Sparsarg
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Kultur

Begräbnisrituale von der Steinzeit bis heute

„Verstorben, begraben und vergessen?“ Diesen Titel trägt eine außergewöhnliche Ausstellung im Stadtmuseum St. Pölten. Die Begräbnisriten haben sich über die Jahrtausende verändert. Davon erzählen die Grabungsfunde auf dem Gemeindegebiet von St. Pölten.

Totenkronen für unverheiratet verstorbene Mädchen und Kinder, eine Freuden- und eine Trauerbraut, die symbolisch beim Begräbnis eines unverheirateten jungen Mannes mitgingen: Das sind berührende Bräuche und Rituale, die viel vom Umgang mit dem Tod erzählen.

Die Ausstellung „Verstorben, begraben und vergessen?“ geht weit zurück zu den Verstorbenen. Grabbeigaben wie Schmuck aus Muscheln und Schnecken waren üblich in der Jungsteinzeit, wo die Körperbestattung dominierte.

Ausstellung Begraben im Stadtmuseum Sankt Pölten
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Die Ausstellung „Verstorben, begraben und vergessen?“ im Stadtmuseum St. Pölten ist noch bis 3. November geöffnet

Das zeigen Funde aus Ratzersdorf. In der Frühbronzezeit wurden Frauen und Männer so begraben, dass sie beide nach Osten schauten, aber die Frauen mit dem Kopf im Süden und die Männer mit dem Kopf im Norden. Höhergestellte Persönlichkeiten wurden in Hügelgräbern bestattet. In der Bronzezeit kam es auch vermehrt zu Brandbestattungen mit Urnengräbern.

Ausstellung will an namenlose Menschen erinnern

Bei den Römern waren die Gräberfelder außerhalb der Stadt angesiedelt. Es waren oft prächtige Grabsteine, die sehr individuell und namentlich an die Verstorbenen erinnerten. Das ging im Mittelalter verloren. Der Großteil der Menschen wurde oft namenlos, der Individualität beraubt, in Hainen begraben. Nur Wohlhabende konnten im Mittelalter an sich erinnern, wie der Grabstein eines Tuchscherers beweist. Doch auch er diente später über Jahrhunderte als Kanaldeckel.

So will die Ausstellung auch an die namenlosen Menschen erinnern, die über Jahrtausende auf St. Pöltner Gebiet begraben wurden. Grabfunde verraten viel über ihr Leben, ihre Gesellschaft, und so kann man auch vom Tod und den Begräbnissitten lernen. Mehr als 22.000 Verstorbene wurden am St. Pöltner Domplatz, der 1.000 Jahre lang Friedhof war, ausgegraben, anthropologisch untersucht, dokumentiert. Das ist europaweit einzigartig.

Vom Sparsarg zur „schönen Leich’“

Einzigartig war auch der Sparsarg (Bild oben), eine Erfindung von Kaiser Joseph II. Durch eine Klappe fiel der Leichensack ins Grab, der Sarg war wiederverwendbar. Bei den Österreichern kam dieser Sarg aber nicht gut an. Die „schöne Leich’“, wie sie zum Beispiel im 19. Jahrhundert üblich war, war da schon eher nach dem nationalen Geschmack. Wer es sich leisten konnte, durfte schon damals aus prunkvollen Ausstattungen wählen – vom Sarg bis zu den Sargträgern und prunkvollen Prozessionen samt Pferdekutsche.