Rainers Übermalung eines Selbstportraits
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Kultur

Arnulf Rainer: Der Übermaler wird 90

Am Sonntag wird Arnulf Rainer, Österreichs berühmtester lebender Maler, 90 Jahre alt. Für viele ist er der Inbegriff des Übermalers. Sein Werk hat sich aber bis heute stets weiterentwickelt, ohne dass der für Rainer typische, dynamische Strich verloren ging. Mehrere Ausstellungen sind dem in Baden geborenen Künstler derzeit gewidmet.

Gleich mehrere Ausstellungseröffnungen hatte der öffentlichkeitsscheue Arnulf Rainer in den letzten Monaten geduldig über sich ergehen lassen. In dem einen oder anderen Moment dürfte der bald 90-Jährige die Aufmerksamkeit rund um seine Person wohl auch genossen haben, zumindest war das zu beobachten. Viele Sammler, Galeristen, Museumsmanager und Künstlerkollegen gratulierten ihm bei den Eröffnungen seiner Jubiläumsausstellungen in der Albertina und in der Galerie Ulysses in Wien sowie bei der Retrospektive im Arnulf Rainer Museum in Baden.

Besucher in der Albertina vor Rainer-Bildern
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Besucher vor Rainer-Bildern in der Albertina in Wien

Mit drei hohen Auszeichnungen wurde Rainer im November in „seinem“ Museum in Baden bedacht: dem Goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich, dem Silbernen Komturkreuz des Landes Niederösterreich und der Kaiser-Friedrich-Medaille der Stadt Baden. Auf die Frage, ob ihn die Ehrungen stolz machen würden, antwortete Rainer schelmisch, das wäre wohl mehr eine Sache für seine Familie.

Doch nicht nur solchen Ereignissen steht der Künstler kritisch gegenüber, auch auf sein umfangreiches Werk blickt er mit ironischer Distanz zurück: „Wenn ich mich hier im Museum in Baden so umschaue, dann sehe ich das Eine oder Andere, das nicht so gelungen ist und Anderes, das viel besser ist, als ich es in Erinnerung habe. Ich sehe oft nur die Unzulänglichkeiten in meinen Werken und was eventuell ausgebessert werden könnte. Die Arbeit beginnt für mich erst, wenn andere schon ein fertiges Bild sehen.“ Wenn ein einziger Pinselstrich gelingt, dann sei das schon ein Glücksmoment für Rainer, heißt es.

Rainer betrachtet Werke
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Arnulf Rainer betrachtet seine Bilder

Vom tiefen Schwarz zur Farbigkeit

Arnulf Rainer wurde am 9. Dezember 1929 in Baden geboren. Er schaffte in den frühen Nachkriegsjahren die Aufnahmeprüfung sowohl an der Akademie für angewandte Kunst als auch an der Akademie der bildenden Künste in Wien, verließ aber beide Institutionen bald wieder wegen Zerwürfnissen mit den Lehrenden. Seine Kunst wurde selbst 1947 noch als „entartet“ verunglimpft.

Als wegweisend für seinen persönlichen Stil gelten die Jahre 1953 bis 1959, als er in der kalten, möbellosen und verlassenen Villa seiner Eltern in Bad Vöslau (Bezirk Baden) lebte und an seinen Reduktionen feilte, die als Vorstufe seiner weltberühmten Übermalungen gelten. „Ich habe meine Bilder so lange korrigiert, bis sie fast ganz schwarz waren“, erzählte Rainer über seine frühen Arbeiten anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Revue“ in Baden im November 2019. „Wie ich angefangen habe zu malen, habe ich mich vor einzelnen Farben sehr gefürchtet und habe sie lieber sein lassen. Jetzt fürchte ich mich vor keinen Farben mehr.“ Diese Vielfarbigkeit der späteren Jahrzehnte verdeutlichen die Ausstellungen in der Galerie Ulysses – mit dem treffenden Titel „Farbenrausch“ – und etliche Werke im Arnulf Rainer Museum in Baden.

Bunte Bilder im Arnulf Rainer Museum
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Bilder in der Ausstellung „Revue“ im Arnulf Rainer Museum

Rainers rebellischer Geist und die wachsende Anerkennung

Der einstige Bürgerschreck der 1950er und 1960er Jahre blieb trotz heftigster Widerstände seiner künstlerischen Linie treu, die Anerkennung wuchs langsam, aber stetig. Gemeinsam mit Ernst Fuchs, Anton Lehmden, Arik Brauer, Wolfgang Hollegha, Markus Prachensky und Josef Mikl gründete er 1950 die Hundsgruppe, mit der er 1951 zum ersten und einzigen Mal ausstellte. 1966 wurde er mit dem österreichischen Staatspreis für Graphik ausgezeichnet. 1968 fand im Museum des 20. Jahrhunderts in Wien seine erste Retrospektive statt.

Im November 1978 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis „in Würdigung seines Schaffens auf dem Gebiete der bildenden Kunst“. 1980 erwarb Rainer seine Ateliers in Oberösterreich und Bayern. Ab 1981 unterrichtete er an der Akademie der bildenden Künste in Wien und wurde Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Seine Werke hängen mittlerweile in den wichtigsten Museen und Sammlungen der Welt. Den Winter verbringt der 90-Jährige auf Teneriffa. Große Formate könne er heute nicht mehr malen, musste er bei seiner Geburtstagsfeier in Baden bedauernd gestehen, doch kleine grafische Arbeiten entstehen weiterhin.