronik

Belastung und Einsätze für Bergretter steigen

Die Bergrettung verzeichnet österreichweit steigende Einsatzzahlen. Der niederösterreichische Rekordwert des Vorjahres könnte bereits nach diesem Jahr wieder geknackt werden. Dadurch wächst die Belastung für Bergrettungskräfte.

Noch nie absolvierte die Bergrettung so viele Einsätze wie im Jahr 2018. Österreichweit mussten die Retter 9.607 Mal ausrücken, auf Niederösterreich entfielen dabei 720 Notrufe. Es scheint so, als könnte der Vorjahresrekord bereits nach Ende dieses Jahres durch einen neuen ersetzt werden, sagt Martin Gurdet, Einsatzleiter der Bergrettung Niederösterreich.

„Mit Stand Mitte August kratzen wir bald an der Marke der 600 Einsätze in diesem Jahr. Das heißt, dass uns der Ausblick auf das Ende dieses Jahres annehmen lässt, dass wir die ohnehin hohe Einsatzstatistik des Vorjahres noch einmal überschreiten werden“, so Gurdet gegenüber noe.ORF.at. Zurückzuführen sei das vor allem darauf, dass Bergsportarten wie Klettern, Wandern, Tourengehen und E-Bikes generell im Trend liegen.

Auto der Bergrettung Hohe Wand
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Der Trend zum Alpinismus beschäftigt die Einsatzkräfte der Bergrettung

Belastung für Einsatzkräfte steigt

Für die Einsatzkräfte, die in Niederösterreichs insgesamt 30 Ortsstellen der Bergrettung ehrenamtlich tätig sind, bedeutet die wachsende Zahl an Einsätzen eine zunehmende Herausforderung. Denn während die Notrufe zunehmen, bleiben die Mitgliederzahlen konstant. Niederösterreichweit sind in Summe etwa 1.300 Menschen regelmäßig als Bergrettungskräfte aktiv. „Natürlich freuen wir uns auf der einen Seite über die Freude an Bergsportarten, die wir Bergretterinnen und Bergretter alle teilen. Aber neben Job und Familie die dafür nötigen Ausbildungen und Einsätze zu absolvieren, belastet uns natürlich zunehmend mehr“, erzählt Gurdet.

Obwohl die Bergretterinnen und Bergretter mit den Einsätzen kein Geld verdienen, ist die Finanzierung des Bergrettungswesens trotz Förderung durch Gemeinden, Bund und Land angespannt. „Für uns hat die eigene Sicherheit immer Vorrang. Ausbildungen, Fortbildungen, leistungsstarkes Equipment, der Fuhrpark unserer Offroad-Fahrzeuge und alles Weitere zu erhalten, das zum Retten und Bergen im alpinen Terrain wichtig ist, braucht viel Geld“, so Gurdet. Ohne zusätzliche Einnahmen aus Spenden wäre die Absolvierung der zunehmenden Anzahl an Einsätzen nicht möglich.

Anteil der älteren Patienten steigt

Auffallend an der Einsatzstatistik ist auch eine Zunahme der älteren Personen. „In der Regel sind unsere Verunfallten, die wir retten müssen, männlich und im etwas fortgeschrittenen Alter, also 50 plus“, so Gurdet. Zurückzuführen sei dies auf die steigende Lebenserwartung und dass Menschen heute dadurch auch in deutlich höherem Alter noch auf Berge gehen würden. Das spiegle sich in der Einsatzbilanz wider. Die Bergrettung Reichenau an der Rax (Bezirk Neunkirchen) hatte kürzlich erst eine bemerkenswerte Einsatzserie. Binnen weniger Tage benötigten fünf Personen zwischen 70 und 80 Jahren die Hilfe der Bergretter, vier von ihnen mussten unter Beteiligung des Notarzthubschraubers geholfen werden.

Zwei Bergsteiger am Weg zum Gipfel
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Der Aufstieg verursacht deutlich weniger Verletzungen als der Abstieg

Unabhängig vom Alter der Patientinnen und Patienten passieren die meisten Unfälle durch Stolpern beim Abstieg. „Stolpern ist die unangefochtene Hauptunfallursache. Im alpinen Gelände kann jeder Fehltritt einen schweren Sturz bedeuten, bei dem man weite Strecken hinabfallen und sich verletzten kann“, so Gurdet. Weitaus gefährlicher als der Aufstieg ist der Statistik zufolge der Abstieg. Drei von vier Personen in Notlagen verletzten sich im Jahr 2018 am Weg zurück ins Tal. „Hier spielen die Kondition und die körperliche Verfassung natürlich eine entscheidende Rolle. Speziell am Weg hinab machen sich Erschöpfungserscheinungen bemerkbar. Das betrifft alle Altersgruppen, speziell aber die konditionell Schwächeren“, sagt Gurdet.

Vorbereitete Touren minimieren das Verletzungsrisiko

Die Bergrettung empfiehlt, sich vor dem Weg ins alpine Gelände ausreichend auf die Tour vorzubereiten. Dazu gehört das Einholen von verlässlichen Informationen zur Route ebenso wie die Überprüfung der aktuellen Wetterlage, die sich am Berg rasch ändern kann. Auch die richtige Ausrüstung gehört zum Bergsport. „Noch nie war es so leicht und billig, Bergausrüstung zu kaufen wie heute. Sogar beim Diskonter kann man heute Lawinenrucksäcke oder Bergschuhe besorgen. Die richtige Beratung und auch das entsprechende Können im Umgang mit dem Equipment sollten aber nicht unterschätzt werden, um die Unfallgefahr zu reduzieren“, appelliert Gurdet. „Und nicht zuletzt ist ein Ausflug auf den Berg nur dann ratsam, wenn meine körperliche Tagesverfassung stimmt.“