Bernhard Wicki, 1997
APA/dpa/Ursula Düren
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Kultur

„Brücke“-Regisseur Wicki wäre 100 Jahre alt

Mit dem Antikriegsfilm „Die Brücke“ wurde Bernhard Wicki (1918-2000) im Jahr 1959 gleichsam über Nacht weltberühmt, der Streifen zählt zu den bedeutendsten Werken der deutschsprachigen Filmgeschichte. Am Montag wäre Bernhard Wicki, der in St. Pölten geboren wurde, 100 Jahre alt geworden.

Am 28. Oktober 1919 als Sohn eines Schweizer Ingenieurs und einer Österreicherin ungarischer Abstammung geboren, musste Bernhard Wicki schon als Kind wegen der Auslandstätigkeit des Vaters als technischer Direktor und Teilhaber großer Papier- und Maschinenfabriken häufig Wohnort und Schule wechseln. Obwohl er seine künstlerischen Ambitionen zunächst der Schriftstellerei zuwandte, ließ er sich bei Gustaf Gründgens an der Staatlichen Schauspielschule in Berlin sowie in Wien zum Schauspieler ausbilden.

Vom Konzentrationslager auf die Theaterbühne

Wegen seiner Mitgliedschaft im kommunistischen Jugendverband „Bündische Jugend“ sowie seiner Aktivitäten in der Jugend-Malklasse im Bauhaus in Dessau kam er kurz darauf ins Konzentrationslager Sachsenhausen, wurde aber nach zehn Monaten auf Grund von Interventionen Gründgens wieder freigelassen.

Bernhard Wicki und Klaus Maria Brandauer, 1988
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Bernhard Wicki (l.) und Klaus Maria Brandauer (r.) 1988 bei Dreharbeiten für den Film „Das Spinnennetz“ in Berlin

Nach Bühnenrollen in Zürich, Basel, Bremen und München brachte ihm die Rolle des fanatischen wie gerechten Partisanenführers in Helmut Käutners Film „Die letzte Brücke“ 1953 den Durchbruch als Filmschauspieler. Viele höchst unterschiedliche Rollen auf der Leinwand folgten. So spielte Wicki neben Lieselotte Pulver und Paul Hubschmid in dem Kinoerfolg „Die Zürcher Verlobung“, mit Ruth Leuwerik und Dieter Borsche in „Königin Luise“ oder mit Hilde Krahl und Annemarie Düringer in „Ewiger Walzer“.

Erster und größter Erfolg mit Antikriegsfilm „Die Brücke“

Wicki gehörte zu den Regisseuren und Schauspielern, die den deutschsprachigen Nachkriegsfilm am stärksten prägten. Mit humanistischem Anspruch ging er an seine Werke, die auch international große Anerkennung fanden. Der Film nach dem Roman des Journalisten Gregor Dorfmeister „Die Brücke“ (1959) ist ein erschütternder und kompromissloser Antikriegsfilm über das Schicksal einer Gruppe von Schülern, die als letztes Aufgebot bei Kriegsende 1945 auf einer Brücke ums Leben kommen. Zu den Schauspielern, deren Karriere mit diesem Film begann, gehörten Volker Lechtenbrink und Fritz Wepper.

Antikriegsfilm Die Brücke mit Voölker Lechtenbrink und Karl-Michael Balzer, von links
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Eine Szene aus „Die Brücke“ mit Volker Lechtenbrink (l.) als Klaus Hager und Karl Michael Balzer (r.) als Karl Horber

„Die Brücke“ wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Golden Globe, er wurde auch für den Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert. 1989 erhielt Wicki in Berlin für diesen Film ein zweites Mal das Filmband in Gold, das er ein Jahr später auch für seine Joseph-Roth-Verfilmung „Das Spinnennetz“ mit Klaus Maria Brandauer und Ulrich Mühe bekam – „für meinen letzten Film“, wie der schon damals gesundheitlich schwer angeschlagene Regisseur sagte.

Der Erfolg der „Brücke“ öffnete Bernhard Wicki das Tor zu zahlreichen internationalen Produktionen. So engagierte ihn etwa Michelangelo Antonioni als Darsteller für „La Notte“ (1961), weiters führte er in den deutschen Episoden der Oscar-gekrönten US-Großproduktion „The longest day“ („Der längste Tag“, 1962) über die Landung der Alliierten in der Normandie Regie.

Der Traumfabrik Hollywood kehrte er den Rücken

1961 inszenierte Wicki mit „Das Wunder des Malachias“ eine Satire auf Wundergläubigkeit und Geschäftemacherei im deutschen Wirtschaftswunder, bevor er sich Hollywood zuwandte. Dort führte er Regie bei der Dürrenmatt-Adaption „The Visit“ („Der Besuch“, 1964) mit Ingrid Bergman und beim Kriegsfilm „Morituri“ (1965) mit Yul Brynner, Marlon Brando und Trevor Howard. Nach unbefriedigenden Erfahrungen mit den Hollywood-Studios, die etwa nachträglich Szenen entfernten und die Musik änderten, kehrte Wicki der Traumfabrik aber den Rücken.

Elisabeth Endriss, Bernhard Wicki und Agnes Fink, 1992, von links
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Das Foto aus dem Jahr 1992 zeigt Bernhard Wicki zwischen seiner Ehefrau Agnes Fink (r.) und Elisabeth Endriss (l.), seiner späteren Ehefrau

Mit Literaturverfilmungen für das Fernsehen fand Wicki viel Anerkennung. Dazu zählen „Das falsche Gewicht“ (1970/71) nach Josef Roth sowie „Sansibar oder Der letzte Grund“ (1987) nach dem gleichnamigen Werk von Alfred Andersch. Neben seiner Filmarbeit inszenierte er auch am Theater, unter anderem am Wiener Burgtheater und bei den Salzburger Festspielen. Als Schauspieler brachte Wicki es auf circa 45 Filme, bei denen er unter anderem mit Andrzey Wajda, Wim Wenders, Rainer Werner Fassbinder und Bertrand Tavernier arbeitete.

Bernhard Wicki, einer der bedeutendsten deutschsprachigen Filmregisseure und Schauspieler der Nachkriegszeit, starb am 5. Jänner 2000 im Alter von 80 Jahren. Zuletzt lebte der gebürtige Österreicher mit Schweizer Staatsangehörigkeit, dessen erste Ehefrau Agnes Fink 1994 starb, mit seiner zweiten Gattin, der Schauspielerin Elisabeth Endriss, in München.