Gericht

Schlafender angezündet: Schuldsprüche

In St. Pölten sind am Donnerstag vier junge Männer vor Gericht gestanden, die im Sommer in Traisen (Bezirk Lilienfeld) versucht haben sollen, die Haare eines am Boden schlafenden Mannes anzuzünden. Die Versuche scheiterten jedoch. Aufgeflogen war die Tat durch ein Video, das einer der Angeklagten selbst im Internet verbreitete.

Die drei 19-Jährigen und der 20-Jährige aus dem Bezirk Lilienfeld waren in der Nacht auf den 30. Juni zunächst in St. Pölten unterwegs gewesen und hatten Alkohol getrunken, bevor sie nach Traisen fuhren. Dort hatten sie in den frühen Morgenstunden in der Nähe eines Zeltfestes einen am Radweg liegenden Betrunkenen entdeckt. Die jungen Erwachsenen wollten ihm zunächst helfen, der Unbekannte soll sie aber beschimpft und ihre Mütter beleidigt haben, woraufhin die Beschuldigten laut Anklägerin „grantig wurden“ und sich gemeinsam überlegt haben sollen, ihm eine Abreibung zu verpassen.

„Abreibung“ nach Beleidigung

Daraufhin soll ein 19-Jähriger ein Feuerzeug genommen und versucht haben, die Haare des Mannes anzuzünden. Ein Gleichaltriger filmte den Vorfall. Aufgrund der kurzen Haare und der nassen Kopfhaut des Mannes gelang das Anzünden nicht. „Zum Glück ist nichts passiert“, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft.

Einer der Angeklagten soll noch vor den Entzündungsversuchen Wasser aus einer Flasche über den Kopf des Betrunkenen geschüttet haben. Das könnte später dazu beigetragen haben, dass sich die Haare des Mannes kein Feuer gefangen hatten. Laut eines Gutachtens ist dennoch von einer Verbrennung ersten Grades der Kopfhaut des Opfers und damit von einer leichten Verletzung auszugehen. Das Opfer konnte bis heute nicht ausgeforscht werden. Die Männer waren durch ein Video aufgeflogen, das einer der Angeklagten selbst aufgenommen und später via Snapchat verbreitet hatte. Der Film wurde während der Schöffenverhandlung gezeigt.

Die vier Angeklagten von hinten im Gerichtssaal
ORF/Berger
Die vier Angeklagten vor der Verhandlung im Landesgericht St. Pölten

Der Hauptangeklagte erzählte bei seiner Befragung, er sei mit der Flamme seines Feuerzeugs rund 15 Sekunden über die Haare „drübergefahren“. Er sagte: „Ich wollte nicht, dass sie zu brennen beginnen. Es war ein dummer Gedanke“, es tue ihm leid, meinte der Lehrling. Einer seiner Freunde habe gefilmt, die anderen beiden hätten zugeschaut. Zwei hatten laut seiner Aussage auf den Mann gespuckt, daraufhin sei dieser aufgewacht und weggegangen. Er habe schließlich aufgehört, „erstens, weil es zu lang gedauert hat, zweitens, weil ich gemerkt habe, dass es falsch ist“, so der 19-Jährige. „Ich bereue es extrem“, meinte ein gleichaltriger Lehrling, der das Geschehen mit dem Handy aufgenommen hatte: „Der ganze Vorfall ist unmenschlich gewesen.“

Zwei Schuldsprüche, zwei Diversionen

Der 19-Jährige, der versucht haben soll, den Mann anzuzünden, bekam zehn Monate bedingte Haft. Der Gleichaltrige, der den Vorfall gefilmt hatte, erhielt sechs Monate bedingt. Mildernd wirkten sich u. a. die Unbescholtenheit und das Geständnis aus. Die Anklage lautete auf versuchte absichtlich schwere Körperverletzung, der Schuldspruch erfolgte wegen versuchter schwerer Körperverletzung. Eine Absicht sei den beiden nicht zu unterstellen, sagte der Richter. Die anderen beiden jungen Erwachsenen, die die Tat beobachteten und es unterlassen haben sollen, ihren Freund von der Tat abzuhalten, nahmen die Diversion an – sie müssen 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.