Ausgrabungen Domplatz St. Pölten
Stadtmuseum St. Pölten
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Wissenschaft

Domplatz: Nach zehn Jahren fertig gegraben

Die Ausgrabungen auf dem Domplatz in St. Pölten, die zwei Jahre dauern hätten sollen, werden nun nach zehn Jahren beendet. Aus archäologischer Sicht sind die Funde eine wissenschaftliche Sensation. 2020 soll die Neugestaltung des Domplatzes geklärt sein.

Mit Beginn der Grabungsarbeiten wurde im Jahr 2010 das Fenster in die Vergangenheit der Stadtgeschichte geöffnet. Die Grabungen wurden seitens des Bundesdenkmalamts vorgeschrieben, ehe über eine Neugestaltung des Platzes entschieden wurde. Das Bundesdenkmalamt stellte fest, „dass den römerzeitlichen und mittelalterlichen Bauresten sowie dem mittelalterlichen Friedhof am Domplatz von St. Pölten eine nicht nur stadthistorische, sondern auch überregionale und geschichtliche und kulturelle Bedeutung zukommt“. Damit wurde das öffentliche Interesse der Erhaltung des Denkmals ausgesprochen. Die Grabungen dauerten zehn Jahre lang, rund 7,8 Millionen Euro wurden investiert.

22.134 Skelette ausgegraben

St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) spricht von „sensationellen Erkenntnissen“ und davon, dass „Geschichtsbücher neu geschrieben werden müssen“. Ein römischer Verwaltungspalast sowie vier Kirchen, vom Mittelalter bis zum Barock, wurden baulich auf dem Domplatz nachgewiesen. Exakt 22.134 Skelette wurden ausgegraben, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse gebracht haben, die international sehr viel Beachtung finden, wie bei einem Pressetermin am Donnerstag betont wurde. So könne durch die Ausgrabungen festgehalten werden, dass es schon im 11. Jahrhundert Zivilisationskrankheiten gab, die uns noch heute beschäftigen.

Ausgrabungen Domplatz St. Pölten
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Für Wissenschaftler eine wahre Fundgrube: der Domplatz in St. Pölten

Domplatz soll kein Parkplatz werden

Ein viel diskutiertes Thema war seit jeher die Neugestaltung des Domplatzes, die die Ausgrabungen erst erforderlich machte. 2020 wird die Neuplanung des Platzes nun konkret und schon jetzt steht fest: Die Parkplätze kommen weg, wie Stadler versichert. „Man hat jetzt die Möglichkeit, dem Domplatz, so wie in anderen Städten, ein innerstädtisches Gepräge zu geben.“ Der Platz soll künftig für Veranstaltungen genutzt werden, ähnlich wie der Rathausplatz.

Zahlen, Daten, Fakten

  • 900 Jahre Friedhof
  • 975 Bananenkartons Fundmaterial (ohne menschliche Knochen)
  • 2.985 Münzen
  • 6.759 t händisch bewegtes Erdmaterial
  • mehr als 11.888 Kleinfunde
  • 22.134 Skelette
  • 33.849 Befunde
  • ca. 300.000 Einzelfunde
  • mehr als 400.000 Fotos
  • 1.060.000 Messpunkte
  • 4.490.000 Megabyte Datenmenge (ohne RAW-Daten)

Die Arbeiten für die Neugestaltung sollen wieder in Etappen erfolgen, damit der beliebte Wochenmarkt erhalten bleibt, betont Stadler. Er ergänzt, dass sich durch die Einigung mit der Diözese über die Errichtung einer Tiefgarage im Bischofsgarten neue Perspektiven für die Gestaltung ergeben. Im nächsten Jahr soll bereits die Ausschreibung der Einbauten und der Pflasterung erfolgen. Optisch soll die Oberflächengestaltung an den angrenzenden Herrenplatz angepasst werden.

Skelette in „ausgezeichnetem Zustand“

Heuer wurden am Domplatz noch einmal 2.023 Skelette geborgen. Im Schnitt waren es pro Woche 50 Skelette, die das anthropologische Team der Medizinischen Universität Wien entdeckt hat. Die sterblichen Überreste wurden vermessen, deren Alter und das Geschlecht bestimmt sowie Auffälligkeiten dokumentiert. Laut Aussendung waren die Skelette in einem „ausgezeichneten Zustand“ erhalten geblieben. Pilotstudien hätten gezeigt, dass DNA, Proteine, Spurenelemente und Isotope gut konserviert wurden. Damit könne man u.a. klimatische Veränderungen, kurzfristige Migrationswellen oder auch die Anpassungen der Bevölkerung der Stadt erforschen.

Die anthropologische Aufarbeitung soll auch nach Ende der Grabungsarbeiten fortgeführt werden, heißt es in einer Aussendung. Bis zur Ausstellung 2024 im Stadtmuseum hofft man darauf, neue Erkenntnisse gewonnen zu haben.