Chronik

Elf Jahre Haft wegen Mordversuchs

Weil er aus Ärger über ein Überholmanöver aus dem fahrenden Auto auf einen Pkw-Lenker geschossen hat, ist ein 29-Jähriger wegen Mordversuchs zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Das Opfer blieb bei dem Vorfall auf der Schnellstraße (S3) unverletzt.

Die Geschworenen plädierten einstimmig im Sinne der Anklage für versuchten Mord. Mildernd wurde der bisher ordentliche Lebenswandel gewertet, dass es beim Versuch geblieben ist und dass der Beschuldigte einen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet hat. Erschwerend waren die rücksichtslose Tatbegehung aus nichtigem Anlass sowie der Waffengebrauch. Die Schussattacke ging nur deshalb glimpflich aus, weil das Projektil in der Gummidichtung der Scheibe stecken blieb.

Der Vorfall hatte sich Ende Mai zugetragen. Der 29-Jährige war auf der zweispurigen Weinviertler Schnellstraße (S3) unterwegs, als er zum Überholen eines Lkw und des Pkw des späteren Opfers ansetzte. Der 55-Jährige hatte gerade dasselbe vor, weswegen sich die beiden gegenseitig wild gestikulierend von Auto zu Auto beschimpften. „Er hat mir einen Vogel gezeigt und ich ihm“, sagte der 29-Jährige zum Vorsitzenden des Geschworenengerichts, Helmut Neumar.

Angeklagter: „War einfach ein Vollidiot“

Als beide den Lkw überholt hatten, positionierte der junge Mann sein Auto bei voller Fahrt neben jenem des 55-Jährigen. Aus der Mittelkonsole holte er eine Pistole, öffnete das Beifahrerfenster und schoss. „Ich hab’ deppert abgedrückt“, meinte der ehemalige Berufssoldat, der von Anwalt Werner Tomanek verteidigt wurde. „Ich habe rübergeschossen, aber nicht auf ihn gezielt.“ Und fügte hinzu: „Ich war einfach ein Vollidiot.“

Dass das Projektil nicht die Scheibe durchschlug und den 55-Jährigen verletzte, war Zufall. Das Projektil wurde laut Gutachten abgeleitet und blieb in der Gummidichtung des Fensters stecken. Bei vier Schussversuchen mit der Pistole auf Pkw-Scheiben wurden drei Mal glatte Durchschüsse erzielt, einmal wurde das Projektil ebenfalls abgeleitet. Dennoch wäre laut Gutachter ein solcher Schuss geeignet gewesen, um eine Scheibe zu durchschlagen.

Opfer: „Gefühl der Hilflosigkeit“

Markierungen am Auto des Opfers zeigten, dass das Projektil auf der Höhe des Kopfes abprallte. „Bei dem Mann sind alle Schutzengel mitgefahren, die möglich sind“, sagte der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsplädoyer. Der 55-Jährige zeigte sich vor Gericht schwer traumatisiert. Unter Tränen und immer wieder stockend berichtete er, dass er bis heute nicht alleine mit dem Auto fahren kann, er hätte ständig „das Gefühl der Angst und Hilflosigkeit“. Er befindet sich seitdem in Psychotherapie. Dem traumatisierten Opfer wurden zudem 1.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.