Abstimmung im Landtag
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Politik

Weg frei für die Landesgesundheitsagentur

Für den Start der Landesgesundheitsagentur, die ab 1. Jänner alle Landeskliniken sowie Pflegeheime vereinen soll, mussten am Donnerstag nicht weniger als sieben Gesetze im Landtag beschlossen beziehungsweise geändert werden. Nun ist der Weg frei.

Franz Dinhobl, Abgeordneter der ÖVP, sprach bei der Landtagssitzung am Donnerstag von der „größten Strukturreform“, die der niederösterreichische Landtag je in der zweiten Republik beschlossen habe. Die Landeskliniken und der Bereich der Pflegeheime würden künftig aus einer Hand gesteuert. Man mache das deshalb, „weil wir zukünftig die Herausforderungen, die wir in Niederösterreich gerade im Gesundheits- und Sozialbereich haben, bewältigen müssen“, so Dinhobl.

77 Spital- und Pflegestandorte in einer Agentur vereint

Derzeit sind die 27 Standorte der Landeskliniken noch in einer Holding organisiert, die insgesamt 48 Pflege- und Betreuungszentren sowie zwei Pflege- und Förderzentren werden vom Amt der Landesregierung verwaltet. Künftig werden alle 77 Standorte in der Landesgesundheitsagentur vereint sein. Um die Dimension zu verdeutlichen: Das bedeutet, dass ab 1. Jänner etwa 27.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 13.600 Spitals- und Pflegebetten gemeinsam verwaltet werden.

Das Gesundheitssystem soll so unter einem Dach gemanagt, gesteuert und geplant werden. Dadurch erhofft man sich etwa mehr Flexibilität, um auf Anforderungen reagieren zu können. Die Landesgesundheitsagentur wird außerdem mit einem Expertenrat ausgestattet – unter anderem mit Vertretern der Patientenanwaltschaft, der Gesundheitskassen oder auch von Selbsthilfegruppen. Apropos Patientenanwalt: Seine Weisungsfreiheit wird künftig in die Verfassung gehoben. Ebenso wie die Kompetenz des Landesrechnungshofes, der künftig die Gebarung der neuen Landesgesundheitsagentur prüft.

Stations-Schwester richtet ein Krankenbett
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27 Spitalstandorte, 50 Pflegestandorte, 27.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 13.600 Betten werden künftig unter einem Dach verwaltet

Grüne dagegen, SPÖ, FPÖ und NEOS großteils dafür

Das Thema Kontrolle war es auch, das am Donnerstag für Diskussionen im Landtag sorgte, ebenso wie die Themen Personal und Ärztemangel. Auch wenn neben der ÖVP und dem fraktionslosen Abgeordneten Martin Huber zwar auch SPÖ, FPÖ und NEOS grundsätzlich für die Schaffung der Landesgesundheitsagentur stimmten, stimmten die letzten drei Parteien nicht in allen Bereichen dafür. Das Gesetz sei zwar „überaus zu begrüßen“, sagte etwa SPÖ-Abgeordnete Elvira Schmidt, „es muss jedoch für Transparenz bei der Finanzierung gesorgt sein und ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung stehen.“ Die SPÖ forderte deshalb etwa einen wissenschaftlich fundierten Personalschlüssel im Pflegebereich.

FPÖ-Abgeordnete Ina Aigner kündigte an, ganz genau verfolgen zu wollen, wie sich die Reform auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auswirken werde: „Es dürfen auf keinen Fall Kosten auf Kosten des Personals eingespart werden und auf keinen Fall auf Kosten der Patienten“, betonte sie. Edith Kollermann (NEOS) kritisierte, in Anlehnung an den Rechnungshof, dass es keine Alternativrechnungen gegeben habe. Außerdem fehle aus ihrer Sicht eine „Analyse der Auswirkungen auf die anderen Versorgungsbereiche, speziell auf den niedergelassenen Bereich“.

Die Grünen stimmten als einzige Partei gänzlich gegen die Schaffung der neuen Landesgesundheitsagentur. Silvia Moser sprach von einem „Monsterkonzern“, bei dem die erforderliche Kontrolle nicht gewährleistet sei. „Die wesentliche Frage, was bringt es den Menschen, die bleibt unbeantwortet“, meinte Moser zum „klaren grünen Nein“ zur Landesgesundheitsagentur.

Jagdgesetz bei Wildschweinjagd geändert

Neben den Reformen im Gesundheitsbereich standen am Donnerstag noch zahlreiche weitere Themen auf der Tagesordnung der Landtagssitzung, die zunächst mit einer Aktuellen Stunde zum Thema „Erfolge und Herausforderungen“ am Arbeitsmarkt begonnen hatte. So wurde am späten Nachmittag etwa mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ das Jagdgesetz geändert, das künftig die Jagd auf Wildschweine mit Nachtzielgeräten erlaubt. Als Grund dafür wurde die drohende Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest genannt – mehr dazu in Wildschweinjagd mit Nachtsichtgerät kommt (noe.ORF.at; 15.11.2019).

Hundehaltegesetz erneut Diskussionsthema

Ebenfalls bereits im Vorfeld der Landtagssitzung diskutiert worden war die „authentische Interpretation“ des Hundehaltegesetzes. Der vorletzte Punkt auf der Tagesordnung war von der ÖVP eingebracht worden, um auf die laut gewordene Kritik rund um die Verschärfungen der Leinen- und Maulkorbpflicht, die im Oktober beschlossen worden waren, zu reagieren. Mit dieser Interpretation soll nun klar gestellt werden, dass nur dann alle Hunde Leine und Maulkorb tragen müssen, wenn etwa in Gaststätten mehr als 150 Personen zusammen kommen. ÖVP und SPÖ stimmten für diesen Antrag.

Brigitte Cocyan, Barbara Stohl, Rainer Windholz, Reinhard Hundsmüller, Yvonne Adler mit Rhodesian Ridgeback „Morani“ bei der Übergabe der Petition
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Brigitte Cocyan, Präsidentin des Dachverbandes Tierschutz 2.0, Barbara Stohl, Initiatorin der Petition, SPÖ-Abgeordneter Rainer Windholz, SPÖ-Klubobmann Reinhard Hundsmüller, Hunde-Sachverständige Yvonne Adler und Rhodesian Ridgeback „Morani“ bei der Übergabe der Petition

Dennoch geht das vielen nicht weit genug. Die Petition „NEIN zu den beschlossenen Änderungen des NÖ Hundehaltegesetzes vom 24.10.2019!“ erreichte bis dato knapp 10.000 Unterschriften, die im Vorfeld der Landtagssitzung an SPÖ-Klubobmann Reinhard Hundsmüller und SPÖ-Tierschutzsprecher Rainer Windholz übergeben wurden. Barbara Stohl, Initiatorin der Petition, sprach von einer „hundefeindlichen Politik“.