Ein Hagelflieger in der Luft
Umwelt

Kritik hagelt auf Kremser Hagelflieger

Im Kampf gegen Hagelschäden werden u. a. im Raum Krems Flugzeuge eingesetzt, die Silberjodid ausstoßen. Ein Verein im Waldviertel macht die Hagelflieger für ausbleibende Niederschläge verantwortlich. Ob die Flieger überhaupt einen Effekt haben, ist wissenschaftlich umstritten.

Wolkenimpfung mit Silberjodid

Die für die Hagelabwehr umgerüsteten Flugzeuge sind mit einem Generator ausgestattet, der Silberjodid-Partikel während des Flugs unter Gewitterwolken ausstößt. Durch die gewittertypischen begleitenden Aufwinde sollen die Partikel dann in die Wolke „geimpft“ werden. Dort sollen die vielen einzelnen Partikel jeweils von Feuchtigkeit umschlossen werden, sodass mehrere kleine Hagelkörner entstehen, die auf ihrem Weg zum Boden im Idealfall schmelzen und bei ihrem Aufprall dann weniger Schaden anrichten. Die Methode ist wissenschaftlich jedoch umstritten.

Mit den Eingriffen in Gewitterwolken würde nicht nur der Hagel verhindert, sondern auch der Regen ausbleiben, kritisieren die Mitglieder vom Verein „Regen ist Leben“. Sie beobachteten zuletzt deutliche Rückstände beim Niederschlag – besonders dann, wenn vermehrt Flugzeuge im Einsatz sind, erzählt Herbert Steiner, der Obmann von „Regen ist Leben“.

2.000 Unterschriften gegen Hagelflieger

Steiner besitzt eine Christbaumkultur in Tautendorf (Bezirk Horn) und kritisiert, dass einige Landwirtschaftsformen dem Wein nachgestellt würden. „Physikalisch ist es nicht nachzuvollziehen, warum etwas, das in den Wolken gegen Hagel wirken kann, nicht auch andere Auswirkungen haben kann. Im Waldviertel finden sich immer mehr Menschen, die derselben Meinung sind und befürchten, dass die Flieger allgemein schädlich für die Umwelt sind“, erklärt Steiner. „Was dem Wein möglicherweise hilft, muss nicht für alle gut sein.“

Dem Verein „Regen ist Leben“ schlossen sich mittlerweile 150 Mitglieder an, außerdem wurde eine Petition gegen den Einsatz der Hagelflugzeuge des Kulturschutzvereins Langenlois und Umgebung ins Leben gerufen. „2.000 Unterschriften haben wir bis jetzt zusammenbekommen“, so Steiner gegenüber noe.ORF.at. Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, den Einsatz der Hagelflieger im Waldviertel zu verhindern, erzählt Obmann Steiner. „Leicht ist das nicht, das wissen wir – besonders weil sich viele nicht trauen, dieses heikle Thema anzugreifen. Aber es gibt Indizien, die uns Recht geben und denen sollte man nachgehen, bevor man den Flugzeugen weiterhin die Starterlaubnis gibt.“

Methode seit Jahrzehnten im Weinbau eingesetzt

Dementiert werden die Anschuldigungen von Johannes Eckharter, dem Geschäftsführer des Kulturschutzvereins Langenlois und Umgebung, der hinter den Hagelfliegern steht. Das Hagelabwehrteam besteht aus 14 ehrenamtlichen Piloten, die im Zeitraum von April bis September von Langenlois (Bezirk Krems) aus Gewitterseinsätze fliegen. Eckharter spricht von einseitiger Information seitens der Vereinsmitglieder. Die Silberjodidlösung wäre eine weltweit verbreitete Möglichkeit zur Hagelabwehr, die absolut unbedenklich wäre. Andernfalls würde der Verein weder seine Fluggenehmigung vom Land bekommen noch 5.000 Weinbauern hinter sich haben, die auf das Angebot zurückgreifen würden, erzählt er.

Die Vorrichtungen an den Flügeln des Flugzeugs für die Silberionenmischung
Außerhalb des Flugzeugs befinden sich Vorrichtungen, die Silberjodidpartikel abgeben und diese in Gewitterwolken injizieren

„Auch wir sind selbstverständlich daran interessiert, die natürlichen Niederschläge zu erhalten und haben schon recht vergeblich das Gespräch mit Vereinsmitgliedern von ‚Regen ist Leben‘ gesucht. Wir würden gerne mit vielen Missverständnissen aufräumen, die hier offenbar vorliegen“, so Eckharter. Die Vorwürfe gegen die Flieger würden ihn auch aus Teilen Niederösterreichs erreichen, die außerhalb ihres Einsatzgebietes liegen würden, das das Kamptal, die Wachau, das Kremstal, das Traisental und das Weinbaugebiet am Wagram umfasst. „Sobald Leute Flieger wie unsere sehen, glauben sie oft, dass wir dahinterstehen. Wir beobachten die Gewitterlagen genau und fliegen erst in letzter Sekunde und dann wenn es wirklich notwendig ist.“

Flugzeuge erhalten jährlich eine neue Einsatzerlaubnis

Auswirkungen auf die Niederschlagsmengen schließt Eckharter aus: „Es ist kein Geheimnis, dass das nördliche Niederösterreich trockener ist als andere Regionen Österreichs. Weniger Regen ist eher auf die Wetterextreme unserer Zeit zurückzuführen.“ Eckharter bedauert das Misstrauen des Vereins „Regen für Leben“, zeigt aber keine Sorge vor dem Ziel des Vereins, der etwa vierzig Jahre langen Geschichte der Hagelflugzeugeinsätze ein Ende zu setzen.

„Wir müssen jedes Jahr erneut einen Antrag auf Bewilligung beim Land Niederösterreich stellen, das sehen die Vorschriften vor. Bisher gab es keine Gründe, uns nicht fliegen zu lassen. Das wird sich auch dann nicht ändern, wenn der Verein seine im Bewilligungsverfahren angestrebte Parteistellung erwirken kann. Denn ein Einspruch bedeutet nicht, dass wir keine weitere auf ein Jahr befristete Bewilligung erhalten“, erklärt Eckhart. In seinen Augen sei die Kritik an den Hagelfliegern sachlich nicht begründbar.

Keine wissenschaftlichen Belege für Effekte

Als „unbedenklich“ werden die Hagelflieger auch von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien eingeschätzt. Dort zweifelt man aber generell die Wirkung der Hagelabwehr an. „Rein physikalisch scheint die Erklärung der Wirkung zwar plausibel, wissenschaftlich ist ist sie aber nicht nachgewiesen und daher umstritten“, erklärt Georg Pistotnik, Gewitterspezialist der ZAMG Wien, gegenüber noe.ORF.at. Seiner Einschätzung nach sei ein Effekt auf zurückgegangene Niederschläge kaum auf die Hagelflieger zurückzuführen. „Nachdem wir noch nicht einmal einen Nachweis über einen Effekt in Bezug auf Hagel haben, weil uns die Langzeitstudien fehlen, kann man nicht von einem Effekt auf Regen ausgehen“, so Pistotnik.

Die Einschätzung der Landwirte, dass die Niederschläge zuletzt rückläufig waren, teilt der Experte hingegen. Die zunehmende Trockenheit führt Pistotnik aber auf die Auswirkungen der Klimaveränderung zurück. "Niederschläge und Grundwasserstände werden in erster Linie von Großwetterlagen beeinflusst. Der Einsatz von Silberjodid in einzelnen Gewitterwolken reiche seiner Einschätzung nicht aus, um die Regenmengen bestimmter Regionen nachhaltig zu beeinflussen. Obwohl der Nutzen von Silberjodid in seine Augen zwar nicht auf der Hand liegt, schädlich für die Umwelt und die Böden sei der Einsatz in den von Flugzeugen verursachten Mengen nicht.