Konferenz Patientenanwälte
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Gesundheit

„Lieber Ärzteschwemme statt Ärztemangel“

Auch die Patientenanwälte fordern nun mehr Studienplätze für Mediziner. Die ärztliche Versorgung stößt in manchen ländlichen Regionen nämlich an ihre Grenzen, weil nur schwer Ärzte für Kassenstellen gefunden werden. Wegen Pensionierungen dürfte sich die Situation in den nächsten Jahren noch verschärfen.

„Wenn wir nicht eine Vielzahl von Maßnahmen treffen, schlittern wir in ein Versorgungsproblem“, warnt Niederösterreichs Patientenanwalt Gerald Bachinger, denn in den nächsten Jahren würden viele Ärzte in Pension gehen. „In manchen Regionen sogar bis zu 30 Prozent“, ergänzt Vorarlbergs Patientenanwalt Alexander Wolf im Gespräch mit noe.ORF.at, „und teilweise spüren wir die Auswirkungen schon heute, wenn Kassenstellen gar nicht mehr besetzt werden können oder mehrmals ausgeschrieben werden müssen“, so Wolf.

Laut Statistiken gebe es zwar genügend Ärzte in Österreich. „Das nützt aber nichts, wenn ländliche Regionen händeringend um einen Mediziner suchen“, kontert Bachinger. Außerdem steht ein Teil davon nur als Wahlärzte zur Verfügung, kritisiert Wolf. Eine Maßnahme, um dem entgegen zu wirken, sei die Zahl der Studienplätze für Medizinstudenten „wesentlich aufzustocken“, meint Bachinger: „Wenn ich an die Patienten denke, dann ist es mir auf jeden Fall lieber, wir haben eine gewisse Ärzteschwemme als wir haben einen Ärztemangel.“

Bachinger fordert auch Stipendien für künftige Landärzte

Neben mehr Ausbildungsplätzen brauche es aber auch mehr Anreize, damit die Jungmediziner eine Landarztstelle übernehmen wollen, etwa in Form von Stipendien, wie es in Deutschland schon praktiziert wird, sagt Bachinger: „Der Staat übernimmt für Medizinstudenten gewisse Kosten, wenn sich diese im Gegenzug verpflichten, später für zehn oder zwölf Jahre eine Kassenstelle in Gebieten zu übernehmen, in denen ein Mangel besteht.“ Für Wolf sind diese Maßnahmen auch deshalb wichtig, damit die Versorgungspyramide – Hausarzt, Facharzt und Spitäler – erhalten bleibt: „Wir wollen immer die Spitäler entlasten, dann brauchen wir aber ausreichend Hausärzte.“

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Die Patientenanwälte trafen sich am Donnerstag zu einer Konferenz

ÖGK will flexible Vertragsmodelle

Unterstützung kommt in diesem Bereich auch von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die ab Jänner für die flächendeckende Versorgung im niedergelassenen und stationären Bereich verantwortlich ist. Laut Bernhard Wurzer, Generaldirektor der ÖGK sind mehr Studienplätze „ein Teil der Lösung. Es braucht aber auch mehr Ausbildungsplätze in den Krankenanstalten und neue Versorgungsmodelle“, die sich den Lebenserwartungen der Jungmediziner entspreche.

Am Geld allein liege es nicht, betont Wurzer: „Denn wir wissen, dass gerade im landärztlichen Bereich die Kassenumsätze deutlich höher sind, als im städtischen.“ Stattdessen will die ÖGK künftig mehr Service anbieten: Ordination ausstatten; Anstellungsmöglichkeiten für Ärzte schaffen, die nicht selbstständig sein wollen; Ordinationsassistenten zur Verfügung stellen, damit Ärzte nicht mehr Dienstgeber sein müssen. Dafür brauche es aber unterschiedliche Vertragsmodelle, sagt Wurzer: „Denn im Wald- oder Mühlviertel wird es andere Lösungen brauchen als im Wiener Umland oder Zentralraum St. Pölten.“

Großes Thema bei der Landeshauptleutekonferenz

Das Thema Ärztemangel wird auch bei der am Donnerstagabend beginnenden Landeshauptleutekonferenz in Wiener Neustadt eines der wichtigsten sein. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hatte im Vorfeld der Konferenz ihre Forderung nach einer Erhöhung der Medizinstudienplätze wiederholt und will sich dafür nun bei der Konferenz Unterstützung holen – mehr dazu in LH-Konferenz: Debatte über Ärztemangel (noe.ORF.at; 7.11.2019).