Garschall blickt von der Bühne ins Publikum
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Garschall: „Mache mir mein eigenes Festival“

Zum 30-jährigen Bestehen der Herbsttage Blindenmarkt (Bezirk Melk) präsentiert Intendant Michael Garschall „Die Fledermaus“. Im Gespräch mit noe.ORF.at erzählt er von seiner Leidenschaft zur Operette und wie es 1990 zu dem Gedanken, „ich mache mir mein eigenes Festival“, kam.

Im Gründungsjahr 1990 zeigte Garschall damals einen Querschnitt der „Fledermaus“ auf der Bühne, 1994 wurde dann die gesamte Operette von Johann Strauss aufgeführt. Im großen Jubiläumsjahr holt Garschall die „Königin aller Operetten“ wieder auf die Bühne in Blindenmarkt. Die Premiere fand am Freitagabend statt. Im Gespräch mit noe.ORF.at blickt der Festivalgründer und Intendant Garschall zu den Anfängen zurück.

noe.ORF.at: Wie hat vor 30 Jahren alles begonnen? Woher kam die Idee?

Michael Garschall: Ich muss vorausschicken, dass ich Blindenmarkter bin. Ich habe Theaterwissenschaft studiert, sehr zur Überraschung meiner Eltern, weil die wollten, dass ich Lehrer werde. Wenn mich jemand gefragt hat, was macht man mit so einem Studium, dann habe ich immer gezögert, was ich antworten soll.

Ich bin dann sehr bald in die Praxis gegangen und habe da und dort assistiert und hospitiert, damals entstand schon der Traum von einem eigenen Festival. Vielleicht war es auch deshalb, weil viele Regisseure sehr streng mit mir waren. Ich war damals erst 17 Jahre alt, und habe ich mir gedacht, das kann ich besser, ich mache mir mein eigenes Festival bei mir zu Hause in Blindenmarkt.

noe.ORF.at: Sie waren damals sehr jung. Wie beginnt man als so junger Mensch ein Festival aufzubauen?

Garschall: Ich habe ein Konzept gemacht, zuerst allein nur im Kopf. Die Leidenschaft für das Musiktheater war schon immer da. Musiktheater ist für mich die schönste aller Kunstformen. Da ist alles drinnen: Schauspiel, Gesang, Tanz, Sprache und Ausstattung. Vor der Gründung eines Musiktheaterfestivals wurde mir klar, mit Oper würde ich es hier schwer haben, so habe ich mich auf die Operette spezialisiert.

Das kam auch daher, weil meine Großmutter und meine Mutter große Operettenfans waren und mich immer vor das Fernsehgerät gesetzt haben, wenn Operette lief oder prominente Sänger aufgetreten sind. So haben sie mich für dieses Genre begeistert. Mit der Idee, hier eine Heimstätte der Operette aufzubauen, bin ich damals zu unserem Bürgermeister gegangen und er hat schlichtweg geantwortet: „Das machen wir“.

Michael Garschall
©Mark Glassner
1990 gründete Michael Garschall die Herbsttage Blindenmarkt

noe.ORF.at: Haben Sie sich für eine Art der Operette spezialisiert?

Garschall: Es gab eigentlich immer alles quer durchgemischt, ohne große Dramaturgie. Es war nur immer der Wunsch, auch Unbekanntes zu spielen. So haben wir "Die Landstreicher“ von Carl Michael Ziehrer oder Leo Falls "Die Rose von Stambul“ ausgegraben. Wir haben aber auch sehr viel Offenbach gespielt. Es ist wunderbar, dass das Publikum diesen Weg der unbekannten Werke akzeptiert und mitgetragen hat. Es war schon ein spannender Weg, das Genre zu öffnen.

noe.ORF.at: Wie sind Sie damals an Sänger oder Regisseure herangekommen?

Garschall: Ich glaube, es war immer meine Energie, mein großes Herz für das Theater und meine Euphorie für die Idee. Ich habe schlichtweg die Menschen immer überrollt. Ich glaube, da ist schon meine Überzeugungskraft und meine Überzeugtheit von dieser Idee, auch am Land irgendetwas Besonderes auf die Beine zu stellen. Wenn man die Menschen mit ins Boot nimmt und sie mitwirken lässt – ob vor, auf oder hinter der Bühne –, dann ist schon Vieles gewonnen.

Herbsttage Blindenmarkt
Lukas Beck
Zum 30-jährigen Bestehen der Herbsttage wird „Die Fledermaus“ von Johann Strauß gezeigt

noe.ORF.at: Das ist ja die grundlegende Idee Ihres Festivals, diese Verschmelzung zwischen Amateuren und Profis, zwischen Einheimischen und geladenen Künstlern, oder?

Garschall: Das war mein Grundkonzept, ich wollte nicht ein Festival von oben aufstülpen und sagen, jetzt habt ihr die Herbsttage, sondern, das werden eure Herbsttage, ihr seid mittendrinnen. Die Blindenmarkterinnen und Blindenmarkter werden gebraucht, damit das Festival funktionieren kann. Es war von Beginn an ein Miteinander.

noe.ORF.at: Die Blindenmarkter werden ja nicht nur auf der Bühne, sondern auch hinter der Bühne gebraucht!

Garschall: Ganz viele Blindenmarkter sind da seit Anfang an dabei, die Herbsttage sind für die Beteiligten ein Herzensprojekt geworden, für manche sogar eine Lebensaufgabe.

noe.ORF.at: Die Herbsttage sind ein Erfolgsprodukt. Haben Sie ein paar Zahlen für uns?

Garschall: Wir haben in den ersten 30 Jahren über 250.000 Besucherinnen und Besucher verzeichnen können. Wir zählen in einem normalen Jahr durchschnittlich 10.000 Gäste. Heuer, im Jubiläumsjahr, werden wir mindestens 15.000 Besucherinnen und Besucher begrüßen dürfen. Wenn man bedenkt, dass Blindenmarkt ungefähr 2.800 Einwohner hat und ein Vielfaches zu den Herbsttagen kommt, dann können wir sehr stolz sein.

Herbsttage Blindenmarkt
Lukas Beck
Die Ybbsfeldhalle wird seit 2016 bespielt

noe.ORF.at: Sie haben es geschafft, eine größere Halle bespielen zu dürfen. War das Zufall?

Garschall: Die Halle ist ein Neubau. Unser Festspielhaus, wie wir dazu so schön sagen, ist sechsmal so groß wie die Halle, die wir zuvor hatten. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir einen großen Zuschauerraum haben, ein wunderschönes Bühnenhaus mit Orchestergraben und ein tolles Foyer. Diese Idee, hier ein eigenes Haus zu bauen, das multifunktional verwendbar ist, kam schon vor vielen Jahren und wir haben immer dafür gekämpft. Wir haben vorab schon viel Geld gesammelt und sind mit einer hübschen Summe zum damaligen Landeshauptmann Erwin Pröll gegangen. Er war so beeindruckt davon, dass er den Bau der Halle sofort unterstützt hat.

noe.ORF.at: Gab es in den 30 Jahren je Schwierigkeiten, wo Sie gesagt haben, Sie wissen nicht, wie es weitergehen soll?

Garschall: Irgendwann muss man sich entscheiden, wie professionell das ganze werden soll. Es ist immer größer und größer geworden, es braucht dann fixe Strukturen und fixe Mitarbeiter. Wir haben den Schritt gewagt, und es war eigentlich von Anfang an ein Erfolg.

noe.ORF.at: Sie leiten unter anderem ja auch die operklosterneuburg und viele weitere Projekte. Wie wichtig sind Ihnen die Herbsttage?

Garschall: Es ist ein Herzensprojekt, das mich seit 30 Jahren begleitet. Ich habe es geschafft, dass sich das immer weiterentwickelt hat. Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an dieses Festival denke und ich mir überlege, wie man es weiter ausbauen kann. Es ist mir ein großes Anliegen und ich freue mich, dass ich hier sein darf.

Das Gespräch mit Michael Garschall führte Karina Fibich, noe.ORF.at