Gesundheit

Pilotprojekt: Psychotherapie ohne Wartezeit

163.000 Menschen haben im Vorjahr eine Psychotherapie auf Kosten der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) in Anspruch genommen. Für Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen gibt es erstmals ein eigenes Projekt, wodurch es keine Wartezeiten geben soll.

In Baden, Gänserndorf, St. Pölten und Amstetten startete das Pilotprojekt mit 1. Oktober. Der Zugang zu Psychotherapie auf Krankenschein für Menschen, die etwa an Schizophrenie, einer bipolaren Störung oder einer Identitätsstörung leiden, soll damit erleichtert werden. Für sie gab es bis jetzt keine eigene Betreuung. Sie mussten genauso wie alle Betroffenen bis zu sechs Monate auf einen Therapieplatz auf Kassenkosten warten.

Hilfe bei psychischen Problemen

Die NÖGKK beauftragte beim neuen Projekt im Osten Niederösterreichs die Psychosoziale Zentren GmbH, im Westen die Caritas der Diözese St. Pölten. Diese beiden Einrichtungen kümmern sich bereits als „Psychosozialer Dienst“ (PSD) um Menschen mit psychischen Erkrankungen. Ingo Apfelthaler, ärztlicher Leiter beim PSD der Caritas in St. Pölten, sagt, dass die Betroffenen bei einer „normalen Psychotherapie durch das System gerutscht sind“.

Projekt soll Therapien erfolgreicher machen

Der Krankheitsverlauf sei bei schweren Diagnosen stark schwankend, so Apfelthaler: „Wir haben versucht sie unterzubekommen, aber die Wartezeit war zu lang. Und durch den Schweregrad der Symptomatik haben sich die Patienten oft schwer getan, eine Psychotherapie verlässlich und regelmäßig in Anspruch zu nehmen.“ Beim Pilotprojekt betreut ein Team von Sozialarbeitern und Psychotherapeuten die Betroffenen und organisiert auch ihre Termine. „Das heißt für Patienten ist es niederschwelliger. Sie müssen nichts selbst ausmachen“, sagt Apfelthaler.

Neues Pilotprojekt für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen in Niederösterreich
ORF
Ingo Apfelthaler leitet das neue Projekt in den Betreuungsstellen der Caritas. In St. Pölten werden 30 bis 35 Patientinnen und Patienten betreut

Was für schwerkranke Menschen umgesetzt wird, hätte der Landesverband der Psychotherapeuten Niederösterreichs gerne für alle. „Auf der einen Seite werden über 215 Millionen Euro für Psychopharmaka ausgegeben, im Vergleich dazu 85 Millionen für Psychotherapie. Wenn wir das Geld wie für Psychotherapie hätten, könnten wir mehr anbieten“, sagte Maria Werni, Vorsitzende des Landesverbandes, gegenüber noe.ORF.at

Die Anzahl der kassenfinanzierten Therapiestunden ist in Niederösterreich auf 140.000 pro Jahr begrenzt. Für Psychotherapie bei Kindern, Jugendlichen und spezifischen Gruppen, wie Rehabilitationsgeldbezieher, gibt es keine Begrenzung. Maria Werni fordert ein „Aus für Wartezeiten“ und ein höheres Kontingent an Therapiestunden für Erwachsene. Laut NÖGKK werde kontinuierlich in diesen Bereich investiert.

NÖGKK will Bereich weiter ausbauen

„2002 haben wir etwa 306.000 Euro in die kassenfinanzierte Psychotherapie investiert. Im Vorjahr waren es neun Millionen Euro“, so Martina Amler, Direktorin der NÖGKK. In manchen Bereichen seien genügend Therapeuten tätig, so dass es nur kurze Wartezeiten gebe. Die NÖGKK sei „ständig mit den Vertragspartnern in Kontakt, um die Situation zu beobachten“, so Amler. Auch die Honorare für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erhöht die NÖGKK ab 1. Jänner um 4,1 Prozent.

Mit dem neuen Pilotprojekt schließe man nun die Lücke in der Betreuung von 500 schwerkranken Menschen. Mehr Therapieplätze brauche es aber auf allen Ebenen, so Ingo Apfelthaler: „Es ist in Studien belegt, dass bei allen psychischen Erkrankungen die Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie den besten Erfolg bringt. Wir betreuen in unserem Gebiet 3.000 Personen mit psychischen Erkrankungen – von dem her brauchen eigentlich alle einen Psychotherapieplatz.“